11.03.93

Ist es eigentlich so ganz abwegig, wenn man den Begriff der Totalität mit dem des Tötens in Verbindung bringt?
Ist nicht der Komparativ der Hebel der Neutralisierung, und der Superlativ Ausdruck der Idolatrie: der Instrumentalisierung des Göttlichen?
Der Komparativ und der Ursprung des Sports (höher, schneller, weiter).
Das „Richtet nicht“, das „Liebet eure Feinde“ und das „Seid arglos wie die Tauben“ gehören zusammen und bilden ein System. Sie sind Teil der negativen Trinitätslehre: Der Richtende leugnet den Vater, der Hassende den Sohn und der Paranoide den Heiligen Geist.
– Richtet nicht: Kritik des Geldes,
– Liebet eure Feinde: Kritik des Bekenntnisses, und
– Seid arglos wie die Tauben: Kritik des Raumes.
Ist nicht das Problem des Ursprungs der Schrift noch rätselhafter als das des Ursprungs des Geldes? Waren die Keilschrift-Schuldscheine in den altorientalischen Tempeln nur Schuldscheine? Ist die Verflechtung des Ursprungs der Schrift mit dem Ursprung des Geldes, beide vermittelt durch das Realsymbol des Opfers, nicht doch enger? Krankt nicht das Heinsohn-Illingsche Konzept an der Unfähigkeit zur Reflexion von Sprache und Schrift (an der Verwechslung gesellschaftlicher und realer Naturkatastrophen), oder an der Verdrängung des Problems des Ursprungs von Sprache und Schrift (Beziehung der sumerischen zur hethitischen Sprache, Ursprung der indogermanischen Sprachen und der Buchstabenschrift)?
Theologie ist Sprachphilosophie, die die Dinge wieder zum Sprechen bringen will, indem sie den Bann des Verstummens löst. Die Todesgrenze ist eine Sprachgrenze (und die Existenz der Sprache die Widerlegung des Wahrheitsanspruchs der Physik).
Die Opfertheologie hat den Tod, den die Welt uns auferlegt, instrumentalisiert. Wenn der Begriff der Todsünde ein gegenständliches Korrelat hat, dann ist es die Opfertheologie (als Kern der Sünde der Welt). War nicht die Todesangst in Getsemane die Angst vor der Instrumentalisierung des Todes (und so die Angst vor dem Grund der Todesangst).
Hegels Wort von der „falschen Zärtlichkeit für die Welt“ ist projektiver Natur: es verbirgt Hegels eigene falsche Zärtlichkeit für den Geist. Zwar vermag nur der Geist den Widerspruch zu ertragen, aber dieser Widerspruch ist der Widerspruch der Welt, und: wer angesichts von Auschwitz den Verstand nicht verliert, der hat keinen zu verlieren.
Die Sprache, die aus dem Leiden Literatur macht, versündigt sich am Leiden (und nur dem Dichter gab ein Gott zu sagen, was er leidet). Aber gibt es eine Alternative?
Während Jesus einzig die Nachfolge fordert, begnügt sich die Kirche (im Auftrage der Welt) mit dem Bekenntnis.
Hängt die 3. Pers.-Endung -nd (sind) mit der Partizip-Endung -nd (seiend) zusammen?
Haben Infinitiv und Neutrum einen gemeinsamen Ursprung?
Öffentlichkeit, Medien und die Denunziation: Vor dem Gericht der Öffentlichkeit reicht jeder Verdacht aus, während Verteidigung keine Chance hat (Prinzip Drachenfutter). Man darf keine Fehler mehr machen, aber das zerstört die Phantasie und die Kreativität. Heute beherrschen die Medien die Phantasie, besetzen die letzten Schlupflöcher und lassen keine freie Phantasie mehr zu.


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