Wenn man Empfindlichkeit und Sensibilität unterscheidet, hat dann dieser Begriff des Sensiblen (der Sensibilität) etwas mit der kantischen Unterscheidung von mundus sensibilis und intelligibilis zu tun? Wäre nicht Sensibilität die Voraussetzung der Intelligibilität?
Hängt die kantische Unterscheidung von „bloß reflektierten“, sprich Verstandes-Begriffen, und „geschlossenen“, d.i. Vernunft-Begriffen (S. 282), die er dann Ideen nennt, mit der Form des Raumes zusammen? Ist nicht der Raum der Deckel auf der Vergangenheit (auf der vergangenen Zukunft), der nur durch Reflexion sich öffnen läßt? Und ist nicht jeder Begriff ein unreflektierter Schluß?
Indem ich eine Sache vergegenständliche, begebe ich mich hinter ihren Rücken, betrachte ich sie von der Seite ihrer Vergangenheit. Der Gegenstand ist die tote Sache, und die alte Definition der Wahrheit als adaequatio intellectus et rei ist nicht identisch mit der neuen (auch bei Kant und Hegel), die die alte falsch übersetzt: der Übereinstimmung von Begriff und Gegenstand.
Ist nicht in dem Satz „Seid fruchtbar und vermehrt euch, bevölkert die Erde, unterwerft sie euch, und herrscht über die Fische des Meeres, über die Vögel des Himmels und über alle Tiere, die sich auf dem Land regen“ (Gen 126) mit gemeint, daß die Erde, die Fische, die Vögel und die Tiere Teil unserer selbst sind? Nicht Selbstbeherrschung, aber seiner selbst mächtig sein, darauf käme es an.
Bezeichnen die Dornen und Disteln nicht Momente des Raums, wobei zwischen den Dornen und Disteln noch zu unterscheiden wäre: zwischen dem intentionalen Zugriff (der Dornen) und den nicht intendierten Nebenfolgen (den Disteln)? Der Weizen fiel unter die Dornen, die Krone war eine Dornenkrone, der brennende Busch ein Dornbusch und der König der Bäume in der Jotamfabel der Dornenstrauch.
Das Königtum ist eine an die Stadt gebundene Einrichtung (der Pharao ist der Herr des Sklavenhauses), und Henoch, der (im Stammbaum Sets) nicht stirbt, gibt (im Stammbaum Kains) den Namen für die erste Stadt her: Ist Henoch eine Prophetie auf den Messias?
Ist der Hund der Wächter der Stadt und die Katze das Haustier?
Sind nicht die Heils- und die Unheilsprophetie zwei Seiten oder zwei Aspekte der gleichen Sache, anstatt zwei getrennte Sachen, zu denen sie erst unter dem Zwang des Identitätsprinzips der objektivierenden Logik werden? Und wird die objektivierende Logik nicht eo ipso zum Grund des Antisemitismus: hier erscheint die Heilsprophetie als in Jesus erfüllt, die Unheilsprophetie aber damit (mit der „Entsühnung der Welt“) als erledigt; sie gilt nur noch für die Juden.
05.04.93
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