Hans Jonas‘ Frage nach der Subjektivität im Sein (Hans Jonas: Das Prinzip Verantwortung, Frankfurt 1984, S. 136), in der Natur, wird möglicherweise einer (konkreteren) Antwort nähergebracht, wenn man versucht, der Objektivität der Elemente sinnlicher Erfahrung und Wahrnehmung (Licht, Farbe, Klang, Wärme, Geruch u.ä.) auf die Spur zu kommen. Das Lebendige scheint ohnehin – real und nicht nur metaphorisch – in einer besonderen Beziehung zum Licht zu stehen. Unter diesem Aspekt wären vielleicht doch einmal Spekulationen der alten Lichtmetaphysik auf Hinweise zu prüfen, die weiterhelfen könnten. – Wäre es denkbar, daß diese Spekulationen Hilfe in den modernen Naturwissenschaften selber finden können: in dem rätselhaften Prinzip der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit, das selber auf diesem Wege vielleicht etwas durchsichtiger werden könnte? Außerdem wäre der Frage nachzugehen, welche logische Struktur diesem Objektbereich zugrundeliegt: Das Subjekt der naturwissenschaftlichen Erkenntnis (das auf der Objektseite dieses Erkenntnisprozesses niemals anzutreffen ist) ist selber schon Produkt jener Urteilsstruktur, die naturwissenschaftliches Erkennen konstituiert und vermittelt und beide – Subjekt und Objekt – in ihrem Bann hält: deshalb sind beide „bloße Erscheinung“ und keine „Dinge an sich“.
(Plastik und Fernsehen: der Bruch zwischen dinglicher und scheinhafter – räumlicher und zeitlicher – Rekonstruktion der sinnlichen Qualitäten.)
Schließlich wäre Hans Jonas auch dahingehend zu ergänzen, daß seine nur methodische Interpretation (und Kritik) des naturwissenschaftlichen Verfahrens durch eine historisch-gesellschaftliche zu ergänzen und zu konkretisieren wäre: was hier verdrängt und wovon abstrahiert wird, ist nämlich auch etwas im erkennenden Subjekt selber: daß Naturerkenntnis unlösbar mit der Geschichte der gesellschaftlichen Naturbeherrschung, mit der Unterdrückung der Natur draußen und im Subjekt zugleich, verflochten ist.
Mathematisch-naturwissenschaftliche Erkenntnis ist kontemplative Erkenntnis: Das Experiment greift nicht ein, es ändert nicht; es stellt nur die Bedingungen her fürs reine Zusehen. Das Objekt ist nur Objekt und es ist zugleich Objekt für alle Subjekte; das Subjekt mischt sich in die Dinge nicht ein, außer – wie der Herr – durchs Zusehen.
Kontemplation, bloßes Zusehen, ist aber in einer Welt, in der die Dinge außer Kontrolle geraten, nicht mehr indifferent, sondern Ursprung von Schuld; dort, wo es – wie in der Transzendentalphilosophie – systemerzeugend wirkt, Kristallisationskern des Schuldzusammenhangs.
Wie muß heute die Sprache beschaffen sein, wenn der Satz stimmt: „Wenn die Menschheit keine Phrasen hätte, brauchte sie keine Waffen.“ (Karl Kraus: Die Sprache, Frankfurt 1987, S. 225) Wird in der Postmoderne (Christa und Peter Bürger (Hrsg.): Postmodern: Alltag, Allegorie und Avantgarde, Frankfurt 1987) nicht bereits die Sprache insgesamt zur Phrase? Aber ist das überhaupt möglich, bleibt sie dann noch Sprache? Oder ist das etwa die letzte Konsequenz aus der Ontologie, dem „Seinsdenken“ (ist das Seinsdenken nicht die zur Philosophie gewordenen Phrase)?
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