18.12.90

Bekenntniszwang, Wut und Selbstmitleid, oder über das Verhältnis des Bekenntnisses zu den Formen der Anschauung (zum Inertialsystem): Das Zwangsbekenntnis befreit, erlöst den Bekennenden ebensowenig wie die Arbeit die unbearbeitete Natur, das rohe Naturobjekt; er erzwingt vielmehr die Anpassung und eine mittlerweile unerträgliche Verdrängungsleistung, die die Grundlage war für die Einbeziehung der Menschen in den Zivilisationsprozeß. Ausdruck und Folge dessen ist die selbstzerstörerische oszillierende Mischung von Wut (nach außen) und Selbstmitleid (nach innen), die die Grundlage bilden für die massenhafte Verbreitung des autoritären, faschistischen Charakters (Reflex des Inertialsystems im Subjekt). Die Wirkungslosigkeit der gesellschaftskritischen Aufklärung ist begründet in der Unfähigkeit, die Natur in diesen Aufklärungs-und Reflexionsprozeß mit einzubeziehen. Die Relativierung der naturwissenschaftlichen Erkenntnis, die Einsicht in ihre Abhängigkeit vom gesellschaftlichen Prozeß, vom Prozeß der gesellschaftlichen Naturbeherrschung (in die das naturbeherrschende Subjekt mit verflochten ist), vermag vielleicht den Bann zu lösen.


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