Heideggers Philosophie läßt sich auf zwei ganz unterschiedliche Weisen lesen: einmal als reine Sachanalyse, die dann aber zugleich die Verführungskraft der sich aufspreizenden Ich-Schwäche beiseite lassen, übersehen, verdrängen muß; zum andern als Analyse dieser Verführungskraft, der Heidegger selbst zum Opfer gefallen ist und deren historische Wirkung die des Sachgehalts bei weitem übersteigt. Die systematische Konstruktion und die Strategie der Argumentation (das „Zaubern“) der Fundamentalontologie entsprechen exakt dem Muster, das der Unbelehrbarkeit des Vorurteils, dem „pathologisch guten Gewissen“ zugrundeliegt. Und die ungeheure Wirkung der Heideggerschen Philosophie hängt genau mit der Bereitstellung dieses begrifflich-systematischen Musters zusammen. Sowohl die Affinität zum Nationalsozialismus (die sich nur hier aus seiner Philosophie ableiten läßt) als auch die Brauchbarkeit nach dem „Zusammenbruch“ des Faschismus (die Brauchbarkeit als Alibi) sind genau darin begründet. Hier liegt das Geheimnis der Heideggerschen Philosophie verborgen, das zugleich das Geheimnis der Philosophie seit Thales ist, gleichsam ihr Geburtsfehler, den Heidegger zu ihrem einzigen Inhalt gemacht hat. Wer dieses Rätsel löst, löst das Rätsel der Philosophie (das übrigens mit dem des Christentums unlösbar verbunden ist: das Rätsel ist auch ohne Reflexion auf die besondere Beziehung von Heideggers Philosophie zum unbekehrt mythischen Gehalt des „abendländischen Christentums“, zur Herrschaftsgeschichte des etablierten Christentums, nicht zu lösen).
Oder: die erste Lösung des Rätsels der Philosophie schien das Christentum zu sein; in Wahrheit jedoch hat das Christentum den Knoten nur fester zugezogen.
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