September 1993

  • 30.09.93

    Der Bereich des Ästhetischen, der mit dem der kantischen Erscheinungen identisch ist, entspringt in der Idealisierung: in der Subsumtion der Zukunft unter die Vergangenheit; darin gründet seine Beziehung zum Mythos. Inbegriff des Ästhetischen ist der Naturbegriff. Es ist sinnlos, für ästhetische Personen die Hoffnung auf Auferstehung und auf einen Anteil am seligen Leben zu hegen. Diese Hoffnung konstituiert sich im Kontext einer Erkenntnis, die in der Moral gründet. Romane begründen reine Kopf-Welten.
    Die Umkehr erfüllt sich in der Auflösung des Banns der Natur und in der Auferstehung der Toten.
    Das mystische nunc stans, und mit ihm die Idee der Ewigkeit, hat einen Aktualitätskern, einen Zeitkern; es erfüllt sich in der real und konkret begriffenen Gegenwart (der Kritik des Präsens).
    Wir hören aus den apokalyptischen Texten der Schrift nur noch die Drohungen heraus, um sie dann gleich zu verdrängen. Es käme aber darauf an, das darin enthaltene Erkenntnismoment endlich zu realisieren. Daß z.B. die Sünde wider den Heiligen Geist weder in dieser noch in der zukünftigen Welt vergeben wird, drückt, wenn man den Satz wirklich begreift, nicht ein Verhältnis von Sünde und Strafe, sondern einen schlichten logischen Sachverhalt aus.
    In den Armen ist Gott, in den Fremden sind die Spuren seiner Schöpfung präsent.
    Merkwürdiges Wortfeld zu hören: gehört (Perfektpartizip) und gehören (Possessivverhältnis), horchen, gehorcht (Perfektpartizip) und gehorchen, Gehorsam: Das 2. Partizip von hören und horchen wird zum Infinitiv eines neuen Verbs (vgl. auch gewesen und wesen, verwesen). Ist aus der Änderung der Bedeutung nicht die Wirkung der Subsumtion unter die Vergangenheit zu erkennen?
    Die deutsche Sprache hat (u.a.) den Gebrauch und die Deklination des bestimmten Artikels mit dem Griechischen und den Gebrauch der Hilfsverben sowie das Pluquamperfekt und das Futur II mit dem Lateinischen gemeinsam.
    Steckt in Goethes Farbenlehre auch ein Hinweis auf die Beziehung der Farben zu den Himmelsrichtungen?

  • 29.09.93

    Zu Johann Baptist Metz: Was hat die Welt davon, wenn wir „Ja und Amen zur Welt“ (anstatt zu den göttlichen Verheißungen, wie es bei Paulus korrekt heißt) sagen? Merkwürdig, daß Metz der Welt ein Anerkennungsbedürfnis unterstellt: Ändert das die Welt oder nicht doch nur den Anerkennenden (den Konformisten)? Und wer ist das Subjekt dieses Bedürfnisses: Ist es nicht der der Welt sich Anpassende, der aus guten Gründen die Anpassung ohne die Komplizenschaft der Anderen (ohne ihre bekenntnishafte Zustimmung) nicht zu leisten bereit ist? Ist nicht das „Ja und Amen zur Welt“ der eigentliche Inhalt jedes Glaubensbekenntnisses (und seiner logischen Durchbildung in Trinitätslehre und Opfertheologie)?
    Es gibt keinen Weltbegriff ohne Bekenntnislogik. Die Idolatrie gehört zur Geschichte der Ausbildung und Entfaltung dieser Bekenntnislogik (und des Weltbegriffs), sie hat sich vollendet im Dogma. Das Dogma (das erst durch Umkehr wahr wird) ist das versteinerte Herz der Kirche, und die Kirche das versteinerte Herz der Welt.
    Weist nicht das „Weiche von mir, Satan“ darauf hin, daß die Petrus- und die Dämonen-Geschichten zusammengehören (ähnlich wie die drei Leugnungen mit den sieben unreinen Geistern)?
    Die Wahrheit ist nicht Gegenstand des Urteils; deshalb hat Jonas Unrecht.
    Hat das Binden und Lösen etwas mit dem Millenium zu tun, und ist die Kirchengeschichte dieses Millenium (die Zeit der Bindung)?
    Die Welt ist die Welt der anderen, zu denen ich selbst als anderer für andere auch gehöre. Das ist der logische Kern des Weltbegriffs und der Entfremdung.
    Sind die Banker nicht die Priester der Geldreligion?
    Wenn die Konservativen den Linken vorwerfen, sie könnten nicht mit Geld umgehen, so wäre gegenzufragen: Welcher Politiker kann schon mit Geld umgehen?
    Der Begriff der Weltanschauung bezeichnet den (logisch unmöglichen) Sieg und das Attribut des Siegers in der zum Weltgericht sich aufspreizenden Weltgeschichte. Deshalb war der Weltanschauungskrieg ein Vernichtungskrieg. Zur Vorgeschichte der Weltanschauung gehört die Geschichte der Juden-, Ketzer- und Hexenverfolgung. Im Begriff der Weltanschauung erweist sich die Anschauung als Medium der richtenden Gewalt. Zum Anschauen gehören auch das Schaufenster (der Erwecker der concupiscentia) und die Reklame (die nach Adorno den Tod verschweigt).
    Die Unfähigkeit, die Formen Anschauung selber in die Reflexion mit einzubeziehen, ist eine Folge davon, daß Reflexion nur im Medium der Anschauung möglich ist; sie ist der Grund der Hybris.
    Wenn die Theologie die Lehre von der Anschauung Gottes auf das Objekt der Trinitätslehre bezieht, verdrängt sie dann nicht das Angesicht Gottes, eliminiert sie dann nicht das Gesehenwerden, das „von Angesicht zu Angesicht“: die Gottesfurcht?
    Als aus der Anschauung Gottes das Angesicht gestrichen wurde, wurde die Gottesfurcht gestrichen. Das ist in der Philosophie umgeschlagen in die Angst vor dem Angesicht (Ursprung des Portraits?), die dann in der Entfaltung der Mathematik und in der Bildung des Neutrums sich ausdrückte.
    Das Schwert, mit dem Alexander den gordischen Knoten durchschlagen hat, hat etwas mit dem kreisenden Flammenschwert des Kerubs vorm Eingang des Paradieses zu tun: Es zerschneidet das Licht und entfernt aus ihm die Quelle des Angesichts, verwandelt es in eine Form der Anschauung.
    Wie verhält sich das Sehen zum Schauen? Ist nicht im Sehen das reflexive Moment mit enthalten, von dem das Schauen dann abstrahiert (vgl. den Zuschauer und die Anschauung Gottes)? Die Welt heute verhält sich zum Faschismus wie das Fernsehen zum Radio. Deshalb ist die Reflexion der kantischen Philosophie und der Bedeutung der subjektiven Formen der Anschauung in ihr an der Zeit.
    Müssen die Psalmen, wenn sie als Lieder Davids verstanden werden, nicht als Versuch der Durchdringung der Königsidee mit prophetischem Geist verstanden werden: als messianisch? Die Apokalypse hingegen ist das auf die Kaiseridee und die Weltreiche bezogene Gegenstück zur Prophetie: Als Instrument der projektiven Verarbeitung der Angst instrumentalisiert sie die Angst, ist sie angsterzeugend; wahr ist sie nur als Medium der reflexiven Verarbeitung der Angst: als Erkenntnis. Die projektive Verarbeitung der Angst ist fundamentalontologisch und faschistisch. Bangemachen gilt nicht, aber die Apokalypse ist endlich zu begreifen.
    Gibt es einen Zusammenhang zwischen dem Jesus-Wort an Johannes und den drei Gestalten des Bösen?
    – Gegen den Satan, den Ankläger, steht der Paraklet,
    – gegen den Teufel, den Verleumder und die Verkörperung der Wut, steht der göttliche Zorn,
    – dämonisch ist die Instrumentalisierung, Verinnerlichung und Neutralisierung beider: ihre Subjektivierung; hiergegen steht die Austreibung der Dämonen, die der frohen Botschaft den Weg zu den Armen freimacht.
    Heidegger hatte recht: Die deutsche Sprache ist die Sprache der Philosophie, aber sie ist es als Grenze zur Theologie und wird theologisch, wenn sie die Reflexion auf diese Grenze in sich mit aufnimmt.
    Woher kommen und was bedeuten die Begriffe des Anderen und des Fremden? Gründen nicht beide in Präpositionen, und zwar das „an“ bzw. das „vor“ oder „für“ (im Englischen „for“; weshalb heißt der Fremde im Englischen the stranger)?
    Das Präfix be- im Englischen: Vgl. die Beziehung von for und before (auch between, become, behalf, belief, belong, beloved, below, beneath, beside, betray, beware, beyond).
    -schen: Suffix zur Bildung von Verben aus Nomina (feilschen, herrschen). Gilt diese Definition eigentlich generell, oder sind es nicht bestimmte Verben (z.B. grapschen), die so aus Nomina sich bilden lassen? Bezeichnen nicht alle diese Verben Tätigkeiten, die sich direkt auf andere als Objekte beziehen; steckt nicht in allen etwas von einer objektivierenden, erniedrigenden Tätigkeit, etwas Verächtlich-Machendes?
    Das Verb „zernichten“ taucht an zwei Stellen auf,
    – bei Georg Büchner: „Ich fühle mich wie zernichtet im Anblick des gräßlichen Fatalismus der Geschichte“ (aus einem Brief an die Eltern, nach Hinweis auf das Studium der französischen Revolution), und
    – bei Franz Rosenzweig: „Zeit ist’s zu handeln für den Herrn, sie zernichten seine Lehre“ (Überschrift über einen Aufruf zur Gründung einer Hochschule für die Wissenschaft des Judentums).
    Beide Stellen bezeichnen welthistorische Wendepunkte.

  • 28.09.93

    Zum Ursprung des Nominalismus: Mit der Lehre vom liberum arbitrium, der die Raumvorstellung und mit ihr die drei Freiheitsgrade des Raumes als Bild der Wahlfreiheit zugrunde liegen, war die Neutralisierung der Welt (unterm Titel der „Entsühnung der Welt“) besiegelt: wurde die Sprache ihrer benennenden Kraft beraubt (und der Kreuzestod Jesu durch die Opfertheologie instrumentalisiert).
    Der Naturbegriff bezeichnet die die Erkenntnis zurückstauende Gewalt (Zusammenhang mit der Geschichte des Gewaltmonopols des Staates), der Begriff der Materie die zurückgestaute Erkenntnis selber (die zurückgestaute Kraft des Namens) und der Name der Barbaren den gesellschaftlichen Reflex, das gesellschaftliche Korrelat dieses Zusammenhangs. Natur, Materie und Barbaren: das Jenseits der Zivilisationsschwelle.
    Wenn die Materie die zurückgestaute Kraft des Namens (die mit der Begriffsbildung verdrängte benennende Kraft der Sprache) in sich birgt, hat sie dann nicht auch etwas mit dem kabod, mit der Herrlichkeit Gottes zu tun?
    Das Verhältnis von Natur und Dogma läßt sich am Prozeß der naturwissenschaftlichen Erkenntnis demonstrieren: Hier ist die Dogmatisierung der Erkenntnis ein Produkt ihrer Mathematisierung (der Grundlage ihrer Geltung: jede einmal „gewonnene“ Erkenntnis ist ist in dem Augenblick, in dem sie gewonnen wird, eine vergangene Erkenntnis, und somit frei verfügbar). Es gibt kein Dogma ohne mathematisches Sinnesimplikat: Es ist eines und das Gleiche für alle (es neutralisiert die Differenz zwischen mir und den anderen), und es erhebt den Anspruch der Orthodoxie.
    Ist die Schrift nicht deshalb und nur dann ein durchsichtiger Körper, weil sie, anstatt der indogermanischen Herrensprache sich zu überantworten, ihr ihr sprachmythisches Spiegelbild entgegenhält. Ist nicht die Schlange das sprachmythische Bild der homogenen Zeit und des Ursprungs des Neutrums zugleich (das Bild des Staates)?
    Was bedeutet der Name Joseph („er (Gott) fügt hinzu“) und worauf bezieht sich das Wort von dem Pharao, der „Joseph nicht mehr kannte“?
    Hängen nicht die Kasus mit den Himmelsrichtungen (den Richtungen des Raumes) zusammen:
    – Nominativ = Osten (im Angesicht),
    – Genitiv und Dativ = Nord und Süd (Gericht und Barmherzigkeit) und
    – Akkusativ = Westen (hinter dem Rücken)?
    Welchen Ursprung haben der Vokativ (semitisch?) und der Ablativ (lateinisch?, und wie hängt der Ablativ mit dem Instrumentalis zusammen?); wann und aus welchem Grunde wurden sie überflüssig und sind sie wieder verschwunden? War der Vokativ eine Vorstufe des Nominativ und der Ablativ eine Reflexionsform des Dativ (Indiz der Instrumentalisierung)?
    Kritik des Materialismus: Nicht auf die Identifikation mit dem Opfer (und auf den Genuß der Privilegien des Opfers), sondern auf die Befreiung der helfenden Kraft: auf parakletisches Denken kommt es an.
    Hat nicht Steffen Heitmann genau die drei Gestalten des Opfers benannt: die Fremden (die „Ausländer“), die Frauen und die Juden („Auschwitz“)? Seine Inspiration stammt aus der Bekenntnislogik (des Theologen Heitmann), die seit je das Opfer instrumentalisiert. So war das Bekenntnis seit je ein politisches Instrument: die zum bloßen „Umdenken“ instrumentalisierte Umkehr, in dem der Ruf des Täufers: Kehret um, denn das Reich Gottes ist nahe, ins Leere verhallte.
    Heitmann: Was in der DDR nicht geleistet werden durfte: die konkrete Auseinandersetzung mit der Vergangenheit, soll jetzt endlich durch Verjährung aus der Welt geschafft werden (die ganze ehemalige DDR soll teilhaben an der Gnade der späten Geburt).
    Ist das Chronologie-Problem, mit seinen geologischen, entwicklungstheoretischen und historischen Konnotationen, nicht in der Tat die Verdrängung und Verwischung des mit dem Wort vom Lösen bezeichneten Problems? Und ist dies nicht die letzte Bindung Isaaks (die letzte Konvergenz von Lachen und Schrecken)?
    Ist nicht jedes Bekenntnis ein Schuldbekenntnis, und das Glaubensbekenntnis nur ein auf den Kopf gestelltes (an die Natur delegiertes) Schuldbekenntnis, Produkt einer projektiven Logik? Führt nicht das Bekenntnis in den Rechtfertigungszwang (wie die „Entsühnung“ der Welt, die dann das subjektlose Bekenntnis als Bekenntnis der Natur nach sich zieht, nur als ideologische Verdoppelung ihrer Neutralisierung sich begreifen läßt)? Ist nicht die Geschichte des Bekenntnisses (die Entfaltung ihrer Logik) die Geschichte der drei Leugnungen, und das Bekenntnis selber der Vorhang vorm Allerheiligsten, der beim Tod Jesu am Kreuze, zusammen mit der Verfinsterung der Sonne, dem Beben der Erde und der Auferweckung der Toten, zerriß: der Vorhang vorm Angesicht Gottes? Aber löst sich nicht der Bann des Bekenntnisses nur zusammen mit dem des Naturbegriffs?
    Der innere Widerspruch des Feminismus, auch der Ökologie- und der Friedensbewegung, liegt darin, daß sie einerseits die Opferrolle endlich abwerfen, auf der anderen Seite aber deren Privilegien weiterhin genießen möchten.
    Der banausische Witz zur Frage, ob man beim Beten rauchen dürfe, rührt insofern an ein Stück Wahrheit, als mit dem Rauchen das Beten endgültig verlernt wurde. Sind nicht die Gebete der Heiligen ein lieblicher Geruch für Gott, und ist nicht die Nase das Organ des göttlichen Zorns? – In die Nase wurde dem ersten Menschen der belebende Hauch des göttlichen Atems eingeblasen. Und gehört nicht zum Fluch über Adam der Nasenschweiß zur Arbeit unter den Bedingungen der Dornen und Disteln?
    Von der Taube abgesehen, waren nur gehörnte Tiere Opfertiere: Warum stellt man sich den Teufel mit Hörnern vor (während die Taube das Symbol des Heiligen Geistes ist)? Haben die Hörner etwas mit den Dornen und Disteln zu tun, und das Opfer mit der Sünde der Welt?
    Bei der Bindung Isaaks ist als Ersatz für die Opferung Isaaks der Widder eingetreten, der sich mit seinen Hörnern im Dornengestrüpp verfangen hatte. (Ist das Lamm, das stumm zur Schlachtbank geführt wird, neben der Taube das andere nicht gehörnte Opfertier?)
    Im Sündenfall gewann die Vergangenheit Macht über die Zukunft, mit ihm ist der Tod in die Welt gekommen. Drückt sich das in den Dornen und Disteln aus, im „Schweiße des Angesichts“ und in der Beschwernis der Schwangerschaft?
    Eine Naturphilosophie, die daran arbeitet, daß der Bann, der auf der Natur liegt, endlich sich löst, wäre Teil einer apokalyptischen Erkenntnistheorie. Müßte nicht eine Erkenntnis, die nach der Erkenntnis des Angesichts Gottes sich sehnt, prophetisch, apokalyptisch und messianisch in eins sein? Gibt es eine Beziehung des Prophetischen, Apokalyptischen und Messianischen zu den drei Totalitätsbegriffen Welt, Natur und Wissen?
    Hängt das Personalpronomen der 1. Pers. pl. im Deutschen, das Wir, mit dem „virum“, dem Mann, zusammen (als Selbstbegriff der kollektiven Männlichkeit: der „wereld“)? Wie sieht das im Hebräischen aus, und wie in den klassischen alten Sprachen? Vgl. auch die anderen Personalpronomen (Ich – Nichts, ego – nego; ist das Ich nicht zugleich der säkularisierte Gottesname: Ich – JH; steckt im Gottesnamen Jahu das hu = er; das Ich ist die Verneinung des Andern, das im Weltbegriff zur Totalität sich aufspreizt, – gibt es auch eine sprachliche Beziehung des Ich zum Licht?).
    Die Geschichte Israels beginnt mit Jakobs Kampf mit dem Dämon (an diesen Kampf ist der Ursprung des Namens gebunden), sie endet in der Austreibung der Dämonen, während die Philosophie in der Verinnerlichung des Dämons gründet, die mit der Verinnerlichung des Opfers und mit der Hybris zusammenfällt (Begriff der Besessenheit).
    Gibt es im Hebräischen Possessivpronomen, oder beginnt die Unterscheidung von Mein und Dein erst in den indogermanischen Sprachen?
    Sind nicht die Geschichten von der Sintflut und vom Turmbau zu Babel die Lösung der Geschichte vom Ursprung der Philosophie (vom „alles ist Wasser“ des Thales bis zur noesis noeseos des Aristoteles).
    Haben die Jahreszahlen bei den Urvätern etwas mit den Umlaufzeiten der Planeten zu tun (Henoch wurde 365 Jahre alt)? Und gibt es nicht drei Genealogien: Kain, Set (jeweils bis Lamech) und Noach (bis Abraham), hier mit der Spiegelung in den Söhnen des Noach: Sem, Ham (Kain) und Japhet (Set)?

  • 27.09.93

    Die Schrift wird zu einem durchsichtigen Körper im Angesicht Gottes, wenn in ihr die Gegenwart sich selbst begreift.
    Im Begriff des Monarchen in der Hegelschen Rechtsphilosophie begreift Hegel die Welt als Erbe, zu dem es ein Testament, einen Erblasser und einen Erben geben muß. Das Testament ist die Logik.
    Wollte man die Kritik der reinen Vernunft heute noch einmal schreiben, so müßte man anstatt mit den subjektiven Formen der Anschauung mit den Begriffen Welt und Natur (den Reflexionsbegriffen der subjektiven Formen der Anschauung) beginnen.
    Beerscheba: Wie hängt der Name Siebenbrunnen mit dem Namen Schwurbrunnen zusammen? Drückt sich darin auch ein Inhaltliches aus: ein Zusammenhang der Zahl Sieben mit dem Schwur (dem Siegel)?
    Schwur, Eid und schwören, Zeuge und Zeugenschaft (vgl. auch Quell und Brunnen): Hängen die Verwerfung des Schwurs und die Austreibung der Dämonen (und die Stellen mit den sieben unreinen Geistern) zusammen? Der Schwur ist eine Bekräftigung der Zeugenschaft (Unterschied zwischen der männlichen und weiblichen Zeugenschaft: Beziehung zum Bekenntnisbegriff).
    Meineid hängt mit gemein, dem Allgemeinen, zusammen, ähnlich das Tauschen mit dem täuschen.
    Wie verhalten sich die sieben Völker Kanaans zu den Philistern?
    Ist das Antlitz Gottes das Antlitz JHWHs oder das Antlitz Elohims?
    Nur die Gotteserkenntnis befreit von der Trägheit des bloß Urteilenden. Aber die Idee Gottes ist nur zu halten zusammen mit der Idee, daß
    – das Vergangene nicht nur vergangen ist und
    – die Natur nicht siegen wird.
    Und die Vorstellung, daß Auschwitz endlich in die Geschichte einzuordnen sei, ist schlicht blasphemisch (warum erhebt kein Theologe Einspruch gegen die Sprüche des Theologen Heitmann?).
    Heute hat der Faschismus Kreide gefressen und sich ein Schafsfell umgehängt.
    Ist nicht die Subjektivität das Feuer, in dem der Himmel und die Elemente verbrennen, während die Welt als Asche zurückbleibt?
    Bindung Isaaks: Sind wir nicht heute dabei, unsere Kinder zu opfern, und wo bleibt der Engel JHWHs, der uns davon abhält? (Ist das vergleichbar?)
    Ein Beitrag zur Geschichte der Verinnerlichung des Opfers: Der eucharistische Ursprung des kantischen Objektbegriffs. Das Objekt ist das gekreuzigte Ding (es liegt im Zentrum der Todesgrenze, des Inertialsystems: so ist es auf die subjektiven Formen der Anschauung bezogen und an sie gebunden).

  • 26.09.93

    Sünde und Schuld, Schuld und Aussatz (Pest?): Sünde und Schuld sind zu unterscheiden wie Natur und Welt, wie Herrschafts- und Schuldzusammenhang. Der Verblendungszusammenhang gründet in der Nichtunterscheidung. Als Getrennte wird die Schuld manifest in dem, was die Schrift Aussatz (ein Abkömmling der Scham) nennt.
    Zur Quellentheorie:
    – Ist sie nicht insgesamt apriori: Wird nicht das herausgelesen, was man zuvor hineingelesen hat (das zugrunde gelegte Identitätsprinzip)? Dieses Apriori ist zugleich ein nationalistisches und ein christliches (der „historisch interessierte Christ“).
    – Kann es sein, daß die historische Bibelkritik als eine christliche, theologische Angelegenheit, auf ein im deutschen Protestantismus gewachsenes Selbstverständnis (auf einen sehr protestantischen Begriff der Erlösung: Rechtfertigung durch Entsühnung der Welt als theologische Freigabe eines säkularisierten Weltverständnisses) zurückgeht (Leidensgeschichte als eines „zwar geschichtlichen, aber doch schon als übergeschichtlich gewerteten Geschehens“)?
    – Gibt es nicht eine merkwürdige Beziehung (vielleicht gar Parallele) der vier Quellen zum Charakter der vier Evangelien (möglicherweise sogar eine konkrete Zuordnung beider?
    – Ist nicht die Vorstellung, daß die vier (oder auch nur die drei ersten) Quellen aus einer gemeinsamen Quelle herrühren und die jüngeren „aus dem noch nicht versiegten Quell der Sagenbildung geschöpft“ hätten, in sich widersprüchlich (gar, wenn die Redaktoren nur „Kompilatoren“ sein sollen, in den Text nicht eingreifen)?
    Die Quellentheorie vermag weder die „weitgehende Parallelität“ des Erzählgutes zu erklären, noch die Notwendigkeit, dieses differierende Traditionsgut dann so zu kompilieren, daß gleichsam willkürlich und ohne innere Logik bloß eine Kollage hergestellt wird. Erinnert an die Zwangslogik der physikalischen Atomtheorien heute.
    Im Angesicht Gottes wird die Schrift zu einem nach allen Seiten durchsichtigen Körper, während jeder Blick von außen die Schrift verdunkelt.
    Ist nicht die historische Bibelkritik schon im Ansatz, und nicht erst bei ihren radikalen Exponenten, antisemitisch? „Den Griechen eine Torheit, den Juden ein Ärgernis“: Nachdem die Theologie selber der griechischen Torheit verfallen ist, blieb nur die projektive Verarbeitung des jüdischen „Ärgernisses“, das so nur als Verstocktheit und als Angriff auf die glasklare Wahrheit des Christentums (die dann freilich teuer erkauft worden ist) verstanden werden konnte. Wäre nicht endlich die produktive (das Evangelien-Problem mit einbegreifenden) Anwendung der Rosenzweigschen Bemerkung zur Bedeutung des Redaktors an der Zeit?
    Projektive Schuldverarbeitung: „den Spieß umkehren“.
    Das Verhältnis der vorweltlichen Stammes- (in L) zu den innerweltlichen Familiengeschichten (in J und E) wäre genauer zu bestimmen. Sind die „Quellen“ nicht schlicht und einfach verschiedene Gestalten der Vergegenständlichung, die, indem sie aufeinander sich beziehen, sich gegenseitig überhaupt erst erhellen? Voraussetzung des Schriftverständnisses ist die Kritik des Prinzips der Vergegenständlichung (die Lösung des Banns der Frage, was sich der Autor wohl dabei gedacht haben mag).
    Haben die „vier Quellen“ etwas mit der Standwendung „Stämme, Völker, Nationen und Sprachen“ zu tun?
    Sind nicht die alten Sprachen Kunstprodukte, erzeugt aus der Logik der Schrift (die die innere Form der Sprache verändert hat)? Und ist es nicht allein die Bibel, in der diese Logik der Schrift, ihr logisch-ästhetischer Zusammenhang, selber reflektiert wird? Zu erinnern ist daran, daß diese „Logik der Schrift“ auch historisch-gesellschaftliche Implikationen in sich enthält, daß sie wie die Geschichte des Ursprungs der Schrift, verbunden ist mit
    – der Entwicklung der Stadt und des Staates (Privateigentum und Recht),
    – den Anfängen der Naturerkenntnis (zentral die Astronomie),
    – dem Ursprung und der Geschichte des Tempels (Priestertum und Opferreligion, auch Ursprung und Geschichte der Architektur und der Kunst),
    – dem Ursprung des Geldes und der Geldwirtschaft (im Kontext der Tempelwirtschaft),
    die insgesamt ein großes logisches Kontinuum bilden, zu dessen Grundlagen die Schrift gehört.
    Ist nicht das Ökologie-Problem, das in dieser Zuspitzung ein sehr deutsches Problem ist, ebenso sehr real wie Teil eines riesigen Projektions-, Schuldverschub- und Entlastungssystems, Produkt der Anwendung des Schuldverschubsystems auf die technische Zivilisation? Verschärft wird das Problem durch das systembegründende selbstreferentielle Moment im Ökologie-Konstrukt. Modell ist die Hegelsche Logik, nach der die Idee, wenn sie sich selbst begreift, die Natur frei aus sich entläßt. In dieser Selbstentäußerung macht sich die Idee selbst unkenntlich.
    „Die Aussätzigen werden rein, und den Armen wird die frohe Botschaft verkündet“: Ist nicht das Lamm Gottes, das die Sünde der Welt auf sich nimmt, zugleich das apokalyptische Lamm, das berufen ist, die sieben Siegel zu lösen, und wird das nicht in dem Jesus-Wort an Johannes konkret? Und stellt sich nicht hier auch die Beziehung zu der Geschichte von den sieben unreinen Geistern her?
    Der Aussatz ist der Aussatz des Fleisches, der Kleidung und des Hauses.
    „Ich bin der Herr, euer Gott. Ihr sollt keine fremden Götter neben mir haben“: Ist nicht das „Keine fremden Götter neben mir“ der Kern der Kritik des Weltbegriffs? Gehören nicht die „anderen Götter neben ihm“ zur Ursprungsgeschichte des Weltbegriffs, zur Begründung und Entfaltung der Logik des Satzes „Das Eine ist das Andere des Anderen“, dessen Kraft einzig an Gott zerbricht?
    Ist die Hegelsche Ableitung des Monarchen aus der Logik der Rechtsphilosophie nicht schon vorgebildet im kantischen „Ich denke“ (und eine logische Konsequenz aus dem idealistischen Ich = Ich)?
    Hatten die Erwachsenen, die uns, als wir noch jung waren, entgegenhielten: Auch du wirst es noch erfahren, nicht recht (die Welt ist tatsächlich so)? Aber hatte nicht auch wir recht, wenn wir uns durch diesen Satz (und durch den Zustand der Welt) nicht dumm machen lassen wollten?
    „Grauen ringsum“ (zu Ps 3114 vgl. Jer 203.10)
    Sind nicht in der Geschichte vom Sündenfall die Elemente der Erkenntiskritik beieinander:
    – der Baum der Erkenntnis des Guten und Bösen,
    – das „Ihr werdet sein wie Gott“ und
    – die Instrumentalisierung der Sprache durch die Schlange und die Rechtfertigungslogik in den Antworten Adams, Evas und der Schlange an Gott.
    Kephas und Petrus ist aramäisch und griechisch.
    Hat nicht die Benjaminsche Kritik der Vorstellung des Zeitkontinuums auch einen innerphysikalischen Aspekt: In der speziellen Relativitätstheorie wird das Zeitkontinuum, das Inertialsystem, dessen Voraussetzung die Vorstellung des Zeitkontinuums ist, nur durch seine Auflösung und Sprengung hindurch gerettet und stabilisiert.

  • 24.09.93

    Otto Eissfeldt: Die historisch-kritische Bibelwissenschaft als Ergebnis der Anwendung des Inertialsystems auf die Schrift (haben die „Quellen“ etwas mit dem Verhältnis der Dimensionen im Raum und der Beziehung von Raum und Zeit zu tun)? Hier gründet das Identitätsprinzip, das die Bibel sprengt, deren Trümmer dann aber den Kern freilegen und erkenntbar machen. Vgl. die Wolkensäule, den Engel und die Finsternis (die die Israeliten durch die Wüste führen, und in denen die Kirchenväter einen Typos Jesu erkannten).
    Wenn mit der Wolken- und Feuersäule auch die Finsternis ein Typos Jesu ist, muß dann nicht der Anfang der Genesis trinitarisch verstanden werden (tohu wa bohu: der Vater, die Finsternis: der Sohn und ruach: der Geist)?
    Die Wachteln und die Begeistung der 70 Ältesten.
    Zuordnung der Rauchgewohnheiten: Zigarren: hochkapitalistisch, lange Pfeife: orientalisch, kurze Pfeife: englisch, Zigarette: faschistisch?
    Wer nur noch gelebt wird, glaubt, für sein Tun nicht mehr verantwortlich zu sein.
    Was ist die Sünde der Welt (Zusammenhang von Dornen und Disteln, Kelch, Schlange, Schwert)? Hat Joh 129 antizipatorische Bedeutung: Bezeichnung einer unabgeschlossenen, nicht abgeschlossenen Handlung (Unterscheidung von Perfekt und Imperfekt)? Zusammenhang mit dem Binden (Perfektbildung, abgeschlossene Vergangenheit: Welt- und Naturbegriff) und dem Lösen (Lösen der Vergangenheit: Idee der Auferstehung).
    Es kommt darauf an, den Natur- und den Weltbegriff als Produkte einer sprachlichen Logik zu begreifen, in deren Kontext die Theologie keine Chance mehr hat.
    Verhängnisvoller Perfektionstrieb, ungeheuerliche Bedeutung der grammatischen Struktur des Hebräischen, das nur die Zeitformen des Perfekt und Imperfekt (und deshalb kein Neutrum) kennt (keine Welt, aber Himmel und Erde).
    Adornos Eingedenken der Natur im Subjekt als Grundkonzept einer Geschichtsphilosophie begreifen: Natur ist ein Moment im Lebensprozeß der Gesellschaft, ein Teil der Herrschaftsgeschichte.
    Was waren eigentlich die Fleischtöpfe Ägyptens?

  • 23.09.93

    Das Lustmoment in der Empörung (und im Urteil) kommt von der Schuldverschiebung: Hängt es nicht mit der männlichen („überzeugenden“) Gewalt zusammen, und ist es nicht ein Sinnesimplikat des Überzeugungstriebs? Steckt nicht in jeder Empörung auch die Erektion, wie in jedem Turm (und im Begriff des Wissens) ein Stück Empörung?
    Problem des Ursprungs negativer Zahlen: „Beteiligen Sie sich am Kapital Ihrer Bank mit Genußrechten zu 7%“ (Fußnote unterm Kontoauszug vom 23.09.93). Sind diese Genußrechte nicht „Rechte“ am Genuß an der Ausbeutung der Schulden anderer?

  • 22.09.93

    Nach Flavius Josephus symbolisieren die vier Farben im Vorhang des Tempels die vier Elemente:
    – Scharlach: das Feuer,
    – Weiß: die Erde,
    – Blau: die Luft und
    – Purpur: das Meer.
    Sind die „vier Vokale“, die nach Flavius Josephus auf der Kopfbinde des Hohepriesters geschrieben sind, die des Tetragrammaton, die vier Buchstaben des Gottesnamens? Wie verhält sich diese Tradition zum bibelwissenschaftlichen „Jahwä“?
    Wer die Religion vollständig auf die Gesinnungs- und Bekenntnisebene schiebt, leugnet die Erkenntnisforderung und den Erkenntnisanspruch der Religion. Diese Beziehung zur Erkenntnis ist im Christentum nach dem Urschisma durch die Gnosis verstellt worden.
    Wenn Hegel in der Rechtsphilosophie den Monarchen aus der Logik des Systems ableitet, so rührt er damit an die Logik des Namens. Und er bezeichnet zugleich den Punkt, an dem die messianische mit der Königstradition zusammenhängt.
    Sind nicht der Urknall, der schwarze Hohlraum und das schwarze Loch projektive Verkörperungen der Verdrängung des Namens, und stehen sie nicht in einer systematischen Wechselbeziehung (die aus der Logik des Inertialsystems sich müßte ableiten lassen)?
    Ist das bara in Imperfektum oder ein Perfektum (Produkt einer nicht abgeschlossenen oder einer abgeschlossenen Handlung)? Oder kommt dieses Verb in der Schrift in beiden Formen (bei Buber erkennbar als „schuf“ und „hat geschaffen“) vor, allerdings mit differerierenden Konnotationen (bis hin zum Gottesnamen)? Und wie verhält das Schaffen zum Machen? Vgl. hierzu den Wechsel in Gen 24a,b:
    – vom Imperfekt zum Perfekt, mit anschließender Versetzung in die Vergangenheit („Zur Zeit, da …“) und Änderung des Verbs (von schaffen zu machen),
    – von Elohim zu Elohim JHWH und
    – von „Himmel und Erde“ zu „Erde und Himmel“ (Vertauschung der Folge der Objekte): aus der unabgeschlossenen Schöpfung von Himmel und Erde wird die abgeschlossene Schöpfung von Erde und Himmel.
    Die Unterscheidung der „Quellen“ orientiert sich nicht nur am Gebrauch des Gottesnamens. Welche anderen sprachlichen Kriterien liegen ihr noch zugrunde? Kann es nicht sein, daß sich dahinter ein kompositorisches Element verbirgt?
    Läßt sich Bubers Bibel-Übersetzung nicht unter dem Stichwort Ästhetisierung kritisieren (vgl. das „Braus Gottes schwingend über dem Antlitz der Wasser“, in dem das Tätige des Brütens zu einem artistischen Akt wird)? Spielt das nicht mit herein, wenn die Armen, die Fremden, das Opfer, der Geist, die Gerechtigkeit, die Wahrheit, die Barmherzigkeit und andere aus dem Text verschwinden? Was wird aus dem Zorn?
    Natur ist der Inbegriff aller Objekte, die der Herrschaft der Vergangenheit unterworfen sind, während der Weltbegriff Vergangenheit und Zukunft dadurch trennt, daß er die Zukunft unter die Vergangenheit subsumiert (nur unter der Herrschaft der Vergangenheit sind Zukunft und Vergangenheit getrennt). Auf diesen Schnitt beziehen sich die Schwertsymbole: vom kreisenden Flammenschwert des Kerubs am Eingang des Paradieses bis zur Duchschlagung des Gordischen Knotens durchs Schwert des Alexander. Konstituiert das Schwert die Zeit, indem es sie von der Ewigkeit trennt, sie der Vergangenheit unterwirft?
    Wer ist Malchus?
    Das Schwert, das die Wunde schlägt, heilt sie auch (oder: Schwerter zu Pflugscharen): Sind die subjektiven Formen der Anschauung (und ist das Inertialsystem), und mit ihnen das Reich der Erscheinungen, das Werk des Schwertes? Begründet das Schwert mit der Trennung von Zukunft und Vergangenheit (und der Subsumtion der Zukunft unter die Vergangenheit) auch den Begriff des Wissens und die Trennung des Natur- und Weltbegriffs?
    Steht nicht die Natur unter dem Bann der Subjektivität? Und ist nicht Adornos „Eingedenken der Natur im Subjekt“ zu radikalisieren durch die Kritik des Naturbegriffs selber?
    Ärgernisse müssen kommen, aber wehe denen durch die sie kommen: Ist dieser Fluch nicht auch ein Segen (und ein Fluch nur für die, die den Segen darin nicht sehen)?
    Die Wahrheit hat einen Zeitkern (Adorno): Dieser Satz wird mißverstanden, wenn man ihn relativistisch versteht.
    Auch Herrschaftskritik ist vor der Gefahr des Herrendenkens nicht gefeit.
    Problem der Chronologie: Die sogenannte Tiefenzeit ist ein Versuch, den Naturbegriff so zu verankern, daß er unwiderlegbar wird. Mit der Tiefenzeit kapituliert das Subjekt endgültig vor dem Bann, den es selbst über die Natur legt. Jeder Bann aber ist ein Todesbann.
    Nicht nur die Rettung der vergangenen Hoffnung, sondern die Errettung der vergangenen Zukunft (gegen das „Prinzip Hoffnung“).
    Wer sind heute die Aussätzigen: Gehören dazu nicht auch die Objekte des Vorurteils, die Juden, die Frauen, die Ausländer?
    Gibt es eigentlich keinen Theologen, dem beim Kohlschen Wort vom „Umdenken“ (ähnlich wie damals beim Ehrhard-Wort von der „Sünde wider den Geist der Marktwirtschaft“) etwas einfällt? (Es paßt zu einem geistigen Klima, in dem die Reichen die Armen sind, die sich für das Ganze aufopfern.) Ist die Theologie schon so verderbt, daß ihr Gegenteil sich als ihre Verkörperung ausgeben kann (vgl. die „Theologen“ in der CDU, mit denen sich Kohl jetzt umgibt: Hintze und Heitmann, während er bei die Besetzung der Fachressorts Wirtschaft und Finanzen Fachleute um jeden Preis zu meiden versucht). Die Regierungsmannschaft Kohls wird durch das Feuer kabarettistischer Kritik nur noch gestählt (mit Hilfe der Theologie).
    Stichwort „falsche Propheten“ (vom Deuteronomium bis zum NT, insbesondere auch in der Apokalypse): Das Problem sind nicht die falschen Propheten selber, sondern das Problem ist eine Politik, die wie ein Magnet die falschen Propheten anzieht. Die falschen Propheten sind am projektiven Gebrauch der Diskriminierungslogik (am instrumentellen Gebrauch der double-bind-Falle) erkennbar:
    – „Asylantenflut“: wir überschwemmen die Welt mit der Armut, die wir nach draußen exportieren;
    – die Xenophobie ist der Spiegel des Schreckens, den wir in der Welt verbreiten;
    – die „Banden-Kriminalität“ (Begründung des „großen Lauschangriffs“) das Spiegelbild der realen Politik und Ökonomie: des Überfalls und der Beraubung der Armen).
    Zugleich wird der Anspruch der Religion durch die projektive Ausmalung ihrer raf-Variante: des Fundamentalismus (den es zugleich tatsächlich gibt) destruiert.
    Der Weltbegriff als Instrument der Schizophrenisierung: Psychose-Generator.
    Das Buch Hiob ist nicht die Antwort auf das Theodizee-Problem, sondern der Nachweis, daß bereits die Frage (notwendig und) blasphemisch ist. Es beschreibt die Grenzen der Urteilskraft, dazu braucht es den „Ankläger“.
    Wer nachweist, daß Äpfel keine Birnen sind, hat damit nicht nachgewiesen, daß es keine Birnen gibt.
    Ist nicht die große Musik, spätestens seit Bach, der ohnmächtige, aber keineswegs hilflose Versuch, das Problem des Nominalismus (auch des double bind, der Trennung von Ton und Inhalt eines Satzes) zu bestimmen?
    Ein Text, der es nicht erträgt, daß Worte in ihm auch gegensätzliche Bedeutungen repräsentieren, kann nicht wahr sein. Der Nachweis, daß ein Text Widersprüche enthält, ist nicht in jedem Falle eine Widerlegung.
    Der ontologische Gottesbeweis hat die Selbstoffenbarung Gottes im brennenden Dornbusch neutralisiert (und die Persil-Reklame antizipiert).
    Wer die Erfindung der Schrift als technisches Problem begreift, neutralisiert das Problem anstatt es zu lösen. Welches gesellschaftliche (und sprachlogische) Interesse liegt der Erfindung der Schrift zugrunde? Gibt es einen Staat ohne Schrift?
    Das Schlimme heute ist, daß unsere Theologie erinnerungslos Abschied von ihrer eigenen Vergangenheit zu nehmen versucht. So macht sie sich selbst zum Agenten des Hasses der Welt. Nur so (durch Identifikation mit dem Aggressor) glaubt sie, selbst der Angriffszone dieses Hasses sich entziehen zu können.
    Haben sich nicht alle am Schicksal der raf mitschuldig gemacht, die damals wußten, daß Analysen der raf so falsch nicht waren, dieses Bewußtsein aber verdrängten, weil sie gegen die Sympathisanten-Hetze hilflos waren.
    raf und Scheiterhaufen: Beide sind falsche, instrumentalisierende Verkörperungen des Feuers (und seiner Beziehung zum Opfer und zur Sünde der Welt; Zusammenhang des Scheiterhaufens mit der Geschichte der Alchemie, der „Goldmacherkunst“).
    Nur von der Sünde wider den Heiligen Geist heißt es, daß sie weder in dieser noch in der künftigen Welt vergeben werde, während es heißt, daß, wer den Vater und den Sohn leugnet, der Antichrist sei (1 Joh 222).
    Ist der Feminismus nicht zunächst ein Symptom, nur in einigen Verkörperungen auch schon der Ansatz zu einer Lösung (Elisabeth Schüßler-Fiorenza, Rosemary Radford-Ruether, Mary Daly)?
    Ist nicht durch die Logik des Weltbegriffs das Sein zum Haben anderer geworden? Darin gründet die verandernde Kraft des Seins, wird das Sein zu einem Moment im gesellschaftlichen Schuldzusammenhang (als dessen innere Reflexion die Heideggersche Fundamentalontologie zu begreifen ist).
    Lassen sich die englische und die deutsche Sprachlogik nicht an der Form der gesellschaftlichen Anrede erkennen: Im Englischen ist die zweite Person sing. mit der zweiten Person plural (you) identisch, im Deutschen reden sich Erwachsene mit dem Personalpronomen der dritten Person plural (Sie) an: Hängt das nicht mit der Beziehung des Seins zum to be zusammen?
    Durch den Begriff des Wissens wird die Wahrheit auf Objekte bezogen (als Übereinstimmung von Begriff und Gegenstand definiert).

  • 19.09.93

    Sind die drei Gegenstände, in die bei Rosenzweig das All zerspringt (Mensch Gott Welt), nicht in den drei Totalitätsbegriffen Kants (Wissen Natur Welt) vorgebildet, die die Grundlage für die drei Gestalten des deutschen Idealismus (Fichte Schelling Hegel) bildeten, über deren innere Beziehungen aber seit Kant niemand mehr nachgedacht hat?
    Macht nicht die Rosenzweigsche Sprachreflexion Halt vor dem Genus-Problem (Ursprung des Neutrum) und vor der grammatischen Logik der Konjugation und des Gebrauchs der Hilfsverben (Futur, Änderung der Bedeutung und Funktion des Perfekt, Futur II und Plusquamperfekt)?
    Im Lateinischen endet der Akk. sing. mit -m, im Griechischen (und im Deutschen) mit -n (im Deutschen rutscht das -m in den Dativ). Hängt das mit der Geschichte des Eigentumsbegriffs und seiner Stellung zum Staat zusammen?
    Der Weltbegriff entspringt aus der Neutralisierung des Vater-Sohn-Konflikts; deshalb steht der Kreuzestod für den Zustand, nicht für die Entsühnung der Welt. Der Kreuzestod ist die offene Wunde der Welt. Wie hängen die subjektiven Formen der Anschauung damit zusammen?
    Naturphilosophischer Aspekt der vaterlosen Gesellschaft: Mit den Himmeln wurde der Vater abgeschafft (pater noster, qui es in coelis).
    Die Welt ist der zur absoluten Konfrontation stillgestellte Geschlechter-, Generationen- und Geschwister-Konflikt.
    Grundlage der Bildung des Weltbegriffs ist die Bildung des Neutrum (eine indogermanische Bildung, die wahrscheinlich aus dem Akkusativ entsprungen ist: vgl. die Beziehung von Satan und Schlange).
    Zur Theorie des Lachens: Muß man nicht auch hier zwischen einem satanischen, teuflischen, und dämonischen Lachen unterscheiden (zu welchem gehört das zynische Lachen)?
    Durch die theologische Rezeption des Weltbegriffs wurde Herrschaftskritik zur Sexualmoral und die Umkehr zur Gesinnung, zum Bekenntnis instrumentalisiert (und zugleich spiritualisiert und depotenziert).
    Die Welt und die Zerstörung des Angesichts (Geschichte der Scham und der Privatsphäre, der Skulptur und des Portraits): Nach dem Sündenfall verbargen sich Adam und Eva vor dem Angesicht Gottes unter den Bäumen des Gartens.

  • 18.09.93

    Die alte KZ-Wärter-Logik „Wenn du’s nicht tust, dann tut’s ein anderer“ und „Einer muß schließlich die Drecksarbeit tun“ ist die herrschende Logik in Politik und Wirtschaft heute.
    Die ambivalente Position der Dialektik der Aufklärung, zu der Walter Benjamin das Bild geliefert hat, war nicht durchzuhalten. Man kann sich der Theologie nicht bedienen und sie zugleich als Zwerg unterm Tisch verstecken, man muß sie hervorholen, auch auf die Gefahr hin, daß die im Gebrauch des Weltbegriffs wurzelnden Vorurteile dann nicht mehr zu halten sind.
    Was wir die Welt nennen, ist eine Momentaufnahme im Säkularisationsprozeß. Es ist die Ersetzung der Gegenwart, die von objektiven Korrespondenzen: von Verheißungen und Erinnerungen durchdrungen ist, durch das Gesetz der Gleichzeitigkeit (durch die Form des Raumes). Ist es nicht der quälend verlangsamte Weltuntergang, den wir betreiben, den wir allerdings zugleich aufgrund unserer Mittäterschaft wahrzunehmen nicht mehr fähig sind. Daß die Elemente verbrennen und der Himmel wie eine Buchrolle sich aufrollt, ereignet sich das nicht vor unseren Augen: im naturwissenschaftlichen Aufklärungsprozeß?
    Was Jesus dem Johannes im Gefängnis mitteilen läßt (Befreiung von den sieben unreinen Geistern?):
    – Blinde werden sehend und
    . Lahme gehen,
    – Aussätzige (d.i. Unreine: Beziehung zur Scham?) werden rein und
    . Taube hören,
    – Tote werden auferweckt und
    . den Armen (die Gott in der Welt repräsentieren) wird die frohe Botschaft verkündet, und
    – selig ist, wer an mir (an der Schrift, an den Juden) keinen Anstoß nimmt (Mt 115, Lk 722f),
    ist das nicht unsere vergangene Zukunft? Heute werden die Sehenden blind, die Gehenden lahm, die Reinen zur Wohnung der unreinen Geister, die Hörenden taub und die Armen der ausweglosen Verzweiflung ausgesetzt, während das im letzten Punkt benannte Ärgernis zwanglos sich auf die Theologie hinter dem Rücken Gottes (die den Anstoß des Kreuzestodes wegrationalisiert) und auf Auschwitz sich beziehen läßt. Hat nicht die Kirche zwangshaft und bewußtlos „an ihm Anstoß“ genommen (den Kelch getrunken), und dann den „Anstoß“ (das Ärgernis) projektiv mißbraucht?
    Ist dieses Jesus-Wort die Antwort auf das agnus dei, qui tollit peccata mundi, und die Entfaltung des Johannes-Worts von der Umkehr (Kehret um, denn das Reich Gottes ist nahe)? Es verknüpft die Befreiung von der Trägheit mit dem Sehen (das Angesicht), das Hören (Heute, wenn ihr meine Stimme hört) mit der Reinigung vom Aussatz und die frohe Botschaft an die Armen (die Gott selbst repräsentieren) mit der Auferweckung der Toten. Bezieht sich hieraus das ergreifende Paulus-Wort, wonach die ganze Schöpfung seufzt und in Wehen liegt und auf die Freiheit der Kinder Gottes wartet?
    Nach dem Wort an Johannes kommt das Wort über Johannes (der, den ihr sucht, ist nicht an den Höfen der Könige).
    Zur Täufer-Theologie gehören Joh 129 und die obige Stelle (Mt 115 und Lk 722f), aber dazu zum letzten Punkt insbesondere die Aufarbeitung des Urschisma, die Kritik des kirchlichen Antijudaismus (Karl Thieme: die Stephanus-Rede und der Hebräerbrief).
    Arglos wie die Tauben: sich an ihm nicht ärgern.
    Heute genügt nicht mehr die Umkehr, sondern die Befreiung von den sieben unreinen Geistern, das Lösen der sieben Siegel. Klingt das nicht erstmals beim Jeremias an, dessen Nähe zu Jesus hier erkennbar wird: im Wort von dem „Grauen um und um“? Dieses Wort erscheint an drei Stellen (wie auch Gottes Aufforderung an Jeremias, nicht mehr für dieses Volk zu beten, und im Kontrast dazu das Gebot an das Volk: Betet für das Wohl der Stadt). Worauf beziehen sich diese Stellen?
    Nicht Griechenland, sondern Rom ist Babylon: Ist das Futur II (eine grammatische Errungenschaft der Lateiner) ein Produkt der Astrologie?
    Im Tempel, im Allerheiligsten, wohnt nicht Gott selber, sondern der Tempel ist das Haus des Namens (und der Herrlichkeit) Gottes. In katholischen Kirchen entspricht dem Namen Gottes die Eucharistie, aber was heißt das? Beim Tod am Kreuz ist der Vorhang des Tempels, der das Allerheiligste vom übrigen Raum abtrennte, zerrissen (was bedeutet der Vorhang im Tempel, Gen 2631ff?). Was ist in Auschwitz zerrissen?
    Das Bekenntnis und die ohnmächtige und folgenlose Gesinnung (vgl. gesonnen und gesinnt). Ist nicht die Gesinnung wie das Bekenntnis eine Alibi-Veranstaltung, der Bunker, in den sich das schlechte Gewissen vor dem Angesicht Gottes flüchtet? Adam und sein Weib „verbargen sich vor dem Angesichte Gottes des Herrn unter den Bäumen im Garten“ (Gen 38): Gehört das zur Geschichte des Ursprungs der Architektur?
    Islam und Christentum: Ist die Kaaba die Erinnerung an das unerlöste steinerne Herz der Kirche?
    Angst und Erkenntnis: Während die apokalyptische Stimmung Angst erzeugt, entspringt und konstituiert sich apokalyptische Erkenntnis in der Reflexion der Angst.
    Begriff und Erfahrung (zur Kritik der Erfahrung). Begriffe sind die Narben erlittener Erfahrung, Produkte des verdrängten Leidens. Welche Funktion hatte der Kreuzestod und seine theologische Verarbeitung (seiner Objektivation, Verdrängung und Instrumentalisierung) in der Geschichte des Begriffs? Ist nicht der Begriff in der Tat das Instrument der Zerstörung des Namens, der auf dem Grunde des Leidens ruht? Nur über das Leiden wird das Wort seiner selbst mächtig, gewinnt die Sprache ihre benennende Kraft zurück. Aber selbst das hat die Philosophie mit dem Begriff des „Existentiellen“ nochmal einzufangen und zu instrumentalisieren versucht. Der Existenz-Begriff ist mythologisch, weil er die Kraft des Namens in das Privileg des Opfers umlenkt und so neutralisiert, weil er die Heiligung des Namens (wie das Christentum) mit der Heroisierung, der Vergöttlichung des Opfers verwechselt. Nach meiner Kenntnis ist in der jüdischen Tradition der Begriff der Heiligung des Namens eine andere Bezeichnung fürs Martyrium. Ist das nicht das proton pseudos, aber liegt darin nicht zugleich auch die Verführungsgewalt des Mythos, daß er das Opfer mit der Sinnfrage verknüpft (das ist der Sinn von Heideggers Frage nach „dem Sinn von Sein“): Die Sinnfrage substituiert sich der erkennenden Kraft des Namens, kehrt sie nach außen und neutralisiert sie. Die Sinnfrage und ihr Vorläufer, die Theodizee, verrät das Opfer durch Heroisierung, durch Vergöttlichung. Die Göttlichkeit Jesu ruht in der Kraft des Namens, und nur insoweit in der Kraft des Opfers. Hier ist der Berührungspunkt der messianischen mit der Königstradition, die auch aus der Geschichte des Opfers stammt.
    Was unterscheidet die Königs- (Davids-) Tradition von der Reichs- und Kaiser-Tradition (von der Nebukadnezar-, Alexander-und Caesar-Tradition)? Oder auch: Was unterscheidet die englische und französische von der deutschen Tradition (in den politischen Institutionen, in der Sprache und in der Philosophie)? Aber hatten nicht auch die Engländer und die Franzosen ihren imperialistischen Sündenfall (Indien und Napoleon; das zweite deutsche Reich hat sich den Kaisertitel durch einen Sieg über Frankreich, das dann prompt zum Erbfeind ernannt wurde, zurückgeholt; Bedeutung des Rußlandfeldzugs für Hitler)?
    Enthält nicht das Problem der deutschen Einheit eine bis heute unbegriffene Herausforderung (die offensichtlich durch den Kandidaten Heitmann verdrängt werden soll)?

  • 17.09.93

    Den Griechen eine Torheit, den Juden ein Ärgernis: Das Lamm Gottes, das die Sünde der Welt auf sich nimmt? (In welcher Beziehung steht im Deuterojesaia das Lamm zum Gottesknecht?)
    Die Geschichte der Naturwissenschaften als Geschichte der Austreibung des Geistes: als Gegengeschichte zur Dämonenaustreibung?
    Sind nicht die subjektiven Formen der Anschauung das Sündennetz, in das das Herrendenken und jede Objekt-Erkenntnis sich verstrickt?
    Jeremias und Jesus: War nicht das Judentum zur Zeit beider ins Herrendenken verstrickt (Analyse der Verwirrung: Wo gab es die ersten falschen Propheten: die ersten Rechtfertiger der Macht?).
    Scheint nicht beim Flavius Josephus, in der Geschichte der Grausamkeiten und der Paranoia der Mitglieder der Herodesfamilie (und dann der Beteiligten im Jüdischen Krieg), der „naturgeschichtliche“ Hintergrund der Jesus-Zeit, in den auch die Priesterschaft und der Tempel verstrickt ist, mit durch? Bezieht sich nicht hierauf der „Antijudaismus“ im Johannes-Evangelium?
    Sind es nicht einfach mangelnde historische Kenntnisse, die alles ineinander verschwimmen lassen: die Pharisäer, die Schriftgelehrten, die Sadduzäer etc.?
    Ist die Währung der Jesus-Zeit (die „Talente“) nicht eher eine politische als eine privatwirtschaftliche Währung? Wozu wurde das Geld gebraucht, womit wurde gehandelt? Wovon lebten die Massen in den Metropolen (gehörte die Bereitstellung des materiellen Unterhalts des Volkes zu den Pflichten der Herrschenden)? Waren nicht Herodes und die Mitglieder seiner Familie Polit-Unternehmer, verfeindet durch das wechselseitige Konkurrenzverhältnis? Waren die Söldner (sofern sie nicht, wie in Kriegszeiten, von der Beute lebten) die ersten Lohnabhängigen?
    Ist nicht die christliche Identifizierung Roms mit Babylon präziser als dessen jüdische Identifizierung mit Edom?
    Die dämonische Zweideutigkeit ist der logische Aspekt der Instrumentalisierung: Zusammenhang von Instrumentalisierung und Sprache, Bedeutung der Schuldreflexion und Ursprung des Nominalismus.
    Es ist ein Erbe der Philosophie, wenn die Theologie aus der Unterscheidung von Götzendienst und Monotheismus ein quantitatives Problem gemacht hat.
    Läßt sich die Hellenisierung des Christentums (auf die die Geschichte im Garten Getsemane anspielt?), als ein welthistorischer Akt des Tikkun verstehen (vgl. die Geschichte der Dönmeh in Saloniki)? Seitdem gibt es Wölfe im Schafsfell und Schafe im Wolfspelz, aber erkennen kann sie nur Gott.
    Ist nicht die Apokalypse eine notwendige Radikalisierung der Prophetie: nach dem Ursprung des Weltbegriffs (Daniel befindet sich am Hofe des Nebukadnezar: Hatte das nicht schon sein Vorbild in der Josefsgeschichte, und was bedeutet es, wenn Johannes auf Patmos schreibt?). Die Jonas-Geschichte ist postapokalyptisch.
    Klingt nicht die Kritik der Postmoderne in Deutschland ein wenig nach dem palmströmschen Vers, daß nicht sein kann, was nicht sein darf?

  • 16.09.93

    Zur theologischen Sommerwoche in Bendorf: Was wäre, wenn die Gruppe (nach einer allgemeinen Einführung ins Thema und nach einer vorherigen Abgrenzung) sich selbst und ihr eigenes Problem in der Sache selbst zu finden und zu definieren versucht und dann die Referenten hierzu als Sachverständige anhört, anstatt sich das Problem und die Lösung von den Referenten autoritär vorgeben zu lassen. Konstitutionsproblem einer Theologie „von unten“: endlich auch den Bann eines Wissenschaftsverständnisses brechen, das die eigene Autorität anstatt aus der Sache aus dem Stand des Objektivationsprozesse (dem Stand der Wissenschaft) herleitet. Demokratischer Grund einer Theologie im Angesicht Gottes?

Adorno Aktueller Bezug Antijudaismus Antisemitismus Astrologie Auschwitz Banken Bekenntnislogik Benjamin Blut Buber Christentum Drewermann Einstein Empörung Faschismus Feindbildlogik Fernsehen Freud Geld Gemeinheit Gesellschaft Habermas Hegel Heidegger Heinsohn Hitler Hogefeld Horkheimer Inquisition Islam Justiz Kabbala Kant Kapitalismus Kohl Kopernikus Lachen Levinas Marx Mathematik Naturwissenschaft Newton Paranoia Patriarchat Philosophie Planck Rassismus Rosenzweig Selbstmitleid Sexismus Sexualmoral Sprache Theologie Tiere Verwaltung Wasser Wittgenstein Ästhetik Ökonomie