Das Existentielle ist die wütende Spitze der Betroffenheit, Verdrängung der Reflexion, zivilisiertes Schamanentum.
Erst wenn die Theologie selbst sich aus ihren double-bind-Fallen befreit, wird ihre Neubegründung möglich sein.
Philosophie als Internalisierung des Schicksals und Instrumentalisierung des Absoluten: das hat der Islam versucht, in Religion zurückzuübersetzen. Der Gott des Islam ist der Schicksalsgott: Versuch, den verinnerlichten Schicksalsbegriff wieder ins Objektive zu wenden, aber das in einer Phase, in der es eigentlich nicht mehr möglich war. Der Islam ist eine kosmologische Religion; er hat die naturwissenschaftliche Aufklärung, die die alte Kosmologie (und deren gesellschaftliches Äquivalent) auf den Kopf stellt, nicht mitvollzogen. Das Christentum hat dann – nach der Rezeption der islamischen Aufklärung – am islamischen Theologie- und Gesellschaftsbegriff festgehalten; es hat die naturwissenschaftliche Aufklärung und die gleichzeitigen gesellschaftlichen Veränderungen nur hilflos und ohnmächtig aus sich entlassen müssen, ohne sie durch Reflexion aufarbeiten zu können: diese Entwicklung lag im blinden Fleck des nachkonstantinischen und nachislamischen Christentums.
In der griechischen Philosophie macht sich das Subjekt selbst zum imaginären Herrn des Schicksals; es verfällt aber eben damit der Gewalt der Reflexionsbegriffe.
Gottvertrauen kann allein das Vertrauen in die göttlichen Verheißungen sein, aber ist das heute noch möglich?
Der Satz, daß Gott niemanden über seine Kraft vesucht, wird heute, da die Geschichte der Versuchung in einen Engpaß treibt und erstmals die ganze Menschheit umgreift, auf die Probe gestellt.
Die Verarbeitung des Kreuzestodes in der Opfertheologie und deren Realisierung in der Volksfrömmigkeit hat (durch die subjektiv gewendete Leidensmystik, durch den Kult des Selbstmitleids) mehr zur Verdrängung des Ereignisses als zu seiner wirklichen Erinnerung beigetragen. Sie hat uns auf die Täterseite transportiert.
Allein in dem Lied „O Haupt voll Blut und Wunden“ wurde der Mechanismus durchbrochen, der uns hinsichtlich des Kreuzestodes Jesu auf die Täterseite stellt.
Ist Hephaistos das Objekt des homerischen Gelächters?
Die spezielle Relativitätstheorie hat das Inertialsystem erstmals der Reflexion zugänglich gemacht, es als Grundlage der Reflexionsbegriffe und ihrer Wirksamkeit, insbesondere der Macht der Derealisierung, erwiesen (vgl. den Zusammenhang mit dem Objektbegriff); in diesem Zusammenhang ist die Quantenmechanik, die das kritische Moment des Prinzips der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit neutralisiert, es erneut instrumentalisiert, tatsächlich ein ferner Verwandter, ein später Nachkömmling der Hegelschen Dialektik.
Die Zensur bei der Berichterstattung über den Golfkrieg ist aus militärischer Sicht schon deshalb notwendig, weil dieser Krieg nicht mehr zu führen wäre, wenn wahrheitsgemäß mit der heute möglichen Aktualität über ihn berichtet würde.
Die ganze Adornosche Philosophie ist eine Religion der Vernunft aus den Quellen des Judentums.
Der Islam ist die Anpassung der jüdischen Religion an die Bedingungen des Heidentums, unter Fortfall der Opfertheologie. Allah ist der Gott des Erbarmens, er verzichtet jedoch auf die Forderung der Umkehr, an dessen Stelle der Islam, die Unterwerfung tritt.
01.02.91
Adorno Aktueller Bezug Antijudaismus Antisemitismus Astrologie Auschwitz Banken Bekenntnislogik Benjamin Blut Buber Christentum Drewermann Einstein Empörung Faschismus Feindbildlogik Fernsehen Freud Geld Gemeinheit Gesellschaft Habermas Hegel Heidegger Heinsohn Hitler Hogefeld Horkheimer Inquisition Islam Justiz Kabbala Kant Kapitalismus Kohl Kopernikus Lachen Levinas Marx Mathematik Naturwissenschaft Newton Paranoia Patriarchat Philosophie Planck Rassismus Rosenzweig Selbstmitleid Sexismus Sexualmoral Sprache Theologie Tiere Verwaltung Wasser Wittgenstein Ästhetik Ökonomie
Schreibe einen Kommentar