Läßt sich die Struktur der hebräischen Sprache aus der Weigerung, sich der Logik des Andersseins anzugleichen, erklären? -Deshalb ist der Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs ein eifersüchtiger Gott, deshalb hat er keine anderen Götter „sich gegenüber“. Und Hegels Atheismus gründet in dem Satz: Das Eine ist das Andere des Anderen.
Durch Positivität verfällt die Trinitätslehre dem Anderssein, dem Götzendienst.
Zum Problem der Gematria: Ist nicht die Trennung der Mathematik von der Sprache in Alexanders Tat: der Durchschlagung des gordischen Knotens, symbolisiert (Trennung von Joch und Deichsel)?
Hypothese:
– Der Islam ist die ins Semitische übersetzte Philosophie (Rezeption des Weltbegriffs: ist nicht die creatio mundi ex nihilo eine islamische Erfindung?),
– das Christentum hingegen der Versuch, die Offenbarung ins Griechische zu übertragen (Feuer sollte es werden, und eine Sintflut ist es geworden).
Oktober 1993
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20.10.93
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19.10.93
Die Beziehung des Begriffs zum Objekt (im Urteil) ist obszön: das Aufdecken der Blöße des Objekts und seine Vergewaltigung zugleich.
Das Objekt ist die Blöße der Sache und meine eigene zugleich.
Verweisen die Geschichten von den sieben unreinen Geistern nicht auf den Zusammenhang des kosmologischen und gesellschaftlichen Aspekts der antiken Astronomie (der Planetentheorie)?
Hat die Welt als Totalität des Andersseins sieben Wurzeln? So erscheint sie im Bilde des Unkrauts, das nicht ausgerissen werden soll. Aber die sieben Siegel wären zu lösen.
Das Eine ist das Andere des Anderen: Aber dieses Anderssein ist nicht einfach, sondern siebenfach.
Zwischen einer Theologie im Angesicht Gottes und einer Theologie hinter seinem Rücken liegt die Lösung der sieben Siegel.
Zu Maria Magdalena: Als sie Jesus nach der Auferstehung im Garten trifft (und mit dem Gärtner verwechselt), darf sie ihn nicht anrühren (denn er ist noch nicht zum Vater aufgefahren); Thomas dagegen soll ihn berühren.
In welchem Kontext steht (im Deuteronomium) der Satz von dem Rind, dem man beim Dreschen das Maul nicht verbinden soll; gibt es eine Beziehung zum gordischen Knoten, der das Joch und die Deichsel des Ochsenkarrens verknüpft, und den Alexander durchschlagen hat?
Entsteht nicht heute, nachdem die Folgen des Durchschlagens des Knotens offenkundig werden, die Gefahr, daß Politik auf des Verbinden des Maules des dreschenden Rindes sich zusammenzieht?
Die Pflanzen wurden vor der Sonne, dem Mond und den Sternen erschaffen (am dritten Tag), die Fische, die Vögel und die Tiere danach (am fünften und sechsten Tag).
Gründet nicht die Trennung der drei Weltreligionen in einem gemeinsamen Prinzip, das auch nur gemeinsam gelöst oder aufgehoben werden kann?
Die Pforten der Hölle werden sie nicht überwältigen; heißt das nicht: die Natur wird nicht siegen, aber auch: das Weltgericht behält nicht das letzte Wort?
Ist das „leer, gereinigt und geschmückt“ in der Geschichte von den sieben unreinen Geistern nicht auf
– die kopernikanische Wende,
– den bibelwissenschaftlichen Positivismus und
– die Remythisierung der Kirchen: die Errichtung komfortabler Religionsnischen
zu beziehen?
Hängt die Trennung von Leib und Seele mit der Trennung von Natur und Welt zusammen? -
18.10.93
Besteht ein Zusammenhang zwischen der Durchsetzung des nizäno-konstantinopolitanischen Glaubensbekenntnisses und dem Ursprung des Islam (s. Kelly, S. 340)?
Die alten Bekenntnisformeln sprechen noch von der Erschaffung von Himmel und Erde. Die creatio mundi ex nihilo ist ein scholastisches, durch den Islam vermitteltes Konstrukt.
Im Westen war das apostolische Bekenntnis das Taufbekenntnis, das nizäno-konstantinopolitanische das Eucharistiebekenntnis. Worin ist diese Doppelung begründet, und was drückt sich darin aus?
Das conceptus de spiritu sancto (natus de Maria virgine) scheint vom Ursprung her nicht als (aktive) Zeugung durch den Heiligen Geist sondern als dessen (passive, gleichsam weibliche) Empfängnis verstanden worden zu sein. Maria hat ihn nicht „vom Heiligen Geist empfangen“, sie hat ihn nur geboren. Vgl. die Bemerkung des Hilarius, daß es die Rolle des Geistes sei zu empfangen (S. 371). – Vgl. hierzu Luk 135: Der Heilige Geist wird über dich kommen und die Kraft des Höchsten wird dich überschatten; daher wird auch das Heilige, das gezeugt wird, Sohn Gottes genannt werden.
Nicht nur die Vorgeschichte der drei Leugnungen Petri (die Ankündigung), sondern auch der Kontext gehört zum Verständnis dazu: Der Vorgang ereignet sich in der Nacht, im Hof des Hohepriesters, während des Verhörs (mit der Untauglichkeit der falschen Zeugen und der messianischen Selbstoffenbarung Jesu), an einem Feuer, an dem die Diener des Hohepriesters sich wärmen.
Wenn die Geschichte von den drei Leugnungen stimmt, dann liegt in ihr (und d.h. im Christentum) der Schlüssel für die Probleme der drei „Weltreligionen“.
Indem die transzendentale Logik das Wissen begründet, kritisiert sie es zugleich, trennt sie es von der Erkenntnis und macht sie es zu einem Anderen der Sache selbst. Die Vollendung des Weltbegriffs, der Begriff des Absoluten, ist die Selbstzerstörung der Erkenntnis.
Es gibt keinen direkten Weg von den Naturwissenschaften zur Theologie, nur den über die Erkenntnis- und Gesellschaftskritik.
Ist die am zweiten Tag erschaffene Feste, die die unteren von den oberen Wassern trennt, und die Gott dann Himmel nannte, das räumliche (kosmische) Äquivalent der Philosophie? Und sind die paulinischen Archonten nicht ein Hinweis darauf, daß es nicht nur ein transzendentales Subjekt, sondern eine bestimmte Zahl unterschiedener transzendentaler Subjekte gibt (die sieben unreinen Geister)? Wenn Maria Magdalena als einzige von den sieben unreinen Geistern befreit ist, ist sie dann nicht die Verkörperung des Lösens („wird auch im Himmel gelöst sein“)?
Nicht Verurteilen („Verdammen“), sondern Retten wäre die Aufgabe einer parakletischen Theologie.
Enthält die Fahrlehrer-Weisheit: Dreimal Rechts ist einmal Links (und umgekehrt), nicht auch eine politische Wahrheit? Ist nicht Orthogonalität das Paradigma von Form und Struktur?
Das Resultat
– einer Kritik des Bekenntnisses müßte eine Logik des Angesichts,
– das einer Kritik der Philosophie eine Logik des Namens und
– das einer Kritik der Physik eine Logik des Feuers
sein: die Erkenntnis ihrer inneren Grenze (der Grenzer des Wissens).
Das Antlitz ist kein optischer, sondern ein sprachlicher Sachverhalt, und seine Erneuerung hat etwas mit dem Parakleten zu tun. -
17.10.93
Wenn die Matriarchatstheorien stimmen, und der Weltbegriff Ausdruck und Siegel des Patriarchats ist: was ist dann das kosmologische Äquivalent des matriarchalischen Zeitalters?
Hängt nicht die aristotelische noesis noeseos sowohl mit der griechischen Pädophilie als auch mit der Trinitätslehre zusammen?
Die Konzilien haben mit dem Bekenntnis den durch Alexander durchschlagenen Knoten zwischen Joch und Deichsel des Ochsenkarrens neu geknüpft: Hierauf wäre das Wort vom Binden und Lösen zu beziehen.
Zur Metaphorik: Zu analysieren wäre das Medium der Metaphorik, die Strukturen und Kräfte, die das Wort von seiner benennenden Kraft trennen, es zu Schall und Rauch machen.
Hängen Orion und die Plejaden (das Siebengestirn) mit Josue und den sieben Völkern Kanaans (oder auch mit dem christlichen Urschisma) zusammen? -
16.10.93
Füllt das homousion nicht die Lücke aus, die die Umwandlung des homologein ins Bekenntnis hinterlassen hat, überbrückt es nicht falsch den Abgrund, den das Bekenntnis aufgerissen hat?
Durch das homousion ist die Theologie zur Magd der Philosophie geworden.
Das homousion ist der Kompromiß zwischen der Vergöttlichung des Kaisers und dem Christentum. Ein Kompromiß, der durch die Ohnmacht gegenüber der Gewalt des Weltbegriffs erzwungen wurde.
Ist das johanneische en arche dem mosaischen bereschit deckungsgleich, bezeichnen beide Worte den gleichen Sachverhalt, den gleichen „Anfang“?
Ist der johanneische logos nicht eine theologische und politische Kategorie zugleich, und worauf bezieht er sich: auf die Schöpfung der Welt oder auf die Erschaffung von Himmel und Erde (Joh 13: Alle Dinge sind durch dasselbe geworden, und ohne dasselbe ist auch nicht eines geworden, das geworden ist)? Wenn die Einfügung des homousion ins Credo (der dogmatische Sündenfall der Kirche) nicht zuletzt dem kaiserlichen Eingriff Konstantins sich verdankt, so spricht einiges dafür, daß zumindest Konstantin (und möglicherweise nur er) wußte, was er tat.
Liegt hier nicht der Grund der paulinischen Obrigkeits-Lehre und des paulinischen Satzes, wonach am Ende, wenn dem Sohn alles unterworfen sein wird, „auch der Sohn selbst sich dem unterwerfen wird, der ihm alles unterworfen hat, damit Gott alles in allem sei“ (1 Kor 1528)?
Verschiebt sich das Problem der dogmatischen Theologie nicht immer deutlicher in die innertrinitarische Beziehung von Vater und Sohn: in den Begriff der Zeugung?
Die Logik, der der Naturbegriff seine ganze Gewalt (und seine verborgene christologische Struktur) verdankt, ist die Logik der Exkulpation; mit der gleichen Logik wälzen die Arbeitgeber ihre eigenen Fehler auf den Markt ab und lassen für die Folgen die Arbeitnehmer haften; und es ist die gleiche Logik, mit der wir IHM die ganze Last aufbürden, um dann schlicht und frech zu behaupten, er habe die Sünden der Welt hinweggenommen. -
15.10.93
Zebrastreifen: Überleben ist wichtiger als Rechtbehalten. Das Privileg, Recht zu behalten, haben nur die, die der Probleme des Überlebens enthoben sind. – Heute haben Militärs die größte Chance, Kriege zu überleben.
Zu Kelly, Glaubensbekenntnisse, S. 194: Wenn die östlichen Bekenntnisse „stärker theologisch“ sind, mit Ideen zu tun haben, während westliche Bekenntnisse „von Tatsachen sprechen“, so hängt das mit der stärkeren Verrechtlichung (und Individualisierung) des Glaubens zusammen (dem westlichen credo entspricht im Osten in der Regel das credimus). Ideen sind prinzipiell nachvollziehbar und einsichtig, Tatsachen unterliegen (wie die „Erkenntnis“ des Richters im Rechtsstreit) der Beweislogik und bedürfen, wenn sie nicht durch Eigenwahrnehmung gesichert sind, der Bestätigung durch Zeugen. Tatsachen unterliegen der Logik der Öffentlichkeit. Die theologischen Begriffe des Westens sind von einem Juristen (Tertullian) aus dem Griechischen ins Lateinische übertragen worden. Hat nicht Tertullian die westliche Theologie zu einer Bekenntnis-Theologie, und d.h. zu einer Objekt-Theologie, gemacht? Hier läßt sich die Bekenntnis-Logik als Logik des Bindens (die am Ende bei Kant als transzendentale Logik, als apriorisches System der Subjektivität, sich enthüllt) begreifen. Die Tatsachen-Logik zerstört den Zeitkern der Wahrheit: das Moment des Namens in der Idee der Wahrheit.
Wenn das liberum arbitrium der Repräsentant des Inertialsystems in der Moral ist: In welcher Beziehung steht es dann zur Umkehr?
Wovon hat die frühe Kirche gelebt, wie waren ihre materiellen Grundlagen geregelt?
Zum Begriff der projektiven Erkenntnis: Die Griechen brauchten den Begriff der Barbaren, um den Ursprung der begrifflichen Erkenntnis, der Philosophie, projektiv abzusichern, die moderne Aufklärung benötigte den Begriff der Wilden.
Abraham war ein Hebräer: Hat das etwas mit Beziehung des Namens Adam zu adama zu tun?
Das Urschisma war die erste Leugnung, die Scholastik (aufgrund ihrer genetischen Beziehung zum Islam) die zweite und am Ende die Unfähigkeit zur inhaltlichen Auseinandersetzung mit der Aufklärung die (mit der Selbstverfluchung einhergehende) dritte Leugnung.
Beweisen die Starnberger Studien 3 nicht das Gegenteil dessen, was sie beweisen wollen: Wenn der Staat die Organisationsform einer Gesellschaft von Privateigentümern ist, dann führt die Privatisierung staatlicher Aufgaben nicht zu einer Schwächung, sondern zu einer Stärkung des Staates: zur Totalisierung des Gewaltmonopols des Staates (und zur explosiven Ausdehnung der Sicherheitsaufgaben und der Rüstung). Hängt es nicht hiermit zusammen, daß heute Soldaten die größte Chance haben, einen Krieg zu überleben? – NB: Gegenstand dieser Starnberger Studie ist das „Problem der Sicherung von Bankeinlagen“. -
13.10.93
Ist nicht mit der Rezeption der Rechtfertigungslehre in der katholischen Theologie (seit den dreißiger Jahren, und d.h. im Kontext des Rückfalls in die Barbarei) der letzte Damm gebrochen? Die Verknüpfung von Bekenntnis und Rechtfertigung hat der Theologie insgesamt eine Wendung gegeben, die Orthodoxie und Positivismus miteinander verschmolzen hat.
Die Wahrheit hat einen Zeitkern, und dieser Zeitkern steht in einer Korrespondenz zur Vergangenheit: Beide erhellen sich wechselseitig.
Gott will nicht, daß sein Wort leer zu ihm zurückkehrt. Darauf bezieht sich das Gleichnis von den Talenten. Aber ist die kirchliche Tradition nicht ein einziges Talente-Vergraben?
Das Adjektiv ist ein Abkömmling des Possessivpronomens: Die Burg des Königs ist eine königliche Burg. Und alle Eigenschaften eines Dings sind Ausdruck der Allgemeinbegriffe, unter die das Ding subsumiert wird. Es gibt kein Ding ohne Eigenschaften.
Das Allgemeine ist der blinde Fleck der Gemeinheit.
Nicht die Person, sondern Name (der jüdische Tempel war das Haus des Namens Gottes).
Zu den Siegeln: Sie sind Repräsentanten des Namens (sind nicht die unreinen Geister Repräsentanten des Mißbrauchs des Namens?).
Werden nicht in der Lebensphilosophie und in der Sakralisierung des Organischen die Spuren des vergeblichen Kampfes gegen die Gitter des Weltgefängnisses angebetet?
Ist nicht das Präsens der indogermanischen Sprachen das Imperfekt der semitischen Sprache, und das indogermanische Imperfekt das semitische Perfekt? Drücken nicht die semitischen Bezeichnungen die Funktion und Bedeutung der Tempora präziser aus?
Nach der kirchlichen Tradition gehört der trinitarische Titel Vater nicht der natürlichen, sondern der Gnaden-Ordnung an. Gott ist Vater, nachdem der Christ in der Taufe zum Sohn geworden ist. Aber die Gnadenordnung gehört zum Bereich der göttlichen Verheißungen; sie ist im Anfang mit dem Himmel miterschaffen. Dem entspricht das Vater unser: der du bist in den Himmeln.
Durch die Trennung der Begriffe Natur und Welt, die in dieser Trennung erst entspringen, wird die Geschlechtertrennung totalisiert: Inbegriff der Unzucht.
Das hilflose Bekenntnis: Das Bekenntnis ist nicht nur ein Produkt der Hilflosigkeit, sondern schließt den Wiederholungszwang: die zwangshafte Reproduktion der Hilflosigkeit, das Eingesperrtsein in die Hilflosigkeit, mit ein. Zur Bekenntnistheologie gehört die Gnaden- und die Rechtfertigungslehre (Logik der Orthodoxie).
Solange man den Kapitalismus nur als technisches, nicht jedoch auch als logisches Problem begreift, gibt es keine Kritik der Physik, der Naturwissenschaften.
„Unser tägliches Brot gib uns heute“ und „dies ist mein Leib“: Hängt nicht beides zusammen, und wird das Brot nicht erst dann zum Leib Christi, wenn alle ihr tägliches Brot haben und niemand mehr hungern muß?
Die Kirche als Verkörperung des verdinglichten Bewußtseins der Theologie ist das versteinerte Herz der Welt. Wenn es zu diesem verdinglichten Bewußtsein der Theologie keine Alternative mehr zu geben scheint, so hängt das mit zwei Dingen zusammen:
– einmal mit der unaufgearbeiteten Vergangenheit (der Beziehung des Faschismus zur kirchlichen Tradition) und
– zum andern mit der unaufgearbeiteten Beziehung zur Geschichte der Aufklärung, insbesondere zu den Naturwissenschaften.
(Weil sie den Haß der Welt nicht ertragen hat, ist sie selbst zum steinernen Herzen der Welt geworden.)
Die Schöpfungslehre und die Lehre von der Auferstehung der Toten sind unserer Theologie bloß aufgesetzt: theologisch durchdrungen wären sie erst, wenn die Kritik des Natur- und Weltbegriffs gelungen (und die Geschichte der Philosophie und des Staates aufgearbeitet) wäre.
Emitte spiritum tuum et renovabis faciem terrae. Hierzu ist anzumerken: Das Antlitz ist kein optischer, sondern ein sprachlicher Sachverhalt. Und die Erneuerung des Antlitzes hat etwas mit dem Parakleten zu tun.
Vom allen Seiten hinter dem Rücken: Das ist das durch richtendes und objektivierendes Denken, durch Instrumentalisierung und Herrendenken potenzierte Hinter dem Rücken (hinten, links und unten).
Hegels Philosophie ist eine, die post festum (nachdem sie vom Rathaus gekommen ist) klüger geworden ist; aber die so gewonnene Klugheit ist auch eine, mit der man vom Rathaus kommt.
Nur die Erkenntnis des Ewigen (die Reflexion der Zeit) befreit das Denken davon, bloße Funktion der Zeit zu bleiben. -
11.10.93
Feindschaft begründet Gemeinschaften, macht aber zugleich dumm: Weil es keine Feindschaft ohne Projektion gibt.
Das Feindbild (das Feinddenken) macht nicht nur dumm, sondern durch das selbstreferentielle Moment im Feinddenken, wird man selbst zu dem, als das man den Feind (mit Hilfe des Instrumentariums der Projektion) erkennt.
Die Vorstellung, daß, wenn man Herrschaft abschafft, alles weiterläuft, nur eben besser, ist lebensgefährlich naiv.
Solange Revolution nur aus der Empörung sich nährt, verändert sie nur das Selbstgefühl, nicht die Welt.
Zur Erschaffung des Menschen:
– Gott schuf den Menschen nach seinem Bilde,
– nach dem Bilde Gottes schuf er ihn,
– als Mann und Weib schuf er sie (Gen 127).
Drückt sich darin nicht vor dem Geschlechterverhältnis das Herrschaftsverhältnis aus, das zur Erschaffung des Menschen gehört (Gott – den Menschen nach seinem Bilde, nach dem Bilde Gottes -er ihn, als Mann und Weib – er sie)?
Gibt es im Hebräischen ein Äquivalent zu der Unterscheidung von bestimmtem und unbestimmtem Artikel; gibt es eine Beziehung des unbestimmten Artikels (und des Infinitivs Sein) zum Possessivpronomen und zur Negation (ein, mein, sein, nein)?
Die Orwellschen Sprachregelungen sind nicht nur willkürlich, sondern haben einen logischen Kern. Das Problem der Sprachregelung hängt mit der Beziehung von Begriff, Name und Instrumentalisierung (der Subjektivierung der Zwecke) zusammen, wobei der entscheidende Einbruch in der kantischen Philosophie aufs präziseste bestimmt wird: Kristallisationskern einer Logik, die keine anderen als subjektive Zwecke mehr kennt, der Objektbegriff, der sich im Kontext der Lehre von den subjektiven Formen der Anschauung konstituiert. Mit dem Objektbegriff, mit der der transzendentalen Logik zugrunde liegenden apriorischen Objektbeziehung des Urteils verliert der Begriff seine benennende (und die Sprache ihre argumentierende) Kraft. Der Name wird zu einem Teil des Reichs der Erscheinungen: er wird willkürlich, kontingent. Das Objekt und seine Derivate (die transzendentale Ästhetik und Logik insgesamt), in ihrem Kern die mathematische Raumvorstellung, machen den Namen gegenstandslos, zerstören die Sprache von innen.
Das Verteidigungsministerium ist in der Tat kein Kriegs-, sondern ein Verteidigungsministerium: Nur was hier verteidigt werden soll, ist das Recht auf Unterwerfung, Beherrschung und Ausbeutung der Welt (der Stand der Rüstung ist ein Indiz dafür, wie tief das Gesetz des Krieges schon in die Logik der Ökonomie integriert ist: wer heute vor den Folgen des Krieges sich schützen möchte, sollte Soldat werden; anders als die Zivilbevölkerung ist er im „Ernstfall“ am wenigsten gefährdet).
Ist es in der Eucharistie nicht das Gesetz der Verdinglichung, das das Wahrheitsmoment darin, nämlich die Beziehung des Namens zu Brot und des Blutes zum Wein, gleichsam mystisch verdampft. „Dies ist mein Leib“: Bezieht sich das nicht auf den Sprachleib des logos, auf den sich auch das homologein, das dann zum Bekenntnis neutralisiert wurde, bezieht? Der theologische Begriff der Transsubstantiation ist dagegen ein paradoxales philosophisches Konstrukt (keine verheilte Narbe, sondern die Theologie als offene Wunde der Philosophie). Die Eucharistie: ist das nicht das öffentliche Ding als theologisches Erbe der res publica?
Alles Wissen bezieht sich auf Vergangenes. Liegt darin nicht der Schlüssel zur Mathematik und zu den subjektiven Formen der Anschauung: zum Verständnis der Form des Raumes?
Hegels Philosophie: ist das nicht die gestorbene und begrabene Wahrheit, und bezieht sich hierauf das Wort: Herr, sie riecht schon?
In der Logik des Andersseins gründet die paranoische Verführung jeder Philosophie, und gegen sie ist der Rat gerichtet: Seid arglos wie die Tauben.
Ist nicht der griechische Mythos die bereits im Ursprung verdrängte Innenseite der Philosophie?
Kern einer Neubegründung der Theologie wäre die Kritik des Begriffs der Anschauung Gottes. Hier wurde das Angesicht Gottes verdrängt, der christliche Paganismus begründet, der der kantischen Lehre von der Subjektivität der Anschauung zugrundeliegt und in ihr sich vollendet.
Sind nicht die drei abrahamitischen Religionen insgesamt verdinglichte Gestalten der Wahrheit, und führte das Gesetz der Verdinglichung nicht zwangsläufig auf diese drei Gestalten der Verdinglichung? Sind nicht alle drei auf den Weltbegriff verhext?
Zur Isolationshaft: Sind nicht die Zellen (Erbe und Fortentwicklung der platonischen Höhle) Erfindungen der Mönche, und welche Bewandnis hat es in diesem Zusammenhang mit den drei evangelischen Räten?
Ist der Neue Katechismus nicht der Mühlstein, der der Apokalypse zufolge am Ende ins Meer geschleudert wird (und zugleich – wie der „splendor veritatis“ – das Schwarze Loch, das alles Licht in sich aufsaugt, nicht mehr fähig ist, die Welt zu erleuchten)? -
09.10.93
An dem Wort Gerechtigkeit (an der Verarbeitung des zugrundeliegenden Worts „Recht“ durch das perfektivierende ge-, das adjektivierende -ig und das hypostasierende -keit) kann man die Geschichte und Struktur der deutschen Sprache ablesen, einer Sprache, die für die, die sie heute unreflektiert sprechen, zum Inertialsystem geworden ist: Sklavensprache als Herrensprache (die Sprache des Zuschauers). Aber kann man sich nicht aus den Verstrickungen dieser Sprache nur mit der Kraft dieser Sprache selbst befreien?
Unterscheiden sich die Prä- und Suffixe nicht dadurch, daß, während die Präfixe den Begriff zusätzlich von außen bestimmen, die Suffixe innerlogische Ableitungen der Begriffe selber repräsentieren. Was bedeutet es, wenn im Griechischen (generell in den klassischen Sprachen) die Personalpronomina den Verben als Suffixe angehängt werden: Grund des Begriffsrealismus, der Philosophie? In den modernen Sprachen gehört die Ablösung (und Hypostasierung) der Personalpronomina zur Ursprungsgeschichte des Nominalismus. In den klassischen Sprachen haben die Flexionen (Konjugation und Deklination) ihren grammatische Ort in den Suffixen, die die Logik dieser Sprachen bestimmt. In den modernen Sprachen wird die Ablösung der Personalpronomina begleitet von einer Differenzierung und Entfaltung der Präfixe (den Erben der archaischen Determinanten?). Läßt sich der deutsche Idealismus aus der Sonderrolle der Präfixe im Deutschen ableiten? Sind die Präfixe die Determinanten der subjektiven Formen der Anschauung, die – als subjektive Formen der Anschauung – erst durch die Ausbildung und Entfaltung der Präfixe von den Verben endgültig sich ablösen (vgl. die Bedeutung des französischen Rationalismus und des englischen Empirismus für den Ursprung der transzendentalen Logik).
Die grammatische Unsicherheit bei „trotz“ und „wegen“ (das Verschwinden der Logik der Begründung und der Argumentation) belegt die wachsende Unfähigkeit, rechts und links (Genitiv und Dativ) zu unterscheiden.
Hängt das deutsche Wort Ort mit dem griechischen orthos zusammen?
Der deutsche Himmel hängt mit dem Hammer zusammen; woher kommen das englische sky und heaven, der griechische ouranos, der lateinische caelum?
Meinung und Sein: In beiden steckt das Possessivpronomen. Ist nicht das Eine das generalisierte, von der bestimmten Zuordnung zu Mein, Dein, Sein abgelöste Possessivum (Zusammenhang mit dem aristotelischen tode ti, dem Kernbegriff des historischen Objektivierungsprozesses)? Ist das Eine nicht ein Strukturelement der Warenform (das Eine ist das Andere des Anderen, Hegel)?
Frauen als Kollektiveigentum, oder Steigerung des Possessivums: Das Possessivpronomen der 3. Person sing. fem. ist das Personalpronomen der 2. Person plural (sie/ihr), dessen eigenes Possessivpronomen (euer) das fatale „eu“ enthält? Beachte auch den Zusammenhang der Possessivpronomina mit der Genitivbildung der Personalpronomina (während der Dativ: mir, dir, ihm, außer im fem. und pl.: ihr, uns, euch, ihnen, unabhängig vom Possessivum gebildet wird?).
Das Moment der Gemeinheit ist aus dem Allgemeinen nicht herauszulösen; die Niedertracht in der Gemeinheit ist im Allgemeinen nur falsch aufgehoben (Objektbegriff und Neutrumsbildung). Die Welt ist alles, was der Fall ist (Zusammenhang des Ursprungs des Weltbegriffs mit der Naturforschung: dem tode ti).
Ist das tode ti die Verspottung der Prophetie, Ursprung und Statthalter des Hasses der Welt (die Sünde wider den Heiligen Geist)? Vgl. Hegels Analyse des hier und jetzt: Nachweis, daß das Individuellste das Allgemeinste ist, daß beide austauschbar sind (Grund der List der Vernunft).
Die transzendentale Logik und ihr Kern, der apriorische Objektbegriff, ist der logische Grund der Trennung von Natur und Welt, aber auch der Kulturindustrie, des Fernsehens, in denen die Trennung von Natur und Welt als Trennung von Information und Unterhaltung (die – wie nach Kant die Begriffe Natur und Welt -ebenfalls heute „ineinander fließen“, aber leider nicht mehr nur gelegentlich) sich widerspiegelt. Der Ausbruch aus der Isolationshaft dieser Logik ist nur über die Umkehr möglich, die bei Franz Rosenzweig erstmals als gnoseologische Kategorie begriffen worden ist.
Rohstoff und materielle Grundlage der Kulturindustrie ist das durch die Trennung von Natur und Welt präformierte Bewußtsein (Ursprung der Trägheit des Zuschauers).
Zur Barmherzigkeit gehört die Seite des Zorns, wie sie gelegentlich in Texten von Henryk M. Broder durchblitzt. Aber liegt seine Gefahr nicht darin, daß er dieses Zorns nicht so mächtig ist, daß er gefeit wäre vor der Verführung durch den Weg des geringsten Widerstands? Nur so sind seine Ausfälle gegen Hans Mayer oder Dorothee Sölle verständlich. Ist nicht die Idee einer richtenden Barmherzigkeit (die Idee des Jüngsten Gerichts) nur zu halten im Kontext der Hoffnung auf die Auferstehung der Toten (im Kontext der Naturkritik)?
Ist der Zorn, die andere Seite der Barmherzigkeit, das Feuer, daß Jesus vom Himmel bringen wollte, und von dem er wünschte, es brenne schon?
Die Unterscheidung von Zorn und Wut gehört zusammen mit der Idee der Umkehr (die von der Idee der Auferstehung der Toten sich nährt) zu den letzten Einsatzpunkten der Begründung einer erneuerten Theologie. Aber diese Theologie wäre mehr als Theologie: sie wäre eine neue Gestalt der Prophetie. Hier gehören Joel und das Wort von der Sünde wider den Heiligen Geist zusammen.
Die Logik des Herzens: Das Herz ist links, aber ist es nicht auf der Linken ein Repräsentant der Rechten: Stätte des Gerichts der Barmherzigkeit (des Zorns) über das gnadenlose Weltgericht.
Der Zorn ist rational und gezielt, während die Wut (wie das Licht der Sonne) ohne Unterschied über Gerechte und Ungerechte sich ergießt. -
07.10.93
Zu Crüsemann, S. 246: Könnte es nicht sein, daß ein Verbot des Götzendienstes vor der Landnahme gegenstandslos war und reale Bedeutung erst im Zusammenhang mit der Begründung staatlicher Strukturen erlangte?
Die Hegelsche Rechtsphilosophie hat, in der Konsequenz der Logik des Hegelschen Systems, den Staat auf eine radikale Weise verweltlicht: Hier ist der Staat zum Vollstrecker des „Weltgerichts“ geworden und der öffentliche Ankläger zum Staatsanwalt (mit der Folge, daß bereits das Ermittlungsverfahren zu einem hoheitlichen Akt wird, Eigenermittlungen Gefahr laufen, als Verletzung der Hoheitsdrechte des Staates inkriminiert zu werden -vgl. Finkelgruen, S. 169). Die ungeheuerlichen Folgen dieser Staatsmetaphysik für das deutsche Staatsverständnis sind bis heute nicht aufgearbeitet: weil sie aufgrund der Verstrickung dieses Staates mit dem Weltbegriff unsichtbar geworden sind?
Im Titel des Staatsanwalts ist die Gemeinheit, die Ralph Giordano dann wahrgenommen hat, vorprogrammiert.
Ethik als prima philosophia läßt sich begründen – und der Bruch zwischen der theoretischen und der praktischen Philosophie, der der Trennung des Natur- und Weltbegriffs zugrundeliegt und durch diese Trennung stabilisiert wird, heilen – nur durch die Schuldreflexion.
Durch den Weltbegriff ist der Götzendienst zur Subjektidolatrie: zum Nationalismus geworden.
Jesus hat die Sünde, nicht die Schuld der Welt auf sich genommen. Aber nur von der Last der Schuld befreit man sich, wenn man sie auf sich nimmt. Ist die Auf-sich-Nahme der Sünde der Welt (durch die der Logos sich an den Anfang der Welt setzt) die Grundlage für die Schöpfungsbedeutung des Logos? Wird nicht, wer die Sünde auf sich nimmt, selbst zum Sünder (mit ungeheuerlichen Konsequenzen fürs Verständnis des Kreuzestodes)?
Heute klagen alle Leute darüber, daß sie nach Feierabend so fertig sind, daß sie sich nur noch vor die Glotze setzen können. Die Programme sind denn auch danach: nur noch Drachenfutter (Psychoanalyse verkehrt). Welcher Welt- und Ichzustand drückt sich darin aus! Die durchs Fernsehen vermittelte Welt ist ohne Fernsehen nicht mehr erträglich. Hat das Fernsehen als Droge das Rauchen, ohne das die Nazizeit nicht zu ertragen gewesen wäre, abgelöst (Teil des Modernisierungsschubs)?
Die Isolationshaft der raf-Gefangenen ist das genaueste Bild der Isolationshaft, in der wir alle sitzen: Das Fernsehen ist die Blende vor dem Zellenfenster, und die Fernsehgesellschaft eine Gesellschaft von Kollektiv-Monaden; Aufgabe der Fernsehanstalten: die Herstellung der prästabilisierten Harmonie durch Verhinderung von Erfahrung.
Liegen hier nicht die Voraussetzungen einer Politik des Aussitzens, deren Gravitationswirkung die „Hoffnung“ nicht unbegründet erscheinen läßt, daß „uns“ eines Tages Europa, und „morgen“ -wie zuvor die „deutsche Einheit“ – „die ganze Welt“, wie eine reife Frucht in den Schoß fällt; und dient nicht die Diskussion um den „Wirtschaftsstandort Deutschland“ genau diesem Zweck?
Zu den schlimmsten Folgen des Zusammenbruchs des real existierenden Sozialismus gehört die Zerstörung, die Destruktion der Erinnerung an die einzige Gestalt einer moralisch begründeten Politik im Nachkriegs-Deutschland: der Brandtschen Ostpolitik. In diesem Kontext gewinnen Gestalten wie Heitmann ihre verhängnisvolle Funktion.
Drücken die Chaostheorien nicht den depressiven Untergrund unseres Naturverständnisses aus? Sie reduzieren die Natur auf die Logik der Gräser, Farne und Insekten (auf eine Entwicklungsstufe, in der es die Entsprechung des Licht, die Prophetie des Angesichts in der Natur: die Blüten, noch nicht gab). -
06.10.93
Gehört nicht das Problem der Gefangenschaft und der Gefängnisse zum Problem des Staates und zur Geschichte der Struktur des Subjekts? Gefängnisse gibt es nur in staatlich organisierten Gesellschaften von Privateigentümern. Der Staat selber ist eine Reflexionsform des Privateigentums, das er insbesondere mit dem Institut der Strafe fundiert und durchsetzt; Gefängnisse demonstrieren den vom Eigentum nicht abzulösenden gesellschaftlichen Schuldzusammenhang zwischen:
– Eigentümern und Nichteigentümern, Reichtum und Armut,
– den (bis in die Geschichte der Naturwissenschaften hinein wirksamen) gesamtgesellschaftlichen Eigentumsstrukturen und dem durch sie erzeugten Potential an Strafbedürfnissen in der Gesellschaft (Zusammenhang mit dem gesellschaftlichen Ursprung der Sexualmoral);
sie repräsentieren schließlich den Existenzgrund der gesellschaftlichen Notwendigkeit und Gewalt des individuellen Verdrängungsapparats. Sind Gefängnisse (ähnlich wie Irrenhäuser, Schulen und das Militär) nicht eines der gegenständlichen Korrelate des Unbewußten?
Die Vergangenheit ist nicht nur vergangen: Die Vermutung, daß der Nationalsozialismus auch die Bedeutung eines Modernisierungsschubs hatte, daß seine „Errungenschaften“ in die Fundamente der Nachkriegsgesellschaft mit eingegangen sind und darin fortleben, gilt auch für den Antisemitismus.
Welt und Natur: Wer groß denkt, muß groß irren (Heidegger): Ist nicht die Hegelsche Logik und ihr Resultat: das Absolute, das Labyrinth? Und ist nicht das Labyrinth der weltliche Aspekt der gleichen Sache, deren naturalen Aspekt die Mühle in der Simson-Geschichte repräsentiert? Theologie als Erinnerung an die Möglichkeit der Befreiung von Labyrinth und Mühle? -
04.10.93
Die Anschauung verletzt das Bildergebot, ihr ist das Gesetz der Verdinglichung einbeschrieben.
Ist nicht das Präsens in jeder Hinsicht eschatologisch: das Ende des Alten und der Beginn des Neuen?
Muß man den hegelschen Satz, wonach die bürgerliche Gesellschaft bei all ihrem Reichtum nicht reich genug ist, der Armut und der Erzeugung des Pöbels zu steuern, nicht heute dahin verschärfen: daß der bürgerliche Reichtum jetzt aus seinen eigenen Prämissen und Voraussetzungen die Armut und den Pöbel erzeugt?
Stämme, Völker, Sprachen und Nationen: Ist das nicht aufzuschlüsseln nach: Genealogien, Königtümern (Tempel und Opfer), Sprachen, Städte (Geldwirtschaft, Handel)?
Zum Kerub mit dem kreisenden Flammenschwert: Thront nicht Gott auf den Keruben, und ist nicht der Himmel sein Thron (und die Erde der Schemel seiner Füße)? Aber heißt es nicht auch: Was du auf Erden lösen wirst, wird auch im Himmel gelöst (und das kreisende Flammenschwert zurückgenommen) sein?
Das Bekenntnis ist undialogisch: das gemeinsame Bekenntnis von Einsamen.
Wenn Kohl vom Urteil der Geschichte spricht, denkt man nicht dann an den zukünftigen Tatenruhm, der den toten Helmut überleben soll? Aber ist der Toten Tatenruhm nicht heute durchsetzt von dem Leichengift und dem Leichengeruch von Auschwitz?
Ist nicht Brechts „Der Schoß ist fruchtbar noch“ noch zu harmlos, beginnt nicht die Vergangenheit, aus der Auschwitz hervorgegangen ist, heute Auschwitz zu überleben? Und war es nicht genau das, was Heitmann zum Ausdruck gebracht hat?
Hat Auschwitz nicht in der Tat der Opfertheologie (der theologischen Instrumentalisierung des Kreuzestodes) die Grundlage entzogen, und ist der Hinweis in den Elementen des Antisemitismus (in der Dialektik der Aufklärung) nicht doch endlich ernst zu nehmen?
– Ein undeutliches Bild aus der Kindheit: Es ist Winter, draußen liegt Schnee, ich stehe in der Küche am Küchenfenster. Draußen ist jemand mit einem Schlitten, der mich auffordert, herauszukommen und auf dem Schlitten mitzufahren. Aus einer Wunde (wessen Wunde es war, weiß ich nicht mehr) tropft Blut in den Schnee, und ich bin nicht mehr dazu zu bewegen, nach draußen in den Schnee zu gehen.
– Kann es sein, daß es am Rande (neben dem realen Anlaß: den Gesprächen zuhause über Hitler und die wachsende Nazibewegung) eine Beziehung zur Frage des Fünfjährigen gibt, wann die Welt untergehen wird?
– Das Ganze wächst weiter, als ich in der Vorbereitungszeit vor der Erstkommunion auf Geschichten aus der Märtyrerzeit stoße, die mir klarmachen, daß man nicht Christ sein kann ohne die Bereitschaft, im Ernstfall auch physisches Leiden auf sich zu nehmen.
– Das nächste ist die Geschichte der Operation, der ich mich als 16-jähriger habe unterziehen müssen, eine Operation an einer für einen Jungen in diesem Alter sicher empfindlichsten Stelle: eine Phimose-Operation. In dem Lazarett (1943, ich war Luftwaffenhelfer), in dem die Operation vorgenommen wurde, lag im gleichen Zimmer ein SS-Unterscharführer, der von seiner Beteiligung an den Judendeportationen aus Holland erzählt. Hat sich vielleicht die Erinnerung an die Operationen mit Vorstellungen über eine Beschneidung vermischt? – Aber die Operation war ebensowenig eine Beschneidung wie Auschwitz ein Holocaust war.
Hängen meine Ängste bei physischen Eingriffen, von der Blutentnahme beim Arzt bis zur Zahnarzt-Behandlung, mit diesen Erinnerungen zusammen? Und reicht das nicht mit hinein in die (zweifellos aus der christlichen Sexualmoral erwachsene) Vorstellung, daß Sexuelles an den Grund der Welt rührt (in welcher Beziehung steht die Sexualität zu den objektivierenden, verdinglichenden Logiken des Inertialsystems, der Geldwirtschaft und des Bekenntnisses)?
Das Werk der subjektiven Formen der Anschauung (insbesondere der Form des Raumes) ist die Vernichtung des Angesichts.
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