11.09.91

– Pater noster: Kritik des Patriarchats (Vergöttlichung der Vaterschaft ist keine Rechtfertigung der irdischen Väter); die ganze Schöpfung harrt auf die Freiheit der Kinder Gottes.
– qui es in caelis: die Himmel haben sich aus dem räumlichen in die zeitliche Dimension verlagert (Plural, weil er – für uns? – noch in getrennte Himmel zerstreut ist; Kritik des Identitätsprinzips: des Bekenntnisses; wird er am Ende alles in allem oder – nach Rosenzweig – Einer sein?).
– sanctificetur nomen tuum: die Heiligung des Gottesnamens schließt die Kritik des Begriffs: des Herrschafts-, Schuld-und Verblendungszusammenhangs und seiner Geschichte mit ein: Ende der Theologie hinter dem Rücken Gottes, Beginn der Theologie als Herrschaftskritik durch Übernahme der Schuld der Welt und Auflösung des Verblendungzusammenhangs, Heraustreten aus dem blinden Fleck, in dem wir uns selber stehen.
– adveniat regnum tuum: das Reich, in dem Gerechtigkeit und Friede sich küssen.
– fiat voluntas tua sicut in caelo et in terra: Warum hier Himmel im Singular? Einheit des Himmels durch Entkonfessionalisierung (statt Ökumene), durch Einsicht, daß getrennte Konfessionen nur durch Gewalt vereinigt werden können; Reflex des Scheins im Bekenntnisprinzip, der sich auflöst durch Umkehr zum „Willen Gottes“: sein Antlitz, das über uns leuchten möge.
– panem nostrum cottidianum da nobis hodie: Uns, nicht mir; gefordert ist eine Wirtschaftsweise, die alle nährt und kleidet, nicht nur die „Eigentümer“.
– et dimitte nobis debita nostra, sicut et nos dimittimus debitoribus nostris: hier die einzige Stelle, an der nicht bloßer Wunsch oder Bitte, sondern unser praktischer Anteil, die Forderung an uns benannt wird: daß wir unsern Schuldnern die Schuld erlassen (theologischer Antikapitalismus).
– et ne nos inducas in tentationem: laß uns die Versuchungen erkennen, die heute direkt in die Katastrophen führen (in denen wir durch unser Handeln selbst bewußtlos die Katastrophen herbeiführen), nimm die Verblendung von uns, die zum Grund aller Versuchungen geworden ist.
– sed libera nos a malo: löse den gesellschaftlichen Grund des Herrschafts, Schuld- und Verblendungszusammenhangs.


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