Zu Orion und den Plejaden, „deren Verschwinden die Trockenheit anzeigt“, sh. Loretz, Ugarit, S. 164 (Anm. 535). – Kommen Orion und die Plejaden auch in „Saturn und Melancholie“ vor?
Die Astrologie war eine an den Himmel projizierte Gesellschaftstheorie. Und das Verbot der Astrologie hängt sicherlich auch damit zusammen, daß mit fortschreitender Säkularisation die gesellschaftliche Reflexion mit einem Tabu belegt wurde.
Der Name des Menschensohns ist antitotemistisch. Freud: „Totem und Tabu“ prüfen: Enthält es den Schlüssel zum Rätsel des apokalyptischen Tieres?
Erst, wenn das „interesselose Wohlgefallen“, das kantische Prinzip der Kunst, aus der passiven in die aktive Form: in die Liebe übersetzt wird, wird die Grenze zur Theologie überschritten.
Die Kabbalah unterscheidet sich von der christlichen Mystik dadurch, daß sie keine Vereinigungsmystik ist, daß sie die keusche Distanz zu Gott (die Distanz der Keuschheit) wahrt.
Im Zuge seiner Hellenisierung hat das Christentum die Sprachwurzeln der Metaphorik durchschnitten; besiegelt wurde dieser Akt durch die Rezeption des Weltbegriffs: Liegt hier der Grund der Vereinigungsmystik, der Unkeuschheit der christlichen Theologie?
Der Weltbegriff hat die Trunkenheit und die Unzucht im Kern, er ist in sich selber orgiastisch. Der Taumelbecher und die Hurerei bezeichnen eher ein logisches als ein moralisches Problem: einen herrschaftslogischen Sachverhalt (die „Sünde der Welt“).
Die Probleme der Physik, der Naturwissenschaften, des Inertialsystems, sind allein mit Hilfe der drei evangelischen Räte zu lösen.
Ist nicht die Josefs-Geschichte eine Erläuterung zu Hegels Satz, wonach die bürgerliche Gesellschaft bei all ihrem Reichtum nicht reich genug ist, der Armut und der Erzeugung des Pöbels zu steuern? Und gehört nicht die Josefs-Geschichte zur Urgeschichte der Marxschen Kapitalismus-Kritik?
Nach Walter Benjamin ist die jeweils jüngst vergangene Mode das Veraltetste. Ist das nicht ein Kehrbild des anderen Sachverhalts, daß im historischen Prozeß das Allerälteste, der Anfang, sich nicht immer weiter von uns entfernt, sondern immer näher an die Gegenwart heranrückt?
In der Konstitution und Begründung der subjektiven Formen der Anschauung steckt nicht nur ein psychologisches, sondern ein kosmologisches und politisches Problem zugleich.
Hat das Bild von den vier apokalyptischen Reitern etwas mit dem anderen Bild von dem wie eine Buchrolle sich aufrollenden Himmel zu tun?
Das Hosanna in excelsis im Sanctus ist falsch: Hier wird ein Hilfeschrei als Jubelruf mißverstanden.
Oswald Loretz (S. 169) sieht in Ps 19A einen Widerspruch darin, daß, nachdem die Himmel und das Firmament laut die Herrlichkeit ihres Schöpfers verkünden, dann in V 4 – so Loretz – „folgende gegenteilige Behauptung aufgestellt“ wird:
Keine Worte, keine Sprache,
nicht vernimmt man ihren Laut!
Er unterschlägt dabei, daß unmittelbar davor der Vers steht:
Tag dem Tag sprudelt Worte,
Nacht der Nacht kündet Wissen.
Könnte es nicht sein, daß die Sprache dem Tag und (ebenso wie das Denken und das Wissen und gemeinsam mit ihnen) die Stummheit, die Lautlosigkeit, der Nacht zuzuordnen sind, daß das Wissen dem Schlaf entspricht, am Traum partizipiert? Ist das Wissen die „Kunde der Nacht“, die die Tage (siebenfach) voneinander scheidet (die Finsternis über dem Abgrund und das Warten auf die Morgenröte und den Hahnenschrei)?
18.01.94
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