08.12.91

Die islamisch-christliche Differenz im Schöpfungsbegriff: in jedem Augenblick neu und Erhaltung der Welt, reflektiert die Differenz der Beziehung des Islams und des Christentums zur Philosophie, zur Verinnerlichung des Schicksals.
Im zweiten Schöpfungsbericht werden die Tiere von Gott aus dem Acker gebildet (und dem Menschen zur Benennung vorgeführt), nur im ersten bringt sie die Erde hervor.
Was ist der Unterschied zwischen der Erde (E. und Himmel), dem Acker (Acker und Adam) und dem Garten Eden (dem Garten der Bäume, die Gott „aus dem Acker … schießen“ ließ)? Und welche Bedeutung haben die vier Flüsse im Garten Eden (Beziehung zu den Wassern oberhalb und unterhalb der Feste)?
Das Christentum ist eine apokalyptische Religion, sein Grundwort ist das „Maranatha“, das dann freilich im Prozeß der Dogmatisierung (Parusieverzögerung) verdrängt wurde.
Nicht das Denken, sondern die Mathematik (in der das Denken sich nur auf sich selbst bezieht) ist das Narkotikum.
Jesus hat das Feuer auf die Erde gebracht, und er wollte, es brennte schon. Nur ist dieses Feuer dann nach innen geschlagen und zum Schwelbrand geworden: so ist das Christentum ausgebrannt.
Ist nicht heute die Kirche der Lazarus, der tot ist und schon riecht?
Wer in der Sprache sehen gelernt hat, für den gibt es keine Theorie mehr, sondern nur noch die Wahrheit.
Zum Genitiv: Hängt der Begriff des Genitivs nicht mit dem genus, mit der Zeugung, mit den toledot zusammen? Aber so, daß dieses Verhältnis (wie in der Trinitätslehre) in die casus mit hereingezogen: in ein Eigentums- und Herrschaftsverhältnis umgewandelt worden ist. Gilt nicht auch hier das vierte Gebot: Du sollst Vater und Mutter ehren?
Im Genitiv sind die Zeugungen idealistisch geworden (werden Begriffe zeugungsfähig und gezeugt): das ist der blasphemische Sinn des Zeugungsbegriffs, Erbe des hieros gamos und dessen, was die Propheten Hurerei nannten. Die Hegelsche Logik: die Totalität der Anti-toledot, und die Onanie der synthetischen Urteile a priori (die das namenlose Objekt erzeugen). Zusammenhang von Er- und Bezeugen (im Kontext des Beweises)?
Die Idee des Ewigen hat zwei Konnotationen, die zusammenzubringen sind: Die eine ist, daß sich das Ewige in keinerlei Hinsicht als vergangen denken läßt; die andere aber ist, daß das unabgegoltene Vergangene, die Toten, in die Idee des Ewigen mit hereingehören. Das aber heißt, daß die Idee des Ewigen ohne Erinnerungsarbeit, ohne das Eingedenken: ohne den Gedanken, daß die Toten, die wir nur noch ausbeuten, unsere Richter sein werden (ohne Umkehr des Historismus), nicht zu denken ist.
Mit jedem Menschen stirbt eine Welt, aber nicht das Zeugen, sondern Gerechtigkeit begründet eine Welt.


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