12.05.89

Über Gott kann man nicht sprechen; der Gottesname „Ich bin“ ist an die erste Person gebunden, er ist nicht in die dritte Person übersetzbar. Damit hängt es zusammen, daß es von ihm (vom Gottesnamen) eine männliche oder weibliche Fassung nicht geben kann. Das Ich ist weder männlich noch weiblich, es ist nur Ich. Gott ist nicht objektivierbar, er ist für uns nur fassbar im Ich des Anderen; genau das ist die Idee des Heiligen Geistes, der Tröster und Verteidiger ist, d.h. der in der Lage ist, das Ich im Anderen zu erwecken, zu stärken, anstatt zu demütigen, zu verwirren, schließlich zu zerstören.

Die Welt ist alles, was der Fall ist: deshalb darf es eigentlich eine theologische Kasuistik nicht geben. Die Übersetzung der Idee in Fälle ist genau die Form der Säkularisierung der Theologie, die ins Verderben führt, die diese abscheulichen Folgen hat, deren letztes Resultat der Faschismus ist. Der Faschismus ist das letzte Produkt der Objektivation, der falschen Säkularisation der Theologie, ihrer Selbstentfremdung. Er ist insoweit die christliche Häresie. Kasuistik, Sexualangst und Sexualfeindschaft gehören zusammen; nicht zufällig ist die kasuistische Moral in erster Linie Sexualmoral, die Sexualität ihr erster, bevorzugter Anwendungsbereich. Aber nicht als Objekt, sondern als Grund der Kasuistik ist die Sexualität in der Tat ein zentrales theologisches Thema. (Erster Gebrauch des Diktiergeräts)


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