Selbstmitleid, die Unfähigkeit, eigene Schuld anzunehmen, und Herrendenken gehören zusammen. Philosophie ist die rationale Entfaltung dieses Zusammenhangs, sein Zentrum ist das Denken des Denkens (seit Kant das „transzendentale Subjekt“). Das Selbstbewußtsein ist sein Kristallisationskern, zu humanisieren nur durch die Fähigkeit der Reflexion: Nur durch Reflexion ist die der Philosophie seit je immanente Gefahr der Paranoia zu bannen (Paranoia = Chaos als System). „Solche Möglichkeitsmenschen leben, wie man sagt, in einem feineren Gespinst, in einem Gespinst von Dunst, Einbildung, Träumerei und Konjunktiven;
Kindern, die diesen Hang haben, treibt man ihn nachdrücklich aus und nennt solche Menschen vor ihnen Phantasten, Träumer, Schwächlinge und Besserwisser oder Krittler.“ (Robert Musil: Der Mann ohne Eigenschaften, Hamburg 1987, S. 16) „Es ist ein Grundzug der Kultur, daß der Mensch dem außerhalb seines eigenen Kreises lebenden Menschen aufs tiefste mißtraut, also daß nicht nur ein Germane einen Juden, sondern auch ein Fußballspieler einen Klavierspieler für ein unbegreifliches und minderwertiges Wesen hält.“ (ebd. S. 26)
„Denn wenn die Dummheit nicht von innen dem Talent zum Verwechseln ähnlich sehen würde, wenn sie außen nicht als Fortschritt, Genie, Hoffnung, Verbesserung erscheinen könnte, würde wohl niemand dumm sein wollen, und es würde keine Dummheit geben. Zumindest wäre sie leicht zu bekämpfen. Aber sie hat leider etwas ungemein Gewinnendes und Natürliches. … Es gibt schlechterdings keinen bedeutenden Gedanken, den die Dummheit nicht anzuwenden verstünde, sie ist allseits beweglich und kann alle Kleider der Wahrheit anziehen. Die Wahrheit dagegen hat jeweils nur ein Kleid und einen Weg und ist immer im Nachteil.“ (ebd. S. 58f) „Ein Motorradfahrer kam die leere Straße entlang. oarmig, obeinig donnerte er die Perspektive herauf. Sein Gesicht hatte den Ernst eines mit ungeheurer Wichtigkeit brüllenden Kindes.“ (ebd., S. 59)
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