Hängt die Gereiztheit D.s gegenüber Rahner und vor allem Metz vielleicht mit dem Konzept der „ubiquitären“ Struktur der j Urgeschichte zusammen, mit der Tilgung ihres historischen Charakters, der Anpassung an den naturwissenschaftlichen Objektivitätsbegriff (letztlich mit der Verdrängung der Schöpfungslehre)?
„Selten nur wurden Menschen in größerer Zahl in Deutschland …“ (III, S. XVI) – Auschwitz lag nicht in Deutschland. – Diese Selbstmitleidsblockade war der Grund für die unsäglichen Verdrängungsleistungen in den vierziger Jahren.
„(Die Psa) versteht die Angst nur (?) als einen Reflex äußerer Gefahrensituationen, nicht als etwas, das vom Bewußtsein der Menschen selbst ausgeht.“ (III, S. XX)
„Nicht was andere aus einem gemacht haben, ist das Entscheidende, sondern zu wem man sich selbst bestimmt hat und wozu man sich in jedem Augenblick auch heute noch weiter bestimmt.“ (III, S. XXIII) – Konkreter: Für das, was andere aus einem gemacht haben (d.h. für sich selbst, für den eigenen Charakter), die Verantwortung übernehmen. Der Sartresche Existenzialismus, auf den D. sich hier offensichtlich bezieht, abstrahiert von der Geschichte und von der versöhnenden Kraft der Erinnerung, wenn er den Vorrang der Existenz vor dem Wesen und die Fähigkeit, das eigene Wesen selbst zu setzen, vertritt.
„So wird die Objektivität des Erkennens, die den Aufstieg der Wissenschaft ermöglichte, von der ständigen Ichbezogenheit der Angst blockiert.“ (III, S. XXXV) – Nicht nur blockiert, sondern gleichzeitig und ebensosehr blind weitergetrieben (vgl. die DdA).
„Was ein Neurotiker an seinem Therapeuten lernt, das hat die Menschheit lernen müssen in dem Glauben an den Gott des Volkes Israel, mit dem einen wesentlichen Unterschied …“ (III, S. XXXVI) – Ist das das D.sche Konzept?
Die Anwendung des Bildes vom brennenden Dornbusch (III, S. XXXVII) liegt nur knapp daneben: Nicht die Menschen, sondern das Werk ihrer Hände (was ihre Bearbeitung des Ackers für sie hervorbringt: die gegenständliche Welt als Substrat der Geschichte und als Gericht) ist das mit dem Bild Gemeinte.
„Im Umkreis der Mythen wie der Neurosen gibt es keine Geschichtlichkeit (er meint: keine wirkliche Geschichte, H.H.); alles erstarrt darin vielmehr zu einer angsterfüllten Gegenwart (zur Ubiquität, H.H.), die von dem Schrecken und den Mächten der Vergangenheit (vom Mythos, vom Schicksal, H.H.) vollkommen überlagert wird.“ (III, S. XXXIX) Der Umkreis der Mythen wie der Neurosen ist demnach exakt der durch das Erkenntnisgesetz der Wissenschaft (in den Naturwissenschaften durchs Inertialprinzip) bestimmte, und er umfaßt nachweisbar auch das D.sche Konzept (das Inertialsystem stellt jene Zweideutigkeit, jene Ununterscheidbarkeit von Objektivität und Projektion, Paranoia und Selbstmitleid, her, die Medium sowie Grund und Folge der Instrumentalisierung ist und nur durch Schuldreflexion sich auflösen läßt).
D.’s Versuch, eine theistische Theologie ohne Sündenfall und Auferstehung der Toten zu begründen, führt zwangsläufig in den Mythos zurück. Die Existenz Gottes läßt sich nicht daraus ableiten, daß andernfalls nur Verzweiflung, „das Böse“ und der Wahnsinn bleiben. Auch die therapeutische Instrumentalisierung ist blasphemisch. – Im übrigen würde seine Theologie anders aussehen, wenn er wirklich glauben (und den Glauben wörtlich nehmen) würde anstatt an den Wunsch sich zu klammern, daß es (für wen?) gut wäre, wenn es einen Gott gäbe.
Gibt es einen trinitarischen Bezug von Angst, Schuld und Scham (Projektionen: Macht, Gericht, Sexismus; Opfer: Juden, Ketzer, Frauen)?