18.7.1995

Das Präsens ist eine ästhetische Kategorie, und der Indikativ (der Ausschluß des Metaphorischen) begründet die Sprache der Gemeinheit.
Die Grenze zwischen Subjekt und Objekt ist auch eine politische Grenze, sie wird durch das Gewaltmonopol des Staates reflektiert und zugleich definiert.
Das Präfix be- bezeichnet das Handeln an einem Objekt, ihm eignet eine objektivierende Kraft. So bezeichnet das Bekennen (und in seiner Folge das Glauben) das Handeln an einem Objekt mit Namen Gott, und genau dadurch unterscheiden sich Bekenntnis und Glaube vom Hören (Höre Israel). Erst unterm Bann der Bekenntnislogik gibt es „Behörden“.
Die deutsche Sprache hat wie keine andere die Identifikation von Religion und Herrschaft in ihre logische Struktur mit aufgenommen. Es darf vermutet werden, daß auch der Name der Deutschen (des einzigen Volkes, das auch „Volk“ heißt) in dieser Konstellation seine sprachlichen Wurzeln hat. Kann es sein, daß die Identifikation von Religion und Herrschaft selber wieder auf sehr tief liegende theologische Sachverhalte führt? So werden z.B. Zorn und Wut durch eine Grenze geschieden, die auch die Herren und die Beherrschten von einander trennt, eine Grenze, die im Prozeß der Vergesellschaftung von Herrschaft (in der Geschichte der Aufklärung) durchlässig geworden ist. Wut bezeichnet seitdem nicht mehr nur ein Verhalten der Beherrschten, und sie ist in dieser Konstellation erst vollends böse geworden (vg. Franz von Baaders Begriff der Niedertracht).
Phantasielosigkeit und Allmachtsphantasien: Die Gesetzmäßigkeit des Verwaltungshandelns verleitet in Konfliktfällen (unter dem Druck des Rechtfertigungszwangs) dazu, sich der Verantwortung, zu der die Phantasie einen verleiten könnte, durch Flucht in Allmachtsphantasien zu entziehen. Denkbar, daß der Autismus aus dieser Flucht sich herleiten läßt. Der „allmächtige Gott“ ist ein phantasieloser, ein autistischer Gott, der Gott, der seinen Sohn opfert, um die Welt zu erlösen.
Die Allmachtsphantasien sind der Gemeinheitsgenerator. Sie sind reiner Schein, Produkt der Abstraktion von jeder konkreten Phantasie, sie sind dem Rechtfertigungszwang unterworfen, sein Produkt, und sie gehorchen ihm.
Welche Funktion haben Allmachtsphantasien in der Bekenntnislogik?
Allmachtsphantasien und Fachidiotismus hängen mit einander zusammen (Stichworte: das mechanische Gedächtnis von Autisten, Ressortdenken, Positivismus).
Ausdruck von Allmachtsphantasien ist der Aktionismus, der, wenn er an die realen Ursachen eines Problems nicht herankommt, sich beweisen muß, daß er was tut, daß er die Ärmel aufkrempelt und die heißen Eisen anpackt. (Kann es nicht sein, daß die wirklichen Naturschutzprobleme im Mönchbruch andere Ursachen haben: Folgen des Startbahnbaus, Grundwasserabsenkung o.ä.; daß aber die Verwaltung, weil sie hier aufgrund politischer Vorgaben nichts ändern kann, dem Gefühl der eigenen Ohnmacht durch Aktionismus entgegenzuarbeiten sucht? Der Aktionismus aber greift die Kette an ihrem schwächsten Glied an, und dort mit besonderer „Energie und Konsequenz“.)


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