Privateigentum ist durch Raub, Erbschaft oder Tausch erworbenes fremdes Eigentum. Die Urform der Aneignung ist der Raub, der durch den Tausch nur reversibel gemacht worden ist. Diese Reversibilität ist das logische Fundament des Privateigentums, der Säkularisationsprozeß der Prozeß der Herstellung und universalen Durchsetzung dieser Reversibilität (Grund des Weltbegriffs). Das Armutsgebot (in der Fassung der indischen Mystik: Mein ist dein, und Dein ist dein) gründet in der (nicht moralischen, sondern logischen) Kritik dieser Reversibilität und hält die Einsicht in die Asymmetrie des Eigentumsbegriffs fest: Eigentum gründet nicht in der Unmittelbarkeit des Besitzens, sondern in der Anerkennung durch andere (seit dem Ursprung der Zivilisation in der staatlich organisierten Anerkennung des Privateigentums durchs Recht).
Das Armutsgebot rührt an die Ursprungsgeschichte des Weltbegriffs, hält diese Ursprungsgeschichte und damit den Weltbegriff selber (die „Sünde der Welt“) reflexionsfähig.
Die staatlich organisierte Anerkennung des Privateigentums ist der logische Grund der Entfaltung der Raumvorstellung, der „subjektiven Formen der Anschauung“. Der Ursprung und die Entfaltung der mathematischen Naturwissenschaft sind in die Geschichte des Ursprungs und der Entfaltung der staatlichen Institutionen verflochten.
Der Levinassche Satz über die Attribute Gottes, die nicht im Indikativ, sondern im Imperativ stehen, gilt auch in der umgekehrten Anwendung (als Grundlage der Kritik der Idolatrie): Der Gott des Anklägers ist der Ankläger, der des Richters ist der Richter. Der Götzendienst war die erste projektive Verkörperung des Rechtfertigungszwangs – sein Preis war die Schicksalsidee -, das begriffliche Denken die zweite.
Isolationshaft: Mit der Vergesellschaftung von Herschaft ist der horror vacui zu einem Instrument des Terrors geworden.
Der Name der Barbaren gehört zur Präventivideologie des antiken Imperialismus, der der Wilden zur Präventivideologie des modernen Kolonialismus.
Die Habermassche Intersubjektivität gründet in der Abstraktion vom Gesicht, sie sperrt das Subjekt ein ins Für-sich-Sein des Nebeneinander, in dem alle nur Objekte für einander sind. Darin gründet sein Universalismus, ein Universalismus der Theorie, gegen den die Theologie den Universalismus der Lehre setzt.
Die Leugnung des Gesichts ist der Preis für die Anerkennung der schlechten Unendlichkeiten der subjektiven Formen der Anschauung.
Hat der Rock aus Fellen, den Gott den ersten Menschen zur Bedeckung ihrer Blöße gab, etwas mit den Schuppen der Fische zu tun, die gegessen werden dürfen? Wie wird die Haut des Leviatan und des Behemoth im Buch Hiob beschrieben?
Zum Menschensohn auf den Wolken:
– Erscheint der Menschensohn nicht an der Stelle, an der bei Noe der Bogen in den Wolken stand?
– Sind die Wolken nicht die Manifestation der Herrlichkeit Gottes am Tag (die in der Nacht als Feuersäule erscheint)?
Hat Adornos „Eingedenken der Natur im Subjekt“ etwas mit dem zu tun, was Schelling in den Weltaltern die „Demut der Materie“ genannt hat?
Himmel und Erde: Bäume ziehen ihre Lebenskräfte nicht nur aus der Erde, sondern ebenso auch aus dem Himmel.
Was dem Bischof sein Kreuz, ist dem Arzt sein Stethoskop. Und warum müssen Richter und Priester bei ihrer Tätigkeit sich verkleiden?
GSG 9: Die Autonomen des Staates.
Sollte nicht auch die raf einmal überlegen, ob und in welchem Maße sie zum Lehrmeister dieses Staates geworden ist? Die einzige Waffe, gegen die der Staat ohnmächtig ist, ist die der Reflexion.
Es sollte nicht vergessen werden, daß das Recht (wie im Auschwitz-Prozeß) auch als Instrument der Aufklärung genutzt werden kann. In Staatsschutzprozessen ist es zu einem Instrument der Gegenaufklärung geworden. Die Gründe sind analysierbar.
In jeder Verurteilung steckt ein Keim der Paranoia, der nur durch Reflexion unschädlich zu machen ist. So wie ein Gericht keinen Beschluß fassen dürfte, bevor es nicht der Selbstaufklärungspflicht nachgekommen ist (einer Pflicht, die der 5. Senat nachweislich verletzt hat, als es Hubertus Janssen als einen, „der sich selbst als Pfarrer bezeichnet“, bezeichnete). Zur Selbstaufklärungspflicht eines Gerichts, scheint mir, gehört auch der erkennbare Wille und die Fähigkeit, sich in den Angeklagten hineinzuversetzen. Wer das vorab verdrängt, macht den Angeklagten zum Feind und begibt sich selbst der Möglichkeit, zu einem objektiven Urteil zu gelangen. Würde es nicht auch zu den Selbstaufklärungspflichten des Gerichts gehören, wenn es schon eine Anklage zuläßt, die den Vorwurf des Mords und des versuchten Mords (an Newrzella u.a.) mit beinhaltet, daß die Umstände der Todesschüsse in Bad Kleinen insgesamt aufgeklärt werden? Wenn ein wesentlicher Teil des Geschehens durch Gerichtsbeschluß von der Beweiserhebung ausgeschlossen wird, heißt das nicht, daß das Gericht sich selbst von seiner Aufklärungspflicht entbindet? Erklärt hiermit nicht das Gericht, daß es in diesem Punkte an der Wahrheitsfindung nicht interessiert ist?
14.1.96
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