12.10.1994

In seiner Bemerkung über das Licht (in der Naturphilosophie) hat Hegel das entscheidende Moment, durch das das Licht vom Raum, den es hell macht, wie auch von der Finsternis sich unterscheidet, vergessen oder verdrängt: den Blick des andern, den er zu einem Moment des Begriffs, des Allgemeinen, verdinglicht. Die kantischen Antinomien sind der transzendentallogische Ausdruck dieses Blicks.
Ist nicht der Naturbegriff das Feigenblatt der Zivilisation, und der Weltbegriff der Rock aus Fellen? (Und ist der Naturbegriff die Ursprungsgestalt des Tieres aus dem Meere: mit zehn Hörnern und sieben Köpfen; der Weltbegriff die des Tieres vom Lande: es hat zwei Hörner wie ein Lamm und redet wie ein Drache?)
Das Schicksal und die Scham sind die Konstituentien des modernen Naturbegriffs. Gegen die Konstruktion und den Gebrauch des Naturbegriffs steht das Wort, daß man nicht mit einem Rind und einem Esel zusammen pflügen soll (Dt 2210).
Die kantische Vernunftkritik ist ein erster Versuch, die (verbotene) Verknüpfung von Rind und Esel zu lösen.
Der johanneische Logos schließt den Imperativ mit ein, in den prophetischen Symbolen das sprachliche Element zu begreifen. Aber was bedeutet dann der Satz, daß man das Böckchen nicht in der Milch seiner Mutter kochen soll (Ex 2319)? Hängt dieser Satz zusammen mit dem über das Rind und den Esel (verhalten sich beide zueinander wie das Weibliche und das Männliche)? Hat der Bock etwas mit dem Lamm zu tun, und ist die Milch seiner Mutter die Tora? Und richtet sich das Verbot u.a. gegen die Opfertheologie (und gegen den Antijudaismus)?
Bedingungen des Christentums: Der Naturbegriff bindet Ochs und Esel zusammen vor einen Pflug, der Weltbegriff kocht das Böcklein in der Milch seiner Mutter? Was bedeutet es, wenn die Erstgeburt des Esels durch ein Lamm ausgelöst werden sollte?
Erwecken unsere Politiker (und ihre politische Klientel) nicht gelegentlich den Eindruck, daß sie immer noch nicht begreifen, warum wir die Juden nicht haben umbringen dürfen, und verhalten sie sich nicht so, als läge der einzige Grund, der gegen das entsetzliche Verbrechen spricht, im Sieg der Weltmächte, die seitdem (mit der Legitimation des Sieges) die Quelle unseres „Gewissens“ sind?


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