Juni 1989

  • 25.06.89

    Angstbewältigung durch Angstgenuß scheint zum selbstmörderischen Ausweg zu werden. Hier ist ein Mechanismus entstanden, der dem gleicht, durch den die entfremdete Welt sich als zweite Natur etabliert hat. Hat etwa die besondere Beziehung des Christentums zur Sexualität, die in der Sexualangst falsch sich ausdrückt, hier ihr fundamentum in re? „Jeder Genuß stammt aus der Entfremdung“ (DdA): gibt es eine „positive“ Beziehung zur Sexualität nur zusammen mit einer affirmativen Beziehung zur Entfremdung? Und steckt nicht in jedem Genuß damit ein Stück Verzweiflung?

  • 23.06.89

    Zum Begriff der Welt („Weltgericht“, „In-der-Welt-Sein“): Gott hat nicht die Welt, sondern Himmel und Erde erschaffen. Genesis, Geschichte und Bedeutung des Begriffs der Welt machen ihn – ähnlich wie die Begriffe Persönlichkeit und Natur – für die theologische Verwendung unbrauchbar. Der moderne Weltbegriff, dessen Beziehung zu den Begriffen „Mundus“ und Kosmos („securus adversus deos“, „Welt der Atome“, „Welt des Menschen“. „Welt der Ameise“) zu untersuchen wäre, ist kein Objektbegriff, sondern eine logische, abgrenzende Kategorie (ein totalitätsbegründender Dimensionsbegriff), Medium und Grundlage des Objektivationsprozesses, Inbegriff der vergegenständlichten Objektwelt (die Welt ist das Gericht über die Welt; oder die Welt ist alles, was der Fall ist – Urteil, Gericht und Prozeß sind nicht nur im Bereich des Rechts zusammenhängende Kategorien; oder anders: das Recht ist eine weltbegründende Macht). Das drückt sich am genauesten aus in den Begriffen Verweltlichung, Säkularisierung. Konsequenzen für die R.schen Konstruktion (Bedeutung des Weltbegriffs)?

    Die Welt ist das Weltgericht; und das In-der-Welt-Sein reduziert das Dasein auf den Status des Angeklagten (Leugnung des Hl. Geistes).

    Ist die Klage (der authentische Ausdruck des „In-der-Welt-Seins) eine ungezielte Anklage, eine Anklage, die ihr Objekt noch nicht gefunden hat? – Herzzerreißend sind nicht mehr nur Einzelvorfälle, sondern herzzerreißend ist mittlerweile die Realität selber, und das Herz die offene Wunde, die die Realität geschlagen hat.

  • 02.06.89

    Raum, Begriff und Verblendung: Die Dimensionalität des Raumes ist Ursprung und Modell der Abstraktion, der Ausblendung, des besonderen Allgemeinen, des Begriffs. Subsumtion: das Verhältnis von Einzelnem und Allgemeinem, und Abstraktion: das Wegsehen von der Konkretion des Besonderen, sind Konstituentien des Begriffs, Momente des Abstraktions- und Objektivationsprozesses sowie des Schuld- und Verblendungszusammenhangs. Ihr Ursprung ist das wechselseitige Verhältnis der Dimensionen im Raum (die Orthogonalität), das auch auf das Verhältnis des Raumes zur Zeit und zu den Objekten im Raum übergreift. Der Begriff macht – wie der Raum – die Welt durchsichtig und erweist sich zugleich als der blinde Fleck, der gegen Erkenntnis immunisiert.

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