Konkretismus heute: Vermischung von symbolischem Denken und Realismus; in die reale Umwelt-/Friedensbedrohung mischt sich trübe die undurchschaute gesellschaftlich-politische Bedrohung; undurchschaut, weil die Reflexion eine über den Stand des Fortlebens der unaufgearbeiteten faschistischen Vergangenheit wäre, die verhindert wird durch die Mechanismen der „zweiten Schuld“; das Schuldverschubsystem funktioniert hier so, daß die Selbstentlastung als Hysterie, als panikerzeugende Bedrohung durchs Objekt, die freilich nicht bloß irreal ist, wiederkehrt.
Erkennbar wird dieses System daran, daß es wirksamen Widerstand gegen die zentralen Gefahren (z.B. der allgemeinen Demoralisierung, des folgenlosen Protests, des schnellen Vergessens) nicht gibt. Die BRD bleibt ein „Land der unbegrenzten Zumutbarkeiten“, die Situation hat sich – trotz wachsenden Unbehagens an der Situation, das allerdings mehr an die Symptome als an die Ursachen sich anschließt – eher verschärft und zugespitzt.
Die Vergangenheit ist in die Grundlagen unserer Existenz, in das Ich eines jeden verflochten und nicht mehr daraus zu entfernen. D.h. aber: Selbstverständigung ist – auch für die Nachgeborenen – ohne Erinnerung nicht möglich, wobei in dieser Erinnerung auch die Verdrängungen unserer Eltern und Großeltern mit aufzuarbeiten sind. Anders kann niemand mit sich selbst ins Reine kommen. Nicht Kollektivschuld, wohl aber – im genauesten Sinne – Erbschuld, die ohne Umkehr weiterwirkt, demoralisiert, den Zynismus und die Verblendung bewirkt, die heute auch noch die Aufgeklärtesten nicht mehr abschütteln können.
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