14.02.93

Es gibt eine Steigerung, die verharmlost. Dazu gehört das Dogma von der Göttlichkeit Jesu.
Falsch ist im Anblick von Auschwitz die Identifikation mit den Opfern; wichtig ist sie allein im Kontext der Selbstreflexion der Täter. Gilt das nicht auch für den Kreuzestod Jesu?
Ist nicht die Dogmatik ein falsches (verdinglichtes) Metaphern-Konstrukt?
Die Entdeckung der sogenannten Tiefenzeit, die Verlängerung der Chronologien, zerstört den Gegenstand der Erinnerung: falsche Zärtlichkeit für die Welt.
Wer unfähig ist zur Schuldreflexion, muß alles, was von außen an Schuld erinnert, als Angriff, als Beleidigung erfahren. Deshalb sucht er es zu beseitigen, bis hin zu Vernichtung. Das hat insbesondere den Charakter des Wiederaufbau der deutschen Städte, in denen nichts mehr an die Vergangenheit erinnern durfte, bestimmt, es erscheint aber auch in den Gräberschändungen der Rechten nach Auschwitz.
Die Kirche bekennt mit den Lippen, Jesus sitze zur Rechten des Vaters. Sie handelt so, als säße er zur Linken: sie hält den umgestülpten Handschuh für den richtigen.
Das Buch Jona bezieht sich auf den Anfang der Kirche: Ninive wird nicht zerstört (angesichts der 120000, die rechts und links nicht unterscheiden können, und so viel Vieh). Aber daneben steht (im katholischen Kanon) das Buch Tobit, und da wird der Fisch erlegt, Sara vom Dämonen Asmodai befreit, das Symbolum eingelöst, Tobit von der Blindheit geheilt und am Ende Ninive doch zerstört. Wird hier nicht das Ende der Kirche beschrieben?
Der Weltbegriff stammt aus der Geschichte der Idolatrie, das Inertialsystem aus der der Inquisition.
Was die Philosophie mit dem Mythos gemacht hat, hat die christliche Theologie (und zwar schon die Vätertheologie, mit Hilfe des Dogmas und der Orthodoxie) mit der Prophetie gemacht. Die Theologie hat die Philosophie gerettet, aber die Prophetie verraten. Die Orthodoxie war ein Mittel, gegen den Einspruch der Prophetie den Objekt- und Realitätsbezug der Philosophie zu retten. Aber er wurde nicht nur gerettet: Durch ihre Beziehung zur Prophetie hat sich mit der Theologie (im Kontext der Verinnerlichung des Opfers) der Objektbegriff so geändert, daß erst danach der Ursprung des Kapitalismus und des Inertialsystems möglich war.
Ist nicht Sebastian ein griechischer Augustinus?


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