12.3.1995

Welche Anlässe für die Verfolgung Jesu werden in den Evangelien berichtet, und wer verfolgt in wessen Namen oder Auftrag wen in der Apostelgeschichte?
Wer über andere redet, ist zu feige, mit anderen zu reden.
Hegels Bemerkung über den Namen der Geschichte verweist darauf, daß es Geschichte nur als objektivierte Geschichte gibt.
Gehören zu den Visionen die Engel, die sie erläutern?
Der Ursprung des Inertialsystems liegt im Andern, in mir nur insoweit, als ich für Andere ein Anderer bin. Und in den subjektiven Formen der Anschauung, seiner Repräsentanz im Subjekt, ist die ganze Herrschaftsgeschichte enthalten. Im Kontext der Anschauung wird alles zur Erscheinung (zum Objekt und zur Grundlage von Herrschaft).
Die synthetischen Urteile apriori sind Urteile der Andern, die keines Beweises mehr bedürfen, weil ich selbst für Andere ein Anderer bin (weil ich sie selbst vor mir bezeuge). Modell der synthetischen Urteile apriori ist die aristotelische noesis noeseos.
Der Idealismus in jeder Gestalt (der seine Wurzeln in der Mathematik hat) ist der Versuch, den Rechtsbegriff einer Wahrheit zu definieren, die keines Zeugen mehr bedarf.
Gemeinheit ist kein strafrechtlicher Tatbestand: Das Ideal jedes Anklägers ist der Apriori-Beweis (der Indizienbeweis aus reiner Vernunft), dessen transzendentales Subjekt der Staat ist (systemlogischer Grund des Titels Staatsanwalt). Anklageschriften und Plädoyers in Staatsschutzprozessen kommen dem nahe. Wie hängt dieser Apriori-Beweis mit dem Stellenwert und der Logik der Gemeinheit im Recht zusammen?
Ist nicht der Apriori-Beweis der idealistische Erzeugungsbeweis? Der Begriff der Erzeugung ist der Erbe der neuplatonischen Emanation; zwischen beiden liegen der Ursprung und die Geschichte der Naturwissenschaften und die transzendentale Logik.
Unzuchtsbecher der Hure Babylon: War nicht der Hexenwahn eine projektiv verdinglichte Gestalt der Erkenntniskritik, und insoweit ein Vorläufer des modernen Fundamentalismus?
Zielt das „et ne nos inducas in tentationem“ nicht auch auf den Historismus und die Naturwissenschaften (auf den historischen Objektivationsprozeß)?
Bezogen auf die Totalität der mathematischen Naturwissenschaften gibt es nur drei empirische Tatbestände:
– die Dreidimensionalität des Raumes,
– das Gravitationsgesetz und die Gravitationskonstante und
– die Lichtgeschwindigkeit und das Prinzip der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit.
Liegen nicht die Wurzeln dieser drei empirischen Totalitätsbestimmungen in der ersten: in der Dreidimensionalität des Raumes, in seiner Beziehung zur Zeit? Bezeichnen sie nicht Abstraktionsstufen, die in der Struktur des Raumes vorgezeichnet sind? Insgesamt weisen alle drei zurück auf den „ursprünglichen“ Abstraktionsschritt: auf die Subsumtion der Zukunft unter die Vergangenheit.
Zum Prinzip der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit: Niemand kann über seinen eigenen Schatten springen, niemand kann sich selbst überholen, und niemand kann hinter seinen eigenen Rücken gelangen.
Gehört dieser erste Abstraktionsschritt zum siebten Siegel, mit dessen Lösung die der sechs anderen, die auf die Richtungen des Raumes sich beziehen, beginnt; liegt hier der Knoten, den Alexander nur durchschlagen hat (Joch und Last: ihre Identifikation gehört zu den Wurzeln des Staates, während die Erkenntnis ihrer Asymmetrie die Prophetie freisetzt)?
Die Objektivation des Vergangenen, und damit die Konstitution des Objektbegriffs überhaupt, gelingt nur im Kontext der Subsumtion der Zukunft unter die Vergangenheit. So stützen der Historismus und die Objektivation der Natur sich gegenseitig. Genau an dieser Stelle wird die Gotteserkenntnis storniert. Erst mit der Umkehr dieser Logik: mit der Erinnerung des Unabgegoltenen in der Vergangenheit (des nicht aufgehobenen Unrechts, des unabgegoltenen Leidens und der unerfüllten Verheißungen), mit dem Blick der Barmherzigkeit, löst sich der Bann. Hier liegt das von der Orthodoxie bisher nur vergrabene Talent.
Der Begriff der Sünde der Welt bezeichnet genau diesen Zusammenhang der Objektivation des Vergangenen mit der Subsumtion der Zukunft unter die Vergangenheit. Die Sünde der Welt auf sich nehmen (nicht hinwegnehmen), das ist die Voraussetzung der Lösung der sieben Siegel; hierauf bezieht sich das Wort vom Binden und Lösen. Auf dieses Konzept der Rettung der vergangenen Zukunft beziehen sich die drei evangelischen Räte.
Erinnerungsarbeit: Das Gottsuchen befreit Kräfte, die in die Vergangenheit wirken, sie in die Gegenwart holen.
Paulus hat die sieben Siegel zu Archonten, zu Elementargeistern gemacht. Das Werk Jesu endete mit dem Kreuzestod, das des Paulus begann mit dem Mord des Stephanus. Paulus mag ein Instrument der Vorsehung gewesen sein, aber das Nachfolgegebot bezieht sich nicht auf ihn, sondern auf Jesus den Nazoräer.
Die Geschichte der Aufklärung, an der die Theologiegeschichte seit den Kirchenvätern ihren Anteil hat, war ein Instrument der Instrumentalisierung, der Verdinglichung, die sie durch den Objektivationsprozeß bewußtlos weitergetrieben hat (und noch weitertreibt). Auf diesen Prozeß antwortet die gottsuchende Theologie mit dem verteidigenden, dem parakletischen Denken. Bezieht sich nicht hierauf das Wort von der Sünde wider den Heiligen Geist, die weder in dieser noch in der zukünftigen Welt vergeben werden kann? Verteidigendes Denken sprengt den Bann des instrumentalisierenden Denkens: begründet die Geistesgegenwart der Prophetie.


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