18.3.96

Die Vorstellung, daß die Dinge von außen in den Raum hineinkommen, gründet in der Form des Raumes selbst: er ist die Form der Äußerlichkeit; im Raum beziehen sich die Dinge nur äußerlich auf sich selbst. Das Inertialsystem ist das Formgesetz dieses Sich-auf-sich-selbst-als-ein-Anderes-Beziehens. Ist diese Äußerlichkeit nicht zugleich eine politische, steckt darin nicht die Urgeschichte der Warenform, an den Ursprung des Handels in Raub und Krieg? Der erste Handel ist Außenhandel, Fernhandel; die ersten Waren waren die gefangenen und erbeuteten Sklaven und Frauen. Ist nicht der Raum das Instrument, das die Dinge sowohl technisch als auch ökonomisch beherrschbar macht?
Rauben, Stehlen, Morden gehören zu den Gründungsakten des Staates (als Organisation einer Gesellschaft von Privateigentümern). Das Geld ist der domestizierte Eroberungskrieg. Beschreibt und definiert das Strafrecht nicht genau jene Aktivitäten als Verbrechen, die einmal den Staat begründeten? Ist nicht die Bekenntnislogik das Produkt der ohnmächtigen und hilflosen Anpassung der Religion an die Logik des Staates? Der Staat bedarf deshalb des Schutzes vor der Verunglimpfung seiner Symbole, weil anders in diesen Symbolen die systematische Demütigung der Bürger durch den Staat zu leicht erkennbar wäre. Im Nationalismus vergessen die Bürger, wer sie sind.
Knäste sind exterritoriale, rechtsfreie Zonen im Innern der Staaten (Brutstätten der Gemeinheit, die selber kein strafrechtlicher Tatbestand ist). Gefangene sind vogelfrei.
Die bloße Verurteilung des Faschismus wirkt wie jede Verurteilung: sie begründet und legitimiert die Verdrängung, die Nicht-Wahrnehmung dessen, was man verurteilt, und damit seine Wiederkehr. Die Verurteilung des Faschismus macht blind für die Wahrnehmung des wirklichen Faschismus.
Alle Dinge sind Ausländer (darin ist ihre Fähigkeit begründet, Eigentum zu werden).
Bei Ferdinand Ebner gibt es den Begriff des Rads der Generationen; zitiert er hier das „Rad des Lebens“ im Jakobus-Brief? Bezeichnet dieses Rad des Lebens den Generationenwechsel, daß Eltern Kinder haben und Kinder zu Eltern werden? In welcher Beziehung steht die Welt zu diesem Rad des Lebens: ist die „Welt“, die die Eltern an ihre Kinder vererben, wirklich gleich bleibend? Johannes (der Täufer) sollte die Herzen der Väter zu ihren Kindern bekehren (Lk 116).
Gibt es einen inneren Zusammenhang innerhalb der nachpaulinischen Briefe (von Jakobus, über Petrus und Johannes zu Judas); und ist der Hebräerbrief die Feuerwand, die beide Gruppen von einander trennt? Sind nicht alle nachpaulinischen Briefe apokalyptische Briefe, Briefe, die sich nicht im Bestehenden einrichten? – Was haben Jakobus und Judas mit einander zu tun, und was 2 Pt mit dem Judasbrief?
Wie verhalten sich die Begriffe „Neues Testament“ (nur im Hebräerbrief?) und „Evangelium“ zueinander und zum Begriff des Bundes (Evangelium: „eine Literaturgattung, die im Zusammenhang mit dem jüdischen Krieg entstanden ist“, TuK Nr. 67, S. 3; vgl. auch die Aufschlüsselung des Begriffs, seine Aufteilung auf die Schriften des NT, ebd., S. 22)? Ist der Schlüsselbegriff der vom „Blut des Bundes“ (Mt 2628, Mk 1424, Hebr 920, 1029, vgl. Ex 248) bzw. vom „neuen Bund in meinem Blut“ (Lk 2229, 1 Kor 1125). – Kann es sein, daß die Beziehung von Kelch, Blut und Bund, zusammen mit dem rätselhaften Wort, daß er vom Gewächs dieses Weinstocks erst im Reiche seine Vaters trinken wird, verständlich wird vor dem Hintergrund der Lehre von der Wiederkunft: Das Christentum als offene Wunde, die erst mit seiner Wiederkunft sich schließen und heilen wird? Und gilt das Testament, das „den Tod des Erblassers voraussetzt“, mit seiner Auferstehung jedoch eigentlich schon hinfällig geworden ist, nur für diese leere Zwischenzeit des „Christentums“?


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