Apokalyptische Motive (gegen den Begriff „apokalyptische Stimmung“): – Sodom, Jericho und Gibea; in allen drei Fällen endet die Aggression gegen Fremde mit der Zerstörung der Städte; – die Ham/Kanaan-Geschichte; die aufgedeckte Blöße und die Knechtschaft (vgl. Sonnemanns Begriff der „Knechtsgesinnung“; „Das Land der unbegrenzten Zumutbarkeiten“ ist eher ein apokalyptisches Buch als Anders‘ „Antiquiertheit des Menschen“). Es geht nicht um eine apokalyptische Stimmung, die eher Gegenstand der apokalyptischen Erkenntnis ist, auf keinen Fall aber ihr Grund; Ziel wäre vielmehr die Aufdeckung des rationalen Elements in der Apokalypse (Beziehung zur Prophetie, zum Ursprung des Staates und des Weltbegriffs). Einwürfe 2 (Jürgen Ebach), S. 9: Die Apokalypse ist kein „mythischer Name“ des Grauens, sondern der Name des Versuchs, das Grauen rational zu durchdringen (vgl. Jeremias‘ „Grauen um und um“). Nicht „den geheimen Verlauf der Geschichte zu enthüllen“ (S. 12), sondern die Aufdeckung des durch den Geschichtsverlauf Verhüllten ist das Ziel der Apokalypse. „Das offene Heraussagen dessen, was ist“ (S. 13): Entscheidend ist der Aktualitätsbezug, der „Zeitkern der Wahrheit“. Vorstellbar wäre der Begriff einer „apokalyptischen Theologie“, die diesen Gegenwartsbezug, die endgültige Abweisung des „Überzeitlichen“, aufnimmt und realisiert. Der Weltbegriff (oder auch der Begriff) gründet in der Verräumlichung der Zeit, der Naturbegriff (oder die Objektvorstellung) in der Verzeitlichung des Raumes. Die Polis war die Gemeinschaft von Privateigentümern; das gemeinschaftsgründende Prinzip der Polis ist im Bekenntnisbegriff verinnerlicht worden. So wie es eine Polis ohne den Namen der Barbaren nicht gibt, gibt es auch den zugehörigen Begriff des Allgemeinen nicht ohne Paranoia; diese Allgemeinheit mündet direkt in der Gemeinheit. Rechtfertigungszwang, Paranoia und Projektionszwang bilden ein System. Bezieht sich die babylonische Sprachverwirrung auf die Entstehung verschiedener Sprachen oder auf die eines internen Zustands der Sprache (auf eine veränderte Sprachlogik: auf den Beginn der Selbstzerstörung der Sprache, die Neutralisierung ihrer benennenden Kraft)? Der Weltbegriff ist der Inbegriff einer Logik, die unsere Erfahrung organisiert, wobei in die Struktur dieser Logik die drei Momente: Rechtfertigungszwang, Paranoia und Projektionszwang, mit eingehen. Ist nicht der Begriffsrealismus, für den jeder Ausländer die Verkörperung des Auslands (und jeder Jude die des Judentums) ist, die sich dann auch noch zu Richtern über uns machen, ein Erbe der christlichen Theologie? Entscheidend die Erkenntnis, daß die christliche Theologie insgesamt in die Dialektik der Aufklärung verstrickt ist, und zwar durch ihren dogmatischen, durch ihren Absolutheitsanspruch. Dagegen steht ein theologischer Erkenntnisbegriff, der vom wissenschaftlichen, den er voraussetzt, – durch den Begriff der Umkehr, – durch das benennende gegen das begriffliche, subsumierende Element, – als Erkenntnis im Angesicht Gottes, gegen die objektiverende Erkenntnis (hinter dem Rücken), – durch das herrschaftskritische Element (durch die Kritik des Weltbegriffs) sich unterscheidet. Dieser Erkenntnisbegriff zielt ab auf die Einheit von Erkenntnis und Gebet.
16.5.1994
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