15.03.94

Geschäft: Sprachlich abgeleitet von „schaffen“, bezeichnet es die schlecht unendliche (Schöpfungs-)Tätigkeit, während das Geschöpf (säkularisiert, gleichsam schlecht verunendlicht, als Ding, Ware) das Werk bezeichnet. Auch das Geschäft ist ein Sechs-Tage-Werk. Das Geschäft leitet sich ab von dem stark konjugierten Verb „schaffen“ (schuf), das Geschöpf von dem schwach konjugierten „schöpfen“ (schöpfte). Liegt der Grund für die Unterscheidung von starken und schwachen Verben darin, daß jene die Tätigkeit bezeichnen, während diese das Produkt bezeichnen?
Hängt die Unterscheidung von starken und schwachen Verben mit der Trennung von Ding und Sache zusammen, sowie mit der Verstärkung der Bedeutung der Personalpronomina und der Verwendung der Hilfszeitwörter?
Ist das „Geschäft“ nicht gleichzeitig ein substantiviertes Suffix (das substantivierte „-schaft“), ein Suffix das zur Bildung von Abstrakta wie Wissenschaft, Gesellschaft u.ä. verwendet wird?
Sind die Prä- und Suffixe insgesamt Abkömmlinge der Determinanten (und zugleich Voraussetzungen der flektierenden Sprachen, zu deren grammatischer Durchbildung sie unentbehrlich gewesen sind)? Und war dazu die historische Voraussetzung die Bildung der agglutinierenden Sprache: das heute sogenannte „Sumerische“, nach Heinsohn das Chaldäische? Hat die besondere Qualifikation der „Chaldäer“ im Altertum, wenn Astrologen (und Weissager, vgl. das Buch Daniel) generell Chaldäer hießen, hier ihren sprachlichen Grund?
Merkwürdiger Sachverhalt, daß das Präfix Ur-, das im Urteil, in der Urgeschichte, in der Ursache vorkommt, und hier jeweils das Erste, „Ursprüngliche“ bezeichnet, zugleich den Namen der Stadt bezeichnet, aus der Gott Abraham herausgerufen hat: Ur in Chaldäa? Im Deutschen gibt es ähnlich wie das Eigentümlich auch das Urtümliche (sowie das Ungetüm und das Deutschtum): Steckt darin nicht die Rückkehr in den Ort, aus dem Abraham ausgezogen ist? Hängt dieses „Ur“ nicht mit dem Präfix „er-“ zusammen (erscheinen, erschaffen, errichten u.ä.); und in welcher Beziehung steht dieses Präfix zum Personalpronomen 3. Pers. sing. mask.: er?
Die Erscheinung ist ein Produkt der Urteilsform: das Gesetz der Subsumtion unter die Vergangenheit.
Der Bereich, auf den die benennende Kraft der Sprache (und damit auch die Benennung der Tiere durch Adam) sich bezieht, ist die Zukunft: in der Vergangenheit auf die uneingelöste Zukunft. Deshalb steht die Erkenntnis der Vergangenheit unter dem Schuldspruch des Urteils; und deshalb heißt die Dinge beim Namen nennen: die Schuld nicht verschweigen. In dieser zeitlich-logischen Konstellation konstituiert sich der Begriff des Bekenntnisses. Und aus dem gleichen Grunde findet die benennende Kraft der Sprache ihre Erfüllung im Namen Gottes. Die trinitarische Vergöttlichung Jesu (des Logos) ist der falsche Ausdruck dieses Sachverhalts (der die Übernahme der Sünde der Welt und das Bekenntnis oder die Heiligung des Namens voraussetzt und mit einschließt). Der Heilige Geist (oder der Geist der Prophetie) ist das Medium, in dem die benennende Kraft der Sprache sich erfüllt (Preisfrage: Ist der Heilige Geist eine Person?).
Werden in den Museen die Kunstwerke nicht auf ähnliche Weise domestiziert (und neutralisiert, depotenziert) wie die Tiere im Zoo (und die „Eingeborenen“ in den Kolonien)?
Hat die Forderung, daß endlich mit der Erinnerung an die Kriegsschuld, an Auschwitz und den Judenmord Schluß sein müsse, daß die Deutschen nicht immer im Büßerhemd herumlaufen könnten, nicht doch sehr viel mit der opfertheologischen Verarbeitung des Kreuzestodes mit der daraus abgeleiteten Vorstellung der Sündenvergebung, die nur zwischen dem Sünder und dem Priester sich abspielt, aber die Opfer draußen vor hält, sie nicht mit einbezieht) zu tun?
Aber vertritt die Kirche nicht in der Tat alle Opfer (und ist das nicht der Sinn des corpus Christi mysticum wie auch der Übernahme der Sünde der Welt), und brauchte es nicht nur des Bewußtseins davon, um den Bann zu lösen, unter dem die Kirche steht (und die Sensibilität und Erinnerungsfähigkeit wiederherzustellen)?
Wenn das Objekt, aus dessen Begriff die Erscheinungen hervorgehen, der Spiegel- und Quellpunkt des endlichen Wissens ist, wäre das nicht konkret anzuwenden auf den Mond: daß in ihm (als Grenze der sub- und translunarischen Welt) die Lösung des Problems des Planetensystems steckt? Anzuwenden auf den Mond, der über die Nacht herrscht.
Wurde die Verwirrung, die die deutsche Sprache beherrscht (sie ihrer benennenden Kraft beraubt), damit besiegelt, daß im Deutschen die Sonne feminin und der Mond maskulin ist?


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