05.04.92

Robert Spaemann, der am Sexualakt das Schwinden des Bewußtseins (den Verlust der Identität?) glaubt konstatieren zu müssen, wäre darauf hinzuweisen, daß in der Schrift der gleiche Akt Erkenntnis genannt wird (Hinweis auf den Ursprung des christlichen Sexualtabus; Zusammenhang von sinnlicher Erkenntnis, Glück und Freiheit: sapientia/sapere; Verdrängung der Fähigkeit, human zu sein; Mißverständnis des Begriffs der Erbschuld: nicht in der sexuellen Lust, sondern in der moralischen Urteilslust, in der Lust am Urteil über Sexualtität?).
Spaemanns Sexualfurcht scheint vom Augustinus zu stammen; sie ist ein Teil des christlichen Vorurteils insofern, weil sie zu jenem Weltbegriff gehört, der die Natur in den Zustand der Bewußtlosigkeit verdrängt und somit Erkenntnis im theologischen Sinne überhaupt verhindert. Diese Bewußtlosigkeit charakterisiert und bestimmt sowohl das Verhältnis von Subjekt und Prädikat im Urteil, das Verhältnis der Dimensionen im Raum, der Materie zur sinnlichen Welt, das wechselseitige Verhältnis der sieben Schöpfungstage, als auch das Verhältnis des Personbegriffs zum Angesicht und noch einiges weitere.
Gegen Spaemann wäre auch noch hinzuweisen auf das paulinische „Kauft die Zeit aus“: auf den notwendigen Versuch, diese Todesgrenze durch Erinnerungsarbeit zu durchstoßen.


Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Adorno Aktueller Bezug Antijudaismus Antisemitismus Astrologie Auschwitz Banken Bekenntnislogik Benjamin Blut Buber Christentum Drewermann Einstein Empörung Faschismus Feindbildlogik Fernsehen Freud Geld Gemeinheit Gesellschaft Habermas Hegel Heidegger Heinsohn Hitler Hogefeld Horkheimer Inquisition Islam Justiz Kabbala Kant Kapitalismus Kohl Kopernikus Lachen Levinas Marx Mathematik Naturwissenschaft Newton Paranoia Patriarchat Philosophie Planck Rassismus Rosenzweig Selbstmitleid Sexismus Sexualmoral Sprache Theologie Tiere Verwaltung Wasser Wittgenstein Ästhetik Ökonomie