Das Strafbedürfnis (die zivilisatorisch organisierte Wut) ist eine Konsequenz aus der Verinnerlichung des Opfers: das zivilisatorische Erbe des Opfers. Seine Existenzbedingungen sind die Geldwirtschaft, die Bekenntnislogik und das Inertialsystem, die durch Gefängnisse, Schlacht- und Irrenhäuser in der Realität sich verankern und so logisch zusammenhängen (sie bilden gemeinsam die Grundlage der hierarchischen Organisation des Staates): Verweisen sie nicht auf die gesellschaftlich-logischen Ursprünge des Materiebegriffs?
Unschuldsfalle: Die Logik der Sprache (die Grammatik), wenn sie von der Schuldreflexion sich befreit, wird beherrscht von der Logik der Unmittelbarkeit, die selber dem historischen Prozeß unterliegt (sie wird vorgegeben durch den Weltbegriff). Ihr Gravitationszentrum ist der Dingbegriff oder das Substantiv. Gegenstand der modernen Sprachen ist nicht mehr die Sache; damit aber wird die Beziehung der Sprache zur Wahrheit storniert: Wird nicht die Sprache am Ende selber zum Opfer ihrer eigenen Logik?
Zusammenhang von Sprache und Licht (oder die Mühle des Begriffs und die Idee der Verklärung): Beide, Sprache und Licht, verschwinden im Prozeß ihrer Vergegenständlichung. Und die Materie, (Medium des Schuldverschubsystems und Produkt der Mühle des Begriffs) ist der Müll des verrotteten Namens (der Abfall der benennenden Kraft der Sprache).
Müllproduktion: Wer die Gesichter der Leute beim christlichen Gottesdienst beobachtet, wird sich des Eindrucks des Dösens (eines insbesondere beim Singen produzierten Gesichtsausdruck) nicht entziehen können. Ist dieses Dösen nicht der Ausdruck einer „Andacht“, die zwanghaft zum Gebet das Objekt gesucht hat (die andächtig hat beten wollen) und die vergeblichen Bemühungen am Ende aufgegeben hat. Und heißt nicht die Anstrengung, zum Gebet ein Objekt hinzuzudenken (die auf Gott nicht anwendbar ist): den Erkenntnischarakter des Gebets durchstreichen, ist sie nicht Teil des Verfahrens der religiösen Müllproduktion (der Selbstverfluchung nach der dritten Leugnung, Ursprung des Greuels am heiligen Ort)?
Das Entsorgungsproblem gibt es heute nicht nur bei der sogenannten zivilen Nutzung der Atomenergie, sondern im Kern des historischen Prozesses, beim Stand der Aufklärung selber: sowohl bei der Wissensproduktion (im Universitätsbetrieb) wie auch in den Religionen, in denen es die Gebete der Heiligen nicht mehr zu geben scheint.
April 1994
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5.4.1994
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4.4.1994
Hegel verwechselt das Andere mit dem Selbst (substituiert dem Andern das Selbst: Ursprung der verandernden Kraft der Hegelschen Logik).
Gott und das Absolute unterscheiden sich durch die Umkehr: Das Abolute verdankt sich dem Schein, Gott ohne Umkehr erkennen zu können; allein im Bannkreis des Absoluten verwandeln sich die Attribute des Handelns in Attribute des Seins: der göttlichen „Natur“ (ontologisches Vorurteil).
Unterm Bann des Weltbegriffs hat das Christentum (mit der Vorstellung einer absoluten Vergangenheit, mit der Trennung der Zeiten vor und nach Christus) die negativen Zahlen erfunden (und damit die Form der äußeren Anschauung, die Form des Raumes begründet und konsolidiert und der Idee der Umkehr den Weg verstellt). Voraussetzungen waren:
– die Entdeckung des Winkels durch die Griechen (Orthogonalität und Philosophie) und
– die Entdeckung der Zahl Null durch die Araber (den Islam); die Erfindung der negativen Zahlen war selber dann die Voraussetzung der
– Konstituierung des Inertialsystems (Grund der modernen Aufklärung).
Die Phasen dieser Geschichte haben ihre theologische Entsprechung
– in der Begründung des Dogmas (der Orthodoxie),
– der Lehre von der creatio mundi ex nihilo (mit der Ausgestaltung durch den katholischen Mythos: insbesondere durch die in den Raum projizierte – und so instrumentalisierte – Eschatologie: Himmel, Hölle und Fegfeuer) und
– am Ende in der Konstituierung der Bekenntnislogik (mit der endgültigen Subjektivierung des Glaubens verschwindet die Kraft zur Häresienbildung, da sie in den Kern der Orthodoxie selber eingewandert ist: der Greuel am heiligen Ort).
Orgelmusik: Läßt sich der Charakter christlicher Gottesdienste nicht am deutlichsten daran ablesen, daß selbst das Singen alle Zeichen der Passivität (der Trägheit, der das Singen gleichsam von außen aufgeprägt wird, der es nur widerfährt) aufweist? In diesen Gottesdiensten ist das Wirken der Bekenntnislogik, ihrer selbstentfremdenden und zugleich welt- und gemeinschaftsbildenden Kraft, mit Händen zu greifen. – Nimmt das entsetzliche Blockflötenspiel in „modernen“ Gottesdiensten nicht das Orgelspiel (das musikalische Pendant der Konfession) nur in eigene Regie (und entspricht es nicht einer kirchlichen Architektur, die nach dem Kriege die Außenwände nach innen gekehrt: die Außenwelt zur Innenwelt gemacht hat, gegen die keine Widerstandskräfte mehr zugelassen werden; beides Formen der Identifikation mit dem Aggressor)?
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