04.06.91

„Es wäre ein, alle mühselige Untersuchungen, die es voraussetzt und erfordert, belohnendes Unternehmen, …“ (Zitat aus Niebuhrs Kopenhagener Manuskripten 1804/5, vgl. Wilfried Nippel: Griechen, Barbaren und „Wilde“, S. 84) Heute (so hat Nippel die Wendung dann auch „korrigiert“) würde es heißen „alle mühseligen Unternehmungen“. Die heute als veraltet empfundene Wendung drückt ein Sprachverständnis aus, das noch Widerstand gegen die Vergegenständlichung setzt. Die „mühselige Untersuchungen“ sind gleichsam noch die eigenen, nicht die, die ich anderen auferlege. In dem ergänzenden „n“ drückt sich die vergegenständlichende Kraft des Spätkapitalismus aus. Hier sind es Untersuchungen, die für andere mühselig sind, deren Mühsal mich nicht mehr affiziert, ebenso wenig wie die Arbeit, die in den Waren steckt, die ich billig einkaufe. Ohne „n“ sind die Untersuchungen ein den, der sie anstellt, „belohnendes Unternehmen“, mit „n“ streicht den Lohn der Professor ein, der die Arbeit seinen Assistenten überläßt (der sie dann als Bevorzugung, als „Gnade“ erfährt; s.u.).
Lassen sich Unsicherheiten beim Gebrauch des Dativ/Genitiv aus ähnlichen Ursachen herleiten: bei trotz und wegen, oder bei dem „einer Sache Herr werden“ (die Verwendung des Dativ verwandelt Herrschaft in ein Geschenk, macht die Vergewaltigung zur Gnade); hängt es auch damit zusammen, wenn im Femininum (im Deutschen wie im Lateinischen) Dativ und Genitiv (Hingabe und Herrschaft, aber auch Nominativ und Akkusativ: die Subsumtion des Nominativ unter die Anklage wie beim Neutrum) sich nicht unterscheiden lassen? Zusammenhang mit der Teilidentität der dritten Person Singular femininum mit der dritten Person Plural (sie): das Femininum nicht voll individualisiert?
Im Lateinischen ist der Akkusativ masculinum gleich dem Nominativ neutrum.


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