Apg 231 (ähnlich 2416): „Bis zum heutigen Tage lebe ich vor Gott mit völlig reinem Gewissen.“ Wie kann Paulus das sagen nach seiner Beteiligung an der Steinigung des Stephanus und seiner Rolle bei der Verfolgung der jungen Gemeinde? Siehe hierzu die Anmerkung in der Jerusalemer Bibel: „Das gute Gewissen bildet einen wichtigen Begriff der paulinischen Ethik: 1 Kor 44, 2 Kor 112, 1 Tim 15.19, 39, 2 Tim 13, vgl. Hebr 1318.“
Nur in seiner (hebräischen) Rede an das Volk in Jerusalem nach seiner Festnahme im Tempel (Apg 21f) hat sich Paulus zu seiner Beteiligung an der Ermordung des Stephanus bekannt, nur hier hat er den Namen des Stephanus erwähnt, aber in keinem seiner Briefe (vgl. aber 1 Kor 159: „Denn ich bin der geringste von den Aposteln; ich bin nicht wert, Apostel genannt zu werden, weil ich die Kirche Gottes verfolgt habe“). Stephanus (die „Krone“) sah vor seiner Steinigung „den Himmel offen, und den Menschensohn zur Rechten Gottes stehen“, während Paulus „bis in den dritten Himmel entrückt“ (2 Kor 122), „in das Paradies entrückt wurde“ (ebd. 124). Was ist hier unter dem „dritten Himmel“ zu verstehen?
Haben Name und Schicksal des Stephanus etwas mit der Dornenkrone zu tun, und der Name des Paulus mit 1 Kor 159 und Eph 38 („der Geringste von den Aposteln / unter allen Heiligen“)?
Paulus-Themen:
– Rechtfertigung durch den Glauben;
– wie steht er zur Opfertheologie?
– Bekenntnis, Christologie und Herrschaft (Autorität, Verhältnis zu den Frauen),
– die projektive Reflexion des Verhältnisses von Gesetz und Gnade,
– aber auch seine Erlösungskosmologie (Alle Kreatur seufzt und liegt in Wehen; seine Lehre von den Elementarmächten, den Archonten).
Zentral scheint
– seine ambivalente Beziehung zu den Juden zu sein (von der Verfolgung der Gemeinde bis zu seinen Auftritten in den Synagogen und seiner Beziehung zu Petrus, Jakobus und Johannes und zur Jerusalemer Gemeinde) und
– sein zweideutiges Verhältnis zu den Römern (Sergius Paulus; seit wann ist er Römischer Bürger; seit wann heißt er Paulus?).
Das „Gewissen“ bei Paulus scheint eher die praktische Vernunft zu bezeichnen als das Bewußtsein vergangener Schuld. Das paulinische „gute Gewissen“ ist das Gegenteil eines sanften Ruhekissens.
Die paulinische Gnadenlehre wird erst dann verständlich, wenn der Begriff Gnade durch den der Barmherzigkeit ersetzt wird (und Glaube durch Treue sowie Rechtfertigung durch Gerechtmachung).
10.06.93
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