03.02.92

„Die Dimension des Dativs oder Vokativs, die die ursprüngliche Richtung der Sprache eröffnet, läßt sich nicht gewaltlos in der Dimension des Akkusativs oder den Attributen des Objekts begreifen und modifizieren.“ (Derrida: Die Schrift …, S. 145) Der Dativ wird immer mehr vom Genitiv (die Gnade von Herrschaft und Besitz) verdrängt, und der Vokativ (die Anrufung des Anderen, die zunächst in den Höflichkeitsformen noch überlebte) ist durch den Akkusativ vergiftet worden und mit der Ausbreitung der Telekommunikation ganz verschwunden (der Anruf erfolgt über die Telefonnummer, nicht im Namen): Hat er sich rein in die Idee Gottes, dessen Name in der kommunikativen Sprache gegenstandslos geworden ist, zurückgezogen? Ist sein Schicksal an dem der Berufung und des Berufs (an der Geschichte der Professionalisierung und des Fachidiotentums: bis hinein in die Theologie) abzulesen?
Das „Hallo“ ist an die Stelle des Namens getreten und ersetzt den gegenstandslos gewordenen Vokativ. Ist der deutsche Name „Gott“ (nach einem Hinweis F. Ebners) nicht die Hypostase des Anrufs, Personifikation des Vokativs, der heute durch das neutralisierte Hallo, aus dem mit dem Namen der Schmerz des Akkusativs (die Erinnerung an die Familienbande, ans Erwischtwerden: an den Namensruf der Eltern) entfernt wurde, ersetzt wird. Wenige, die nicht versuchen, ihrem Namen zu entrinnen.


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