16.03.91

Das Selbstverständnis des BKA, es sei die „objektivste Behörde der Welt“, trifft insoweit zu, wie auch das „Fertigmachen“ eine der objektivsten Handlungen ist. Diese Institutionen (die Ermittlungsbehörden) scheinen eine Objektivität anzustreben, die – wie auch der wissenschaftliche Objektivitäts- und Erkenntnisbegriff – menschliche Regungen grundsätzlich ausschließt. (Vgl. die Mitteilung des BKA über die Abhörung unseres Telefons.) Wäre hier noch ein Funken Leben drin, müßte man sagen, sie seien der lebendige Beweis dafür, daß Gemeinheit nicht justifiziabel, kein Tatbestand des Strafrechts, ist. Hier kann man die Wirksamkeit der objektivierten Gemeinheitsautomatik (die Selbstimmunisierung gegen die Wahrnehmung der Nebenwirkungen der eigenen Handlungen) studieren.
Der schlimmste Effekt dieses Anklagedrucks ist die Selbstrechtfertigung, die die Denunziation mit einschließt (Kronzeugenregelung: die Physik ist die Denunziation als System, und hier – so scheint es – sind mittlerweile alle Dämme gebrochen).
Nachdem das zweite Moment der Schuldverarbeitung, die jenseitige Gerechtigkeit, die u.U. die diesseitige auch korrigierte, verschwunden, und nur das Recht übriggeblieben ist, ist das Strafrecht endgültig grundlos und böse geworden.
Die Differenz zwischen dem Rosenzweigschen und dem Heideggerschen Volksbegriff enthält die Geschichte dieses Jahrhunderts.
Die Selbstbezeichnung „Wir Deutschen“ bezieht das Subjekts in den Objektivationsprozeß mit ein – in die Erkenntnis hinter dem Rücken (das fatale Erbe des deutschen Idealismus). Die insbesondere in der jüngeren katholischen Philosophie anzutreffende Verwechslung von transzendent und transzendental hängt damit zusammen. Der unkritische theologische Gebrauch des Begriffs des Transzendentalen ist von jener hybriden Bescheidenheit, die den heutigen Katholizismus so unerträglich macht (und die zu den Grundlagen des Faschismus gehört: Ausdruck der Identifikation mit dem Aggressor; Grundlage der falschen Exkulpierung und der faschistischen Selbstnobilitierung).
Er ging hin und weinte bitterlich: Ausdruck der Erschütterung, die das verdinglichte Dogma aufsprengt und seinen Inhalt wieder zum Leben erweckt.
Der Mißbrauch der Offenbarung und des Glaubens im Bekenntnis, der Eckstein, den die Bauleute verworfen haben: die Nachfolge.
Mein Leben, mein Handeln ist ein Teil des Systems, das den Schuldzusammenhang transportiert, weiterbefördert.
In der dogmatischen Trinitätslehre wird der Inhalt durch die Form geleugnet.
Die Bestreitung der Existenz ist tatsächlich deren Bestreitung.


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