Februar 1990

  • 26.02.90

    Die Probleme der alten Äthertheorien haben sich in der modernen Atomphysik präzise reproduziert; nur hat es noch niemand bemerkt. Beide sind Ausdruck und Konsequenz der projektiven Struktur der gesamten Physik, des Verdinglichungszwangs (der an das apriori der Kantischen Anschauungsformen bzw. – gegenständlich und selber verdinglicht formuliert – des Inertialsystems gebunden ist: Ableitung des Verdinglichungszwangs, des Objektbegriffs aus der Struktur des dreidimensionalen Raumes, der Form der Äußerlichkeit, die im Ding – wie im Ich – sich auf sich selbst bezieht).

    Das Inertialsystem als selber verdinglichte Gestalt der Kantischen Anschauungsformen: Ohne diese Verdinglichung wäre das Prinzip der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit nicht formulierbar gewesen.

    Die Objektivität der physikalischen Erkenntnis und Theorie ist jedoch ebenso auch nur Schein: Der verdrängte Herrschaftstrieb kehrt notwendig als aggressiver Nationalismus wieder. Modell des pathologisch guten Gewissens: Die Harmonie und Ästhetik der mathematischen Theorie wird gerne beschworen, nachdem man im Konkurrenzkampf die Siegerposition, die Zugehörigkeit zur herrschenden Meinung erobert hat. Wer oben ist, hat das Sagen, erläßt die Sprachregelungen, die die eigene Position dann gegen lästige Newcomer abschirmt.

  • 23.02.90

    Der deutsche Nationalismus heute spielt mit dem Fluch der bösen Tat (die fortzeugend Böses muß gebären).

  • 22.02.90

    Gibt es einen Zusammenhang zwischen res und reus, der Sache und dem Angeklagten? Vgl. die Bedeutungen von res in Langenscheidts Wörterbuch Lateinisch-Deutsch. Hat das „in dubio pro reo“ auch eine erkenntnistheoretische Bedeutung?

  • 15.02.90

    Der Katholizismus hat seine Wurzeln in der Praemoderne; er ist nie ganz zivilisiert worden.

  • 04.02.90

    „Ihr seid das Salz der Erde“: nicht das Salz der Welt! Ist hier das Salz als würzende Kraft oder als Kristallisationskeim gemeint?

  • 04.02.90

    Einer der wichtigsten Gründe für Vorurteil und Ideologie ist das Bewußtsein, im Anblick der Wahrheit und mit dem massiven Schuldgefühl, das damit verbunden ist, nicht leben zu können. Die Folgen sind jedesmal selbstzerstörerisch, gleichgültig, ob sie über den Zynismus oder das pathologisch gute Gewissen vermittelt sind.

    Die Gewalt, die Geld über andere (die die Leistungen erbringen müssen, die man dann für Geld „kaufen“ kann) verleiht, das Gewaltpotential, das im Geld drinsteckt, bedarf des äußeren Daseins: Die Rüstung der Staaten war immer auch ein Maßstab für die Gewalt und die Macht, die das vom Staat herausgegebene und garantierte Geld repräsentiert, die wirtschaftliche Ordnung und der Wert und die Konvertierbarkeit der jeweiligen Währung. Auf diesem Felde werden heute die Kriege ausgefochten und die Siege errungen, hat jetzt „der Kapitalismus über den Kommunismus gesiegt“. Die Verlierer sind immer auch die Verurteilten (das System ist selbst der kurze Prozeß, d.h. Ankläger und Richter in einem); ein Einspruch, eine Revision, ist nicht mehr zugelassen. In dem traditionellen theologischen Sinne ist dieses System obszön, „unzüchtig“ und pornographisch.

    Aber die „Natur“ vor oder nach der gesellschaftlichen Naturbeherrschung (außerhalb des Kontextes der Naturbeherrschung gibt es keine Natur) ist keine heile Schöpfung, sie ist nicht das Werk des siebten Tages. Und es gibt keinen positiven Sinn für irgend eine Form einer „Rückkehr zu Natur“.

    Ist es ein Zufall, daß blütentragende Pflanzen im naturhistorischen Entwicklungsprozeß zusammen mit den Säugetieren (und Vögeln) auftreten, und die Laubbäume zusammen mit den Prähominiden?

    „Der Geist Gottes schwebte über den Wassern“?

  • 01.02.90

    Gründe für das Fehlen der ägyptischen Kultur in R.’s „Stern“:

    – die Kultur ist untergegangen, nicht mehr gegenwärtig,

    – die Nähe der absoluten Differenz (der Inbegriff aller „in’s“ (in philosophos, in theologos, in tyrannos)?

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