Februar 1995

  • 2.2.1995

    Ursprung der transzendentalen Ästhetik: Wissen ist der Modellfall präterito-präsentischer Verben, d.h. von Verben, deren Präsens aus dem Präteritum eines andern Verbs gebildet worden ist: Ich weiß hieß ursprünglich ich sah. Das vergangene Sehen wird präsent in den subjektiven Formen der Anschauung.
    Jeder Fundamentalismus ist sexistisch. Bilden nicht das Herrendenken, die Todesfurcht, der Sexismus und das Problem des Angesichts eine Konstellation? Der Sexismus oder die Unfähigkeit, Sexualität zu reflektieren, steht unterm Bann von Herrschaft, schließt ein autoritäres Politikverständnis: die Unfähigkeit, Politik zu reflektieren, und damit den Rechtfertigungszwang: den Mißbrauch religiöser Texte als Feigenblatt (die Verwechslung von Gebot und Gesetz), mit ein. Kern der Fähigkeit, Sexualität und Politik zu reflektieren, ist die Fähigkeit, die Todesfurcht zu reflektieren: Hierin gründet die Beziehung des Angesichts zur Todesfurcht (aber auch der Schleier, die Pflicht der Frauen, ihr Gesicht zu verbergen, in bestimmten Formen islamischer Tradition).
    Die Existenz Israels ist die Widerlegung des Sterns der Erlösung, der aber damit nicht „erledigt“ ist.

  • 1.2.1995

    Ist nicht die Opfertheologie, und in ihr die Menschenopfertradition, an die das Christentum anknüpft, sprachgeschichtlich vermittelt, entspringt sie nicht der Logik der Schrift? Kann es sein, daß das im Hinblick auf den Kreuzestod Jesu gesprochene Wort von der „Erfüllung der Schrift“ auf diesen Zusamnmenhang sich bezieht? Gehört das Opfer zu den verborgenen Fundamenten der indoeuropäischen Sprachen? Waren die Tempel eines der ersten Institute der transzendentalen Logik, ein Instrument zur Entzauberung und Instrumentalisierung der Welt?
    Das Substantiv ist ein Denkmal des in den Grund der Sprachlogik eingesenkten Opfers. Das gleiche Opfer, das „Lamm, das zur Schlachtbank geführt wird“, steckt im Kern des Inertialsystems und der indoeuropäischen Grammatik.
    Das steinerne Herz der Welt (das grammatische Präsens der indoeuropäischen Sprachen) ist ein Reflex der toten Vergangenheit; die „Geschichte“ in dem hegelschen Doppelsinn (der auch das von Hegel aufgenommene Schiller-Wort, daß die Weltgeschichte das Weltgericht ist, begründet) ist die Folie der verdinglichten Welt.
    Der historische Objektivierungsprozeß ist ein Mittel zur Selbstentlastung und Selbstrechtfertigung der Täter; deshalb war das Rechtfertigungsprinzip ein Teil der Geschichte der Aufklärung.
    Die Rechtfertigungslehre ist das theologisch instrumentalisierte Feigenblatt; durch sie ist das Feigenblatt zum Kern der Erlösungslehre, die seitdem keine mehr ist, geworden.
    Bezieht sich das Wort vom Himmel, der sich aufrollt wie eine Buchrolle – Jes 344 und Off 614 -, auf das Öffnen oder das Schließen des Buchs (helisso – rolle auf)?
    In einer zweiten Reflexion der Aufklärung wären die der Aufklärung zugrunde liegenden Totalitätsbegriffe mit zu reflektieren: Wissen, Natur und Welt. Den Anfang hierzu hat Kant gemacht.

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