04.06.92

Heidegger und die Bergpredigt: Ist nicht die „Sorge“ der Platzhalter des Futur II in beiden (und Heideggers Philosophie insgesamt die Selbstreflektion der inertia: seine Fundamentalontologie gleichsam das Inertialsystem von innen)?
Die Übernahme der Sünde der Welt bezeichnet im Christentum genau den Punkt des Widerstands gegen die Abstraktion, gegen das falsche Allgemeine (und seinen Grund im Tausch- und im Trägheitsprinzip). Schuld ist immer konkret, und sie ist immer vergangene Schuld (Inbegriff der Last der Vergangenheit); erst durch die Opfertheologie ist der Kreuzestod Christi auch zu der für ihn zukünftigen Schuld in Beziehung gesetzt worden, nur so war die christliche Erlösungs- und Gnadenlehre zu begründen. Aber diese Begründung war falsch (und mit ihr ein Pfeiler des kirchlichen Selbstverständnisses); den Schein der Wahrheit verdankte sie allein der Unfähigkeit zur Kritik des Tauschprinzips; zugleich war sie fähig, Modell des Inertialsystems zu werden. Mit dieser Begründung wurde die Vergangenheit bloß verdrängt anstatt durch Erinnerungsarbeit übernommen, wurden die Verdrängungsmechanismen selber in den Kern der Religion mit aufgenommen und durch den potentiellen Häresie- und Blasphemievorwurf unangreifbar gemacht, zugleich die Verführung und der Genuß der Exkulpierung gegen das Bewußtwerden abgeschirmt.
Zur Täufergeschichte: Gibt es einen Zusammenhang zwischen dem „ecce agnus dei, qui tollit peccata mundi“ und dem „Das ist mein geliebter Sohn …“: zwischen der Übernahme der Sünde der Welt und der Vater-Sohn-Theologie? Gehören nicht die Begriffe Schuld, Bekenntnis, Zeugenschaft dem gleichen Kontext an (beachte die Doppelbedeutung des Zeugungsbegriffs im Deutschen)? Wie verhalten sich kennen, erkennen, bekennen zu zeugen, erzeugen, bezeugen?
Hatte Jesus nicht zusammen mit den Geldwechslern auch die Taubenhändler aus dem Vorhof des Tempels vertrieben (Bedeutung der Tauben in der Schrift und des Taubenopfers)?


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