Bedeutet das gbr im Namen Gabriel nur Mann, oder auch Held, Starker (und Gabriel demnach „Mann Gottes“ oder auch „Held, Starker Gottes“)? In der Schrift kommt Gabriel nur im Buch Daniel und bei Lukas vor.
Werbung und Welt (Anders: Werbung ist ein Modus unserer Welt -II, S. 160): De mortuis nihil nisi bene. Die Werbung ist das inverse Bekenntnis: die Bekenntnislogik der Waren.
Ist der Plural majestatis nicht ein Vorgriff auf die Massenproduktion (auf die technische Reproduzierbarkeit der Dinge) und die Warenwelt die in Herrlichkeit auferstandene Natur? Gibt es nicht den lateinischen Ausdruck fürs Sterben: ad plures ire?
Die Wochentage: Sonne, Mond, Merkur, Jupiter, Mars, Venus und Saturn?
Die kopernikanische Theorie hat das Licht, das Werk des ersten Tages, und das Firmament, den Himmel des zweiten Schöpfungstages, zerstört. Waren das die naturalen Korrespondezen des Angesichts?
Das Christentum hat den Egoismus heiliggesprochen und damit eine neue Art von Rücksichtslosigkeit in die Welt gebracht.
Zum Erfahrungsgehalt des mythischen Realsymbols des Wassers: Zur Vorstellung des Wassers gehört sowohl das Liquidieren (der Mord des Feindes und des Verräters) als auch das Verflüssigen (der verdinglichten Vorstellungen: die Kritik des Begriffs). Hat die Trennung der unteren von den oberen Wassern durch das Firmament hiermit etwas zu tun?
Gehört zu den Petrus-Geschichten nicht auch das Gleichnis von dem Weizen, der auf steinigen Grund fiel?
Es gehört zu den verhängnisvollsten Folgen des Weltbegriffs und seiner Theologisierung im Begriff der creatio mundi, daß er ohne identitätsstiftendes transzendentales Subjekt nicht zu halten ist. Das aber bedeutet, daß es den Weltbegriff ohne Nationalismus nicht gibt. Hier liegt die Selbsttäuschung der deutschen Klassik (auch der französischen Revolution), die aus innerer logischer Konsequenz dann bei Hegel sich einbekennt (in dem Zusammenhang des Begriffs der „List der Vernunft“ mit dem Staat als „sterblichem Gott“).
Welt, Empörung und Panik bilden eine logische Einheit (Nationalismus und Religionskriege).
Der Übergang ins Zeitalter der „Ideologiefreiheit“ ist der Übergang in ein Zeitalter, in dem die Dinge unserer Rechtfertigung nicht mehr bedürfen.
Mai 1993
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03.05.93
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02.05.93
In der Figur des „Kongruisten“, in der Beziehung von „Versagen“ und „Selbstsein“, beschreibt Günther Anders (II, S. 157) den gleichen Mechanismus der Verinnerlichung des Opfers, der in der „Dialektik der Aufklärung“, in den „Elementen des Antisemitismus“, als Opfer des Selbst an das Selbst beschrieben wird. Zu ergänzen wäre nur, daß diese Verinnerlichung des Opfers mißverstanden wird, wenn sie nur psychologisch verstanden wird; sie ist ein Moment der Objektivität selber. Das Opfer und seine Leugnung gehören zu den Konstituentien des Gegenstandsbegriffs.
Die Verinnerlichung des Opfers und die Verdrängung der Umkehr (die Bekenntnislogik) gehören zusammen; und beide sind Teil des Konzepts einer „Entsühnung der Welt“, in dem diese (im Kontext eines magischen Sakramentenverständnisses) unabhängig von der Nachfolge verstanden wird. Die Vorstellung, die Welt sei bereits entsühnt, ist ein Konstituens der Gemeinheitsautomatik.
Zum Begriff des Drachenfutters gehört der Empörungsgenuß. Und der durchs Fernsehen bezeichnete Entwicklungsstand der Medien belegt die Notwendigkeit des Satzes „Seid klug wie die Schlangen und arglos wie die Tauben“. Empörungsbereitschaft und Panikbereitschaft hängen zusammen; beide sind verbunden durch das Ohnmachtsgefühl, zu dem es in der Inertialwelt keine Alternative mehr zu geben scheint. Wenn alle Wege des Handelns verstopft sind, bleibt nur Empörung oder Panik, deren Beziehung in die heute endgültig stillgestellte Dialektik von Herr und Knecht, von Subjekt und Objekt gehört.
Warum sind in der Bibel nur Tiere mit Hörner Opfertiere? (Und woher kommt die Vorstellung, daß dem Mann, dessen Frau es mit einem andern treibt, „Hörner aufgesetzt“ werden?)
Aufgabe der Philosophie heute: den Gemeinheitskern des Wissenschaftsbetriebs herauspräparieren.
Durch die Definition von Wahrheit als Übereinstimmung von Begriff und Gegenstand wird die Trunkenheit zum Prinzip erhoben (vgl. Hegels Logik hierzu). Wenn diese Definition stimmen würde, gäbe es in der Tat nur die Alternative Konformismus oder Gewalt.
Im Islam ist der Engel Gabriel („Mann Gottes“ – gbr/gbrim, Mann/Männer) der Heilige Geist, was sehr gut zur Verkündungsgeschichte beim Lukas paßt. (Ist im Namen Gabriel das br – dessen Beziehung zu Abraham, zum Namen der Hebräer und zum Begriff der Barbaren – ein Bedeutungselement des Namens?)
„Die Pforten der Hölle werden sie nicht überwältigen“ (Mt 1618): d.h. die Vergangenheit wird die Zukunft nicht überwältigen, oder auch: die Natur wird nicht siegen. Aber die Geschichte der drei Leugnungen Petri geht bis zur Selbstverfluchung.
„Ich werde dir die Schlüssel der Himmel geben; … was du auf Erden lösen wirst, wird auch in den Himmeln gelöst sein.“ (Mt 1619, vgl. auch 1818) Dieser Satz folgt unmittelbar nach dem über die Pforten der Hölle.
Mt 1016: „Seht ich sende euch wie Schafe unter die Wölfe“: Ihr seid vom Herrendenken entbunden. Und „darum seid klug wie die Schlangen und arglos wie die Tauben“: Aber verfallt nicht der Paranoia.
Erinnerungsarbeit: die Einheit von Philosophie und Gebet. Aber in dieser Einheit verändert sich sowohl die Philosophie auch das Beten.
Die creatio mundi ist die Gründung einer Reinigungsanstalt: der Grund der Fähigkeit, sich trotz der „Sünde der Welt“ und in ihrem Angesicht unschuldig zu fühlen. -
01.05.93
Der Historismus holt uns ein: Der Schein der Objektvität, den das Vergangensein der Geschichte verleiht, verhext die Gegenwart (wie das Inertialsystem die Natur). Die Frage, ob wir aus der Geschichte lernen können, ist so nur mit nein zu beantworten. Lernen können wir nur, wenn wir in der Geschichte die Gegenwart begreifen, uns nicht auf die Beteuerung verlassen: das ist doch vergangen. Denn die Vergangenheit ist nicht vergangen, und auch die Toten haben noch einen Anspruch an uns, der nicht leicht abzutun ist.
Die „wandlose“, „schamlose“ Gesellschaft, in der „niemand mehr etwas zu verbergen“ hat (Anders II, S. 151), hat die Privat- und Geheimsphäre nicht abgeschafft, sondern insgesamt verstaatlicht. Das ist eine logische Konsequenz aus dem Säkularisationsprozeß, eine Folge des Weltbegriffs. Wer die Hegelsche Logik begriffen hat, weiß, daß es ebenso viele Gestalten des Absoluten wie Staaten gibt: der Nationalismus ist von der Geschichte des Begriffs ebensowenig abzulösen wie das transzendentale Subjekt von der transzendentalen Logik. Der Staat ist in der Tat der sterbliche Gott: er versucht vergeblich die Lücke zu schließen, die die transzendentale (und in ihrer Folge die dialektische) Logik zwischen Erscheinung und Ansich aufreißt.
Zur Geschichte der Scham: In der mythischen Gesellschaft verstummt der Held, in der schamlosen Gesellschaft verstummen alle (S. 152).
Die schamlose Gesellschaft ist eine zugleich exhibitionistische und obszöne Gesellschaft: konkret eine Gesellschaft, in der der Reichtum sich nicht mehr schämt, sondern nur noch die Armut, die am liebsten vor Scham verschwinden, in den Boden versinken möchte.
Adorno Aktueller Bezug Antijudaismus Antisemitismus Astrologie Auschwitz Banken Bekenntnislogik Benjamin Blut Buber Christentum Drewermann Einstein Empörung Faschismus Feindbildlogik Fernsehen Freud Geld Gemeinheit Gesellschaft Habermas Hegel Heidegger Heinsohn Hitler Hogefeld Horkheimer Inquisition Islam Justiz Kabbala Kant Kapitalismus Kohl Kopernikus Lachen Levinas Marx Mathematik Naturwissenschaft Newton Paranoia Patriarchat Philosophie Planck Rassismus Rosenzweig Selbstmitleid Sexismus Sexualmoral Sprache Theologie Tiere Verwaltung Wasser Wittgenstein Ästhetik Ökonomie