„Wir Deutschen!“ – Daß die, die ihr Deutschtum betonen, des Deutschen nicht selten nicht mächtig sind, ist ein spätestens seit Kraus bekannter Sachverhalt. Vielleicht lohnt sich eine nähere Betrachtung: Die Vermutung scheint nicht unbegründet zu sein, daß der Fehler nicht in der Unkenntnis der Grammatik gesucht werden darf, sondern daß in ihm deutlich und präzise eine bestimmte Stellung des Bewußtseins zur Objektivität sich ausdrückt.
Korrekt müßte es (trotz Duden) heißen: „Wir Deutsche“; die falsche Bildung könnte entstanden sein aus einer Vermischung von „Wir Deutsche“ und „die Deutschen“, von erster und dritter Person Plural. Das aber würde bedeuten, daß das „Wir“ in diesem Falle zu vermeiden sucht, als verantwortliches Subjekt sich zu bekennen, und, indem es mimetisch in die Rolle der dritten Person („die Deutschen“) überwechselt, nur als Objekt (des Schicksals, der Vorsehung, oder welcher höheren Macht auch immer) sich präsentiert, genau daraus aber wiederum die Kraft der Emphase bezieht: Das aber ist der Kern und der kürzeste Selbstausdruck faschistischer Massenpsychologie (vgl. den Begriff des „Volks“).
Zum Duden (Mannheim 1980, S. 204: „Wir Deutschen“ – auch „wir Deutsche“):
– Adjektive/Partizipien werden nach „wir“/“ihr“ schwach gebeugt (Duden S. 17; Gleichbehandlung von Wir und Ihr!). Schwache/ starke Deklination entspricht substantivischer/ adjektivischer Bedeutung (unsere deutsche Vorfahren?). Das A./P. wird stark gebeugt, wenn es allein vor einem Substantiv steht (also adjektivisch gebraucht wird) oder wenn ein Artikel, Pronomen oder Zahlwort ohne starke Endung vorausgeht. (der deutsche Hund; ein deutscher Hund; viele deutsche Hunde).
– Ist der Nominativ pluralis ein verdeckter Akkusativ (ausgenommen der Plural majestatis)?
Die Deutschen sehen sich selbst nur in den Augen der Anderen.
Schreibt der Duden hier eine Gesinnung vor? (gutgesinnt und wohlgesonnen?)
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