Die Berufung auf Adam in der Vorrede zum „Ursprung des deutschen Trauerspiels“ ist ambivalent. Die Benennung der Tiere durch Adam war die Aufhebung der Gemeinschaft mit ihnen, der erste Akt ihrer Objektivierung und Unterwerfung. In den Tieren erkannte Adam seine Einsamkeit, und die Tiere sahen sich erkannt von einem, mit dem sie keine Gemeinschaft hatten. Hat nicht Adam schon „gebunden“, und war das nicht die „Sünde der Welt“, auf die Joh 129 (und das Wort vom Binden Lösen bei Mt) sich bezieht?
Die Verführung des Beamten: Er gewinnt sein Selbstbewußtsein aus einer Tätigkeit, die ihn zugleich exkulpiert. Er ist nur ein unschuldiges Rädchen im Getriebe der staatlichen Verwaltung, hat aber kraft der ihm obliegenden „hoheitlichen Aufgaben“ zugleich teil am Gewaltmonopol des Staates. Er vertritt den Staat, der ihm zugleich die Last der Verantwortung für sein Tun abnimmt, gegen seine Bürger. Das Resultat ist eine Mischung aus Verantwortungslosigkeit und Allmachtsphantasien.
In einer Welt, in der es Ziele nur noch in der Gestalt von Mitteln, die zu Selbstzwecken geworden sind, gibt, kann die Humanität des Handelns nicht mehr an den Zielen, sondern allein an den Mitteln gemessen werden.
„Gesegnet sei mein Volk Mizrajim, meiner Hände Werk Aschur, und mein Erbe Jisrael.“ (Jes 1925) War nicht Mizrajim das aus den Zwängen der kollektiven Selbsterhaltung hervorgegangene Sklavenhaus, Aschur die aus Verteidigungszwängen hervorgegangene brutale Militärmacht?
Zwischen der griechischen und lateinischen Sprache liegt die Wasserscheide des Dogmas. Wenn die griechische Sprache eine prädogmatische und die lateinische eine postdogmatische Sprache ist, was hat es dann zu bedeuten, wenn im Deutschen der bestimmte und der unbestimmte Artikel, im Griechischen, das den unbestimmten Artikel nicht kennt, der bestimmte Artikel der Deklination unterliegt, während das Lateinische überhaupt keinen Artikel kennt? Dem griechischen zoon politikon entspricht in der Sprachlogik des Lateinischen die res publica, wobei die res dem pragma entspricht; erst im Deutschen werden Ding und Sache getrennt, Reflex der Trennung von Objekt und Prädikat, des bestimmten und unbestimmten Artikels.
Krankte nicht die 68er Bewegung daran, daß sie Verwaltung und Recht aus der herrschaftskritischen Reflexion ausgeschlossen (oder sie schlicht vergessen) hat? Verwaltung und Recht waren für sie ein Stück Natur, das für sie nur gegeben und hinzunehmen, dann im „Marsch durch die Institutionen“ auch zu nutzen war. Beide, Verwaltung und Recht, verkörperten eine objektive Gesetzmäßigkeit, die falsch angewendet werden konnten, deren richtige Anwendung demnach allein von den Personen abhing, die dieses Instrumentarium beherrschten. In der instrumentalisierten Welt waren die Instrumente naturgegeben, jede Erinnerung an ein An-sich getilgt.
Das Geschlecht bezeichnet ebensosehr einen biologischen wie einen sprachlichen Sachverhalt. Der Idealismus, der mit Hilfe der Sexualmoral den biologischen Anteil leugnet, ist frauenfeindlich, der Biologismus, der den sprachlichen Anteil leugnet, männerfeindlich.
Die Vergöttlichung der Heroen hat der Erkenntnis Gottes, der Heiligung Seines Namens, den Weg versperrt.
Die Unfähigkeit, mit Fehlern umzugehen (Fehler einzugestehen), die Tendenz aus einmal gemachten Fehlern feste Eigenschaften abzuleiten („wer einmal lügt, dem glaubt man nicht“), der Rechtfertigungszwang und die unaufhebbare Ungeduld, die Unfähigkeit, eine Sache reifen zu lassen, gründen in der Logik des Weltbegriffs: sie hängen mit der Verschiebung des Perfekts in die Vergangenheit zusammen, mit der Subsumtion der Zukunft unter die Vergangenheit. Der Rassismus ist der genaueste Ausdruck der Logik des Weltbegriffs (Ableitung der Sexualmoral!).
13.10.1995
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