Die Logik der Schrift: Das ist ein zugleich erkenntniskritisches, astronomisches, politisches und theologisches Thema.
Das Gleichheitszeichen in der Mathematik ist der zentrale Ausdruck der Subsumtion der Zukunft unter die Vergangenheit. Die Mathematik beantwortet die Frage, ob die Zukunft wie die Vergangenheit sein wird (in der Frage „if the future will be like the past“ entspricht ihm das „like“).
Die historisch-kritische Bibelwissenschaft projiziert die eigene Identitätsneurose in die Schrift, deren eigene Einheit (die Einheit des Gottesnamens) gesprengt, auf verschiedene „Quellen“ aufgeteilt und zurückgeführt wird. Hier wird bestimmbar, welche Bedeutung die Logik der Schrift für die Schrift hat.
Verweist nicht die Identität von Nominativ und Akkusativ in den romanischen Sprachen auf die Neutralisierung dieser Sprachen insgesamt, weshalb es eines besonderen Neutrums in diesen Sprachen nicht mehr bedarf. Ist die englische Sprache ein romanisierter Germanismus? Hier ist der bestimmte Artikel zur reinen deiktisch-vokativen Partikel zusammengeschrumpft; deshalb ist die Sprachlogik des Englischen die empirische, und deshalb heißt der Infinitiv von Sein im Englischen to be.
Durchs Sein wird die Sprache ans Inertialsystem zurückgebunden (Verwechslung des Seins mit dem mathematischen Gleichheitszeichen, des Urteils mit der Gleichung).
Wenn die Deutschen sein wollen wie die anderen Völker, sagen sie „Wir Deutschen“. Deshalb werden die letzten Dinge hier ärger sein als die ersten.
Eine Theorie des Namens müßte auch eine Lösung bringen für den merkwürdigen Sachverhalt, daß, was im Anfang der Sache nach geschaffen wurde, am zweiten Tag als Name Verwendung findet: der Himmel.
Das Problem der Theodizee ist erst mit dem theologischen Konstrukt der creatio mundi ex nihilo (mit der theologischen Rezeption des Weltbegriffs, der den Schöpfungsbegriff im Kern verändert hat) entstanden. Nur dieser Gott: der Schöpfer einer heilen Welt, war (wie dann auch seine Gläubigen) rechtfertigungsbedürftig. Der biblische Schöpfungsbericht aber schließt die Katastrophe als ein Moment im Schöpfungsbegriff selber bereits mit ein. Die Vorstellung, daß die Welt an sich heil ist und erst durch den Menschen die Unordnung in die Welt hineingekommen ist, ist unbiblisch (und unchristlich). Der Slogan „Bewahrung der Schöpfung“ (zu dessen Vorläufern die ominöse „Heiligung der Welt“ gehörte) findet in der Schrift keinen Grund und keine Entsprechung. Die einzelnen „Schöpfungsakte“ (des Sechs-Tage-Werks) sind eigentlich Rettungsakte angesichts einer Katastrophe, deren Ursprung jeweils das bara anzeigt. Seitdem trägt der Weltlauf die Züge einer Katastrophe, und nichts anderes bezeichnen das Hegelsche Weltgericht und seine Idee des Absoluten. Die Geschichte des Fortschritts, der Prozeß der fortschreitenden Säkularisation, ist eigentlich die Geschichte der fortschreitenden Beschleunigung dieser Katastrophe: die Geschichte des Falls.
Das Bild von der „liebenden Zustimmung“, mit der Maria den Kreuzestod ihres Sohne begleitet haben soll, gehört zu einem Schöpfungskonzept, das die Katastrophe verdrängt, verschweigt, verleugnet (bezieht sich hierauf die Geschichte von den drei Leugnungen?).
Die „Dariken“ in 1 Chr 297 (eine Stelle, die sich auf die Zeit Davids bezieht) sind anachronistisch (während sie bei Esra und Nehemias historisch sind).
Bezieht sich die „Feste“ des zweiten Schöpfungstages auf die Etablierung des „Hinter dem Rücken“ (der „invisible hand“); und ist das der Grund, weshalb nur an diesem Tage das „und Gott sah, daß es gut war“ fehlt (auch Gott kann hinter seinem Rücken nicht sehen)? Wurde am zweiten Tag das „Abendland“ geschaffen (oder das Christentum, der Weltbegriff und das Dogma, die Logik der Schrift, das Schicksal, die Scham)? Ist die Feste die Einheit von Abgrund und Rettung (Wasser und Feuer)?
Off 138: Die Zahl des Tieres (ton arhithmon tou theriou) ist die Zahl eines Menschen (arhithmos gar anthropou estin).
1.10.1994
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