Wie hängen die subjektiven Formen der Anschauung, das Geld und das Bekenntnis zusammen? Wie verhalten sie sich zum Gesamtkonstrukt des Herrschafts-, Schuld- und Verblendungszusammenhangs (des Feinddenkens, des Sexismus und der paranoiden Verräterfurcht)? Lassen sich aus der historischen Analyse und Kritik der Geldwirtschaft und des entfremdeten und instrumentalisierten Christentums Hinweise für die Entschlüsselung des Banns gewinnen, unter dem die Natur steht? Bezeichnet der dem Bekenntnisbegriff zugrundeliegende Begriff der Orthodoxie mehr als nur ein zufällig und willkürlich zusammengestelltes Dogmenkonstrukt, ohne daß allerdings die darin verborgene natur- und herrschaftsgeschichtliche Logik zu ihrer Erklärung des Rückgriffs auf das Wirken des Heiligen Geistes oder auf eine göttliche Vorsehung bedürfte.
Wie es scheint, nutzt die katholische Kirche die Abtreibungsdebatte
. einerseits als Mittel, endlich wieder einen archimedischen Punkt zur moralischen Weltbeurteilung zu gewinnen, als Medium der Urteilslust, der sie rettungslos verfallen ist, weil an sie im Verblendungszusammenhang die Erhaltung des Selbstgefühls gebunden zu sein scheint,
. zum andern aber als Alibi, um ihre Schuld und ihr vollständiges Versagen angesichts des realen apokalyptischen Weltzustands zu verbergen (das Alibi ist aber nur noch ein Alibi vor sich selbst; alle anderen sehen es zwar nicht, sind aber als Häretiker abgeschrieben).
Dahinter steht die paranoide Theologie, die die Katastrophen aus der Sittenverderbnis der Völker herleitet anstatt aus den Tendenzen ihrer realen Lebensbedingungen. Wenn darüber hinaus die These stimmt, daß in jedem Feindbild ein Stück Projektion steckt, müßte die Abtreibungsdebatte eigentlich
. Aufschluß über den Zustand der Kirche geben: So wütend reagiert nur, wer sich selbst getroffen fühlt.
13.06.91
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