1.12.1994

„Der Nomos einer Gesellschaft legitimiert zu allererst sich selbst, durch sein bloßes Vorhandensein“ (Peter L. Berger, zitiert nach Hinkelammert, Kritik, S. 47). Gründet diese Selbstlegitimation nicht im Erkenntnis- und Wahrheitsbegriffbegriff der Naturwissenschaften, nachdem sie mit Hilfe der neopositivistischen Erkenntnistheorien und der metaphysischen Absurditäten der Kopenhagener Schule die letzten Erinnerungen an ihre gesellschaftliche Vermittlung gelöscht hat?
Ist nicht die transzendentale Ästhetik der Grund aller Ästhetik: der Grund, aus dem sie hervorgeht und in den sie zurück (zugrunde) geht? Aber leugnet nicht auch hier – wie im Verhältnis der christlichen Orthodoxie zu den Häresien (zuletzt zur Geschichte der Aufklärung, und innerhalb der Logik der Aufklärung im Verhältnis der Natur zu ihren Hervorbringungen) die Mutter ihr eigenes Kind?
Die subjektiven Formen der Anschauung konstituieren, begründen die Urteilsform (heißt das aber nicht eigentlich, daß sie durch die Urteilsform vermittelt sind?). Deshalb zielt die Kritik der Naturwissenschaften ab (nicht auf ein „wahres Bild der Natur“, das es nicht gibt, sondern) auf die Rekonstruktion der benennenden Kraft der Sprache, auf die Restituierung des Namens.
Islam: Ein Gott, der (nachdem mit Mohammed das Ende der Prophetie eingetreten war) nicht mehr mit den Menschen spricht, sondern nur noch in der Schrift (im Koran) sich den Menschen mitteilt, dem man nicht mehr antworten, sondern nur noch sich unterwerfen kann (Ersetzung des Hörens durch den Gehorsam). Das Christentum war der Anfang der Emanzipation des Wortes von der Schrift, aber es hat sich bis heute noch nicht als diesen Anfang begriffen. In diesem Nichtbegreifen (in dieser Islamisierung des Christentums) gründet der „Logozentrismus“: Die babylonische Gefangenschaft des Wortes in der Schrift, die Selbstverwerfung (Selbstverfluchung) des Christentums.


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