Auch das Lachen ist (wie die Gewalt) eine Form der sprachlichen Beziehung: es drückt etwas aus und teilt etwas mit; auffällig ist die Verwandschaft mit der Urteilsform (es stellt eine intersubjektive Objektbeziehung her: Lachen ist „ansteckend“, d.h. es appelliert an das Mitlachen anderer, und Lachen ist immer Lachen über etwas); es wirft so ein Licht auf die sprachliche Urteilsform, in der das Lachen (als Objekt-konstituierend und Subjekt-begründend) gleichsam drinsteckt. M.a.W. die theoretische Erkenntnis ist nicht affektlos; sie ist Teil einer praktischen Beziehung zum Objekt, die es zu entschlüsseln gilt. Anklage und Verteidigung, Herrschaft und Solidarität, Objektivierung und Empathie beeinflussen nicht nur die Form, sondern auch den Inhalt der Erkenntnis, wobei anklagendes, richtendes (Herren-) Denken immer den Vorteil daraus zieht, daß Unschuld vor Lachenden sich nicht verteidigen läßt; Lachen befördert Herrendenken.
Es besteht Grund zu der Annahme, daß zu den Konstituentien des transzendentalen Subjekts und der vergegenständlichten Welt das Lachen gehört; und daß dieses Lachen sich unmittelbar in den transzendentalen Anschauungsformen ausdrückt (es ist so zugleich der Grund der Unerkennbarkeit der Dinge an sich: Lachen „befreit“ von der Verzweiflung durch Verdrängung – und Stabilisierung – ihres Grundes; Genese des „pathologisch guten Gewissens“; Lachen und kopernikanische Wende: Lachen vertreibt die Engelscharen; Lachen als Projektion und als Systemgrund der kantischen Antinomien der Vernunft). Vgl. Büchners Hinweis im „Lenz“ über den Zusammenhang von Lachen und Atheismus und Nietzsches „Fröhliche Wissenschaft“, in der zum erstenmal der „Tod Gottes“ verkündet wird. Lachen als Stabilisierung der Empörung, oder: weshalb Satire und Kabarett nichts ändern. – Es ist kein Zufall, wenn an keiner Stelle im Neuen Testament darüber berichtet wird, daß Jesus gelacht hätte. Wer so wehrlos, angstfrei und souverän die Sünde der Welt auf sich nimmt, dem ist das Lachen (als Grund dieser Welt) vergangen. (Weshalb lacht Sara? – Lachen im AT?)
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