Die Gewalt der ökonomischen und politschen Anpassungsmechanismen, die den Herrschenden zugute kommt und sie gegen Kritik abschirmt und immunisiert, wird stabilisiert und verstärkt durch einen Naturbegriff, der zum Produkt und zum Inbegriff der Instrumentalisierung geworden ist: durch den Stand der Naturwissenschaften und die Unfähigkeit, ihn kritisch zu reflektieren.
Modell des Instrumentalisierungsprozesses in der Natur war der in der Religion: der Dogmatisierungsprozeß. Sein Resultat, das „Bekenntnis“ (und seine dogmatische Ausgestaltung, insbesondere die Trinitätslehre, die Lehre von der Göttlichkeit Jesu und die Opfertheologie) steht zu ihrem Inhalt, zur Religion, in ähnlicher Beziehung wie das Inertialsystem zur äußeren Natur. Die Theologie war ein Teil des Aufklärungsprozesses, dessen immanentes Telos die Naturbeherrschung ist.
Die dogmatische Theologie (hinter dem Rücken ihres Gegenstandes; deshalb ist sie auf den Begriff der Person angewiesen) ist schon durch ihr Objektverständnis, durch die Form ihrer Beziehung zur Objektivität, blasphemisch: Sie leugnet nicht nur die Gottesfurcht, sie verstellt sie, macht sie unkenntlich.
Ob es „einen Gott gibt“, diese Frage ist ebenso müßig wie die, warum es überhaupt etwas gibt und nicht vielmehr nichts. Sowohl ihre positive wie ihre negative Beantwortung wäre anmaßend. Aber unabhängig davon ist jede Erkenntnis irrelevant, die nicht an den Bedingungen sich messen läßt, die einmal im Begriff der Gottesfurcht zusammengefaßt waren; die Nachfolge ist zu einer Überlebensfrage der Menschheit geworden.
07.01.91
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