19.4.1997

Müßte das Bild vom Koffer im Stern der Erlösung, das das Moment der Umkehr im Erkenntnisbegriff symbolisiert, nicht auf das durchgreifen, was Kant die subjektiven Formen der Anschauung genannt hat? Die subjektiven Formen der Anschauung sind die Wände der fensterlosen Monade.

Ist nicht die „militante Linke“ ein Opfer der deutschen Ideologie, ein Reflex des „Vereins“?

Die Apokalypse bezeichnet einen Fortschritt im Begriff der Prophetie: Sie entspringt an der Stelle, an der das Königtum in Israel ersetzt wird durch die imperiale Herrschaft des Königs von Babel, durch die Fremdherrschaft.

Mein ist die Rache, spricht der Herr: Wenn der Begriff der Klarheit, der in dem der Aufklärung steckt, auf die Klarheit der „klaren Fronten“ sich bezieht, wäre die Aufgabe der Theologie die der Kritik dieser Fronten: die Reflexion.

Die Konstellation von Autismus und Geiselhaft ist die Konsequenz eines Theorieverständnisses, das von Zwang der Selbstrechtfertigung nicht mehr sich freimachen kann, darüber aber die Verhältnisse und den Gedanken daran, wie das Ganze sich wenden läßt, aus den Augen verliert.

Grund des Fundamentalismus ist die Verwechslung von reflektierenden und bestimmenden Urteilen, von regulativen und konstitutiven Ideen. Diese Verwechslung ist unvermeidbar im Kontext der Idee des Absoluten, sie gründet in der Unfähigkeit zur Reflexion, in der Unfähigkeit, die logische Beziehung der Idee des Absoluten zum Staat zu durchschauen. Deshalb ist nicht die Machtübernahme, das Auswechseln des einen Staats durch einen andern (der Machtwechsel), sondern das Absterben, die Selbstauflösung des Staates das Ziel der Revolution.

Als Produkt, Grundlage und Reflex des Staates erzeugt die Welt aus sich selbst den logischen Zwang, der sie ins Chaos treibt. Und es ist die selbsterzeugte Angst vor diesem Chaos, die die Menschen in den Bann des Staates treibt.

Seitdem es den Staat gibt, gibt es die Welt.

Marx, Freud und Einstein: Kritik der Ökonomie, der Psychologie und der Physik unter den Bedingungen und mit den Mitteln der Ökonomie, der Psychologie und der Physik. Was haben das Geld, das Triebleben und die versteinerten Verhältnisse mit einander zu tun?

„Privatisierung“: Verweist nicht der Begriff der „Lebenswelt“ (Husserl, Blumenberg, Habermas) auf den Versuch, auch das Für-sich-Sein der von der Außenwelt abgetrennte Privatsphäre noch zu objektivieren, und so als Teil der Außenwelt zu begreifen? Und dringt nicht in der Tat die Öffentlichkeit durch alle Poren in die Privatsphäre ein, die in allem (ökonomisch, technisch und informatisch) zu einem Anhängsel gesellschaftlicher Einrichtungen wird und auf diese Weise verfügbar und beherrschbar gemacht und für den Faschismus vorbereitet worden ist. Seitdem die öffentlichen Einrichtungen, die die private Existenz heute durchdringen und beherrschen, selber in wachsendem Maße privatisiert werden, wird die „private“ Existenz der Abhängigen (werden Arbeitslosigkeit, Krankheit, Renten) immer mehr als Kostenfaktor erfahren, wird sie immer „unbezahlbarer“. War der Begriff der „Lebenswelt“ nicht die Grundlage der Kommunikationstheorie (deren Objekt das im Spiegel des Öffentlichen reflektierte und so gegen die Zumutung der Reflexion sich abschirmende Private ist)?


Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Adorno Aktueller Bezug Antijudaismus Antisemitismus Astrologie Auschwitz Banken Bekenntnislogik Benjamin Blut Buber Christentum Drewermann Einstein Empörung Faschismus Feindbildlogik Fernsehen Freud Geld Gemeinheit Gesellschaft Habermas Hegel Heidegger Heinsohn Hitler Hogefeld Horkheimer Inquisition Islam Justiz Kabbala Kant Kapitalismus Kohl Kopernikus Lachen Levinas Marx Mathematik Naturwissenschaft Newton Paranoia Patriarchat Philosophie Planck Rassismus Rosenzweig Selbstmitleid Sexismus Sexualmoral Sprache Theologie Tiere Verwaltung Wasser Wittgenstein Ästhetik Ökonomie