August 1988

  • 02.08.88

    Der Materialismus ist weniger die Benjaminsche „Puppe“, die, wenn sie die Theologie in ihren Dienst nimmt, immer gewinnt, er ist vielmehr die Theologie selber in der heute allein noch vertretbaren Gestalt. Ob er „immer gewinnt“, ist mehr als zweifelhaft; eher ist er Ausdruck der Verzweiflung, die dem heutigen Zustand der Welt angemessen ist, und zugleich der ohnmächtige und wütende Schrei nach der Theologie.

    Adornos „Vorrang des Objekts“, auf den bei ihm der Materialismus sich zusammenzieht, drückt das aus: dieses „Objekt“ ist die Leerstelle, die zurückgeblieben ist, nachdem Natur zum Verschwinden/Verstummen gebracht wurde durch den Abstraktions- und Entfremdungsprozeß, durch den Prozeß der Instrumentalisierung, die am Ende auch das Subjekt ergreift.

  • 03.08.88

    Das „Objekt“, das Mehr gegenüber dem durchs Subjekt Konstituierten, muß sich von allem Konstituierten, vom Ding und seinen Eigenschaften, von den Kausalverhältnissen, mit einem Wort: vom Gegenstand des Denkens, vom Korrelat der transzendentalen Logik, (wie das „Ding an sich“) unterscheiden. Es ist damit freilich nicht unbestimmbar; es ist nicht nur das einfache Unbestimmbare, sondern entsteht an der Grenze des Bestimmbaren; das aber ist nach Franz Rosenzweig nicht ein Unbestimmbares, sondern es sind mehrere, deren jedes auf andere Weise unbestimmbar ist, damit aber wiederum bestimmbar. Das Nichts, von dem die Philosophie ausgeht, die Nacht des Nichtwissens, ist nicht nur ein Nichts, nicht nur eine Nacht, sondern es sind mehrere; und ihre Zahl ist bestimmbar.

  • 07.08.88

    Nochmals Vorrang des Objekts: das verweist nicht nur auf die Welt als Objekt (und ihre Geschichte), sondern ebenso – und das ist zusammen zu sehen – auf jene Objektivität, auf die die Idee des Glücks verweist. Glück bezeichnet einen Objektbereich, der in einer höchst differenzierten zeitlichen und begrifflichen Beziehung zur Welt steht. Glück schließt die Menschheit mit ein, es ist eigentlich nur als das Glück aller denkbar, als Aufhebung der Not, des Elends, des Unglücks; insbesondere auch als Aufhebung vergangenen Leids. Glück wäre nicht denkbar ohne jenes fundamentum in re, das die modernen Naturwissenschaften schon in ihrem Ursprung aus dem Kreis ihrer Objekte ausgeschlossen haben: das gegenständliche Korrelat der Sinnlichkeit, die sinnlich erfahrene Welt (Licht, Farbe, Geruch, Wärme, Klang) als sinnlich erfahrene, nicht entfremdete Welt.

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