Das Glaubensbekenntnis, die instrumentalisierte Umkehrung des Schuldbekenntnisses, gründet in der Logik des Weltbegriffs, es gehört zur Ursprungsgeschichte und zu den Konstituentien der Raumvorstellung. Die Struktur der Bekenntnislogik (die Konstellation von Feinddenken, Verrätersyndrom und Paranoia sowie männlicher Selbstbeherrschung und Frauenfeindschaft) läßt aus dieser Beziehung zum Schuldbekenntnis sich herleiten. Daß die Kirchen am Ende die Idee der Erlösung, der Befreiung von Schuld, ins Glaubensbekenntnis verlegt haben, hängt hiermit zusammen (und ist eine der Folgen der Vergegenständlichung des Kreuzestodes). Die Bekenntnislogik hat das Schuldverschubsystem begründet und in der Theologie verankert. Ihre logischen Wirkungen lassen am Fall des juristischen Schuldurteils (als Form des synthetischen Einzelfall-Urteils apriori) sich demonstrieren: an der logischen Funktion des Bekenntnisses zum Staat in jedem Schuldurteil, insbesondere aber in sogenannten Staatsschutz-Verfahren (in Hegels Rechtsphilosophie erscheint diese Form des synthetischen Einzelfall-Urteils a priori in der logischen Ableitung des Monarchen – vgl. Rechtsphilosophie, 280). Das Urteil des römischen Statthalters über Jesus, seine Vorgeschichte und seine Vollstreckung am Kreuz gehören in diesen Zusammenhang (und ebenso wie die Idee des Absoluten, die Zerstörung der Erinnerung an den Namen Gottes, in den Kontext des Worts von der Erfüllung der Schrift).
Das Subjekt eines jeden Schuldurteils ist die Welt, die selber Identität nur durch ihre Beziehung zum Staat hindurch gewinnt. Jede Metaphysik ist Staatsmetaphysik. Schuld gibt es nur im Kontext von Herrschaft, wie es auch Herrschaft nur im Kontext der Schuld gibt. Schuld und Herrschaft sind wechselseitig sich konstituierende Reflexionsbegriffe. Der Objektbegriff selber, mit dem Herrschaft in der Außenwelt sich begründet, indem sie sich an ihrem gegenständlichen Substrat den nötigen Halt verschafft, ist das Modell des apriorischen Schuldurteils.
„Männer machen Geschichte“: Kontrafaktische Urteile sind Produkte des Rechtfertigungszwangs, sie gründen in einem apologetischen Geschichtsverständnis, mit dem der Historiker gegen den Indizienprozeß, den die Geschichte gegen ihn führt, um ihm die Sünde der Welt aufzubürden und anzulasten, sich zu verteidigen versucht. Ihr Ziel ist es, den Schuldzusammenhang mit der Vergangenheit durch Personalisierung, durch Verschiebung und Zurückdrängung der Schuld ins Vergangene, zu neutralisieren.
Der Begriff der Verweltlichung der Welt hat einen kleinen logischen Mangel: Unabhängig von der Verweltlichung gibt es keine Welt, die dann gleichsam nachträglich und von außen sich verweltlichen ließe. Der Begriff der Welt bezeichnet nicht mehr und nicht weniger als den jeweiligen Stand der „Verweltlichung“.
Das Problem der Theologie liegt in dem apologetischen Kontext ihrer Ursprunggeschichte. Apologetik läßt das, was sie zu verteidigen meint, nicht unberührt; sie verändert es unter der Hand. Wenn die Orthodoxie in der Auseinandersetzung mit den Häresien sich gebildet und entfaltet hat, so heißt das auch, daß mit der Verurteilung der „Irrtümer“ der Häresien die Probleme, deren Ausdruck diese Irrtümer“ waren, innerhalb der Orthodoxie prinzipiell zwar gelöst, mit der Verurteilung ihrer häretischen Folgen aber ebensosehr auch verdrängt worden sind. Die Aufarbeitung dieser Vergangenheit wäre noch zu leisten.
Mit dem apologetischen Prozeß ist die Bekenntnislogik in die Theologie eingewandert und hat sie von innen verändert. Apologetik ist die Instrumentalisierung des Satzes: Wer sich verteidigt, klagt sich an. Mit jeder Verurteilung einer Häresie hat die Orthodoxie sich selber mit verurteilt.
Das Dogma verletzt das Gebot der Heiligung des Gottesnamens.
Steckt nicht hinter dem Bilde des Perpetuum mobile ein sehr ernsthaftes Problem, und zwar eines, das mit dem Apparat zusammenhängt, der die Menschheit ernährt, die ihn bedient, und sie zugleich in die Katastrophe hineintreibt: mit dem Staat?
Seit heute sind die Gundbach-Wiesen südwestlich vom Anglerteich mit dem Hinweis gesperrt: „Kein Durchgang! Betreten verboten gem. § 3 Ziffer 8 der Verordnung über das Naturschutzgebiet Mönchbruch von Mörfelden und Rüsselsheim vom 3. Februar 1995 (Staatsanzeiger für das Land Hessen Nr 9 vom 27.02.1995, S. 698ff). Regierungspräsidium Darmstadt“. – Das gleiche Durchgangsverbot findet sich an der Birkenseewiese, am Erlenbruchweg und am Weg, der den Gundbach entlang führt. Ein präzises Beispiel für die Logik des Verwaltungshandelns: für ein Handeln hinter dem Rücken der Betroffenen (es schafft vollendete Tatsachen). Die Erinnerung an die wilhelminische Vorgeschichte ist eindeutig. Gegen den Startbahnbau und gegen den Bau von Cargo City waren Naturschutzgründe unerheblich, aber gegen den täglichen Spaziergänger schlagen sie durch.
Mai 1995
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31.5.1995
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30.5.1995
Barmherzigkeit, nicht Opfer: Die Geschichte des Objektivationsprozesses ist die Ursprungseschichte des steinernen Herzens.
Öffentlichkeit (das „öffentliche Bewußtsein“) setzt eine von der Öffentlichkeit unterschiedene Realität voraus. Die Grenze zwichen der Öffentlichkeit und der Realität, auf die sie sich bezieht, ist nicht fest, sie bewegt sich im historischen Prozeß. Darin ist die der Hegelschen Philosophie zugrunde liegende Einheit der Herrschaftsgeschichte mit der Geschichte des Begriffs begründet. Die Bewegung dieser Grenze läßt an der Sprachgeschichte sich ablesen.
Schuldurteile: Nur das Recht kennt synthetische Urteile apriori als Einzelfallurteile. Das Indizienurteil kommt diesem Urteil nahe; seine „Vollendung“ findet es in den Urteilen der Staatsschutzsenate. Diese Konstruktion synthetischer Urteile apriori wäre ohne Rückgriff auf die deutsche Staatsmetaphysik (die hier die Stelle der transzendentalen Ästhetik einnimmt) nicht möglich.
Die Idee des Absoluten verdankt sich der undurchdringlichen Verschlingung von Ästhetik und Logik. -
28.5.1995
Lamm Gottes, das hinwegnimmt die Sünden der Welt: Dieses Präsens ist zweideutig; es kann sowohl eine vergangene, abgeschlossene Handlung bezeichnen (den Kreuzestod: das Opfer, in dem die Schrift sich erfüllte) als auch eine zukünftige, noch ausstehende Tat (die Wiederkunft: die Erfüllung des Worts). Das Präsens ist indifferent gegen Vergangenheit und Zukunft, es ist indifferent gegen Imperfekt und Perfekt. Die gleiche Logik gilt für den Begriff des Faktums, der Tatsache, für den die Unterscheidung von Vergangenheit und Zukunft unerheblich geworden: in einem allgemeinen Zeitbegriff untergegangen ist.
Haben Rind und Esel etwas mit Imperfekt und Perfekt zu tun, und wird das Verbot des gemeinsamen Pflügens durch die indoeuropäische Grammatik (durch das Neutrum und durch veränderten Formen der Konjugation) verletzt?
Synthetische Urteile apriori sind Produkte eines selbstreferentiellen Beweises, gleichsam des institutionalisierten falschen Zeugnisses. Die Nichtunterscheidbarkeit von Joch und Last (die Unfähigkeit, Rechts und Links zu unterscheiden) ist der Grund dieser logischen Selbstreferenz.
„Das wesentliche Gebet“ von Henri Bremond beschreibt das technische Konzept und die technische Entwicklung der Exkulpationsautomatik. Das „Wirkenlassen“, die Gelassenheit, das, was Heidegger später das Seinlassen nennt, produziert den Mechanismus, mit dessen Hilfe das Subjekt aus der Welt sich herausstiehlt (indem es die Welt zum bloßen – subjektunabhängigen – Geschehen neutralisiert). Indem es so dem Schuldzusammenhang der Welt glaubt entrinnen zu können, verstrickt es sich in ihn. Die Techniken der Nichtwahrnehmung, der Verdrängung der Schuld sind keine Techniken der Befreiung von Schuld. Sie produzieren nur ein (somit falsches) Bewußtsein der Freiheit von Schuld. Diese Mystik ist eine Mystik der Desensibilisierung, sie schließt sich nicht zufällig an die Trinitätslehre an.
War nicht die Sakramentenlehre ein Versuch, unterm Bann des Weltbegriffs die Erinnerung an die Schöpfung, die der Weltbegriff leugnet, zu rekonstruieren? Vermittelt wurde diese Rekonstruktion durch die Idee des Opfers (der Entsühnung der Welt). Auch für die Sakramentenlehre gilt das Wort: Barmherzigkeit, nicht Opfer.
Aus welchem Anlaß und in welchem Zusammenhang sagt Jesus zu Petrus: Noch ehe der Hahn kräht, wirst du mich dreimal verleugnen? Alle Stellen nach dem letzten Abendmahl; Mt, Mk und Lk auf dem Wege zum Ölberg, Joh vor den Abschiedsreden.
– Mt 2630ff: … gingen sie hinaus zum Ölberg. Da sagte Jesus zu ihnen: Ihr werdet in dieser Nacht alle an mir Anstoß nehmen; denn es steht geschrieben: „Ich werde den Hirten schlagen, und die Schafe der Herde werden sich zerstreuen“ (Sach 137). Wenn ich aber auferweckt worden bin, werde ich euch nach Galiläa vorangehen. Da antwortete Petrus und sagte zu ihm: Wenn alle an dir Anstoß nehmen, werde ich doch niemals an dir Anstoß nehmen. Jesus sprach zu ihm: Wahrlich, ich sage dir: In dieser Nacht, ehe der Hahn kräht, wirst du mich dreimal verleugnen.. Petrus sagt zu ihm: Auch wenn ich mit dir sterben müßte, werde ich dich nicht verleugnen. Ebenso sagten auch alle Jünger.
– Mk 1426ff: im wesentlichen wie Mt (nur: ehe der Hahn zweimal kräht).
– Lk 2231ff: Simon, Simon, siehe der Satan hat sich euch ausgebeten, um euch im Sieb zu schütteln wie den Weizen; ich aber habe für dich gebeten, daß dein Glaube nicht aufhöre; und du, wenn du dich einst bekehrt hast, stärke deine Brüder! Er aber sagte zu ihm: Herr, ich bin bereit, mit dir sogar ins Gefängnis und in den Tod zu gehen. Da sprach er: Ich sage dir, Petrus: Der Hahn wird heute nicht krähen, bis du dreimal geleugnet hast, mich zu kennen.
– Joh 1336ff: Simon Petrus sagte zu ihm: wohin gehst du? Jesus antwortete: Wohin ich gehe, dahin kannst du mir jetzt nicht folgen, du wirst aber später folgen. Petrus sagte zu ihm: Herr, warum kann ich dir jetzt nicht folgen? Mein Leben will ich für dich hingeben. Jesus antwortet: Dein Leben willst du für mich hingeben? Wahrlich, wahrlich, ich sage dir: Der Hahn wird nicht krähen,bis du mich dreimal verleugnet hast.
Wenn es zu Joh 129 keine Alternative mehr geben wird, wird das Schuldverschubsystem tödlich.
Selbstaufklärung der transzendentalen Logik: Der Bekenntnisbegriff (der selber aus der Idolatrie, aus der Tempelreligion, hervorgegangen ist) war die Urgestalt der subjektiven Formen der Anschauung.
Nicht Saul und nicht David, sondern erst Salomon hat dem Namen des Herrn ein Haus gebaut.
Wird nicht der Bosnienkonflikt langsam zu einem Lehrstück, an dem die letzte Phase der Herrschaftsgeschichte sich ablesen läßt: Exempel eines Staatsterrorismus, gegen den die traditionellen Machtmittel der Staatengemeinschaft hilflos und unwirksam sind, und das nicht zuletzt deshalb, weil die Phantasie der Politiker und Militärs, von der eigentlich die Lösung zu erwarten wäre, blockiert ist durch Komplizenschaft. Vom Vietnam- bis zum Golfkrieg haben die darin verwickelten Mächte nach den gleichen Prinzipien gehandelt, gegen die sie jetzt ohnmächtig sind, weil diese Prinzipien ihre eigene Vorstellungskraft und ihre Phantasie blockieren. Der Schlauheit und dem Scharfsinn der faschistischen Gemeinheit hat die gemeine Dumpfheit des administrativen Gewaltmonopols nichts mehr entgegenzusetzen. Der Erfolg gegen Saddam Hussein war der Erfolg einer Dampfwalze gegen einen Wüstenfuchs. Alle übrigen Erfolge, wie in Grenada oder auf den Falkland-Inseln, waren Ergebnisse von Verwaltungsaktionen, Erfolge gegen einen Gegner, der zum Widerstand nicht fähig war (wie in der Bundesrepublik die „Erfolge“ gegen Ausländer und Asylanten).
Erschreckend der Zynismus der Medien, die, nachdem sie im Innern ihre Fähigkeit und Bereitschaft zur kritischen Begleitung der Politik aufgegeben, der konzentrierten Gewalt der Verwaltung, zu der Politik zu degenerieren droht, keine Phantasie und keinen Gedanken mehr entgegenzusetzen haben, daraus den Schluß ziehen: Wenn man gegen Karadzicz, der zivile Einrichtungen bombardiert und UNO-Soldaten als Geiseln nimmt, nichts mehr machen kann, muß er wohl Recht haben. Und die UNO hat Unrecht, nicht weil ihr zu den Gemeinheiten nichts mehr einfällt, sondern weil sie ohnmächtig ist und keinen Erfolg hat. Es läßt sich aus der Logik der Information begründen, wenn Erfolg und Recht Synonyme geworden sind. Läßt es sich nicht mittlerweile an der berufsspezifischen Grammatik von Journalisten ablesen, daß die Presse nur noch an Meinungen, nicht aber mehr an eine in die Politik eingreifende kritische Öffentlichkeit glaubt? Dieser Zynismus ist das Spiegelbild des Zynismus der Politiker, die Politik von Verwaltung nicht mehr unterscheiden können, und deshalb unfähig, ihn beim Namen zu nennen.
Die Schlange ist sowohl eine sprachgeschichtliches als auch ein herrschaftsgeschichtliches Symbol (Symbol des gemeinsamen Ursprungs des Neutrums und des Staates). Ließe sich nicht heute an den Medien die Bedeutung des Satzes demonstrieren: Auf dem Bauche sollst du kriechen und Staub sollst du fressen? Gründet die „Klugheit der Schlange“ nicht darin, daß sie – anders als die Tiere sonst – nicht bloß den Schuldzusammenhang verkörpert, sondern zugleich auch die Abstraktion davon (den Schuldzusammenhang zusammen mit der Exkulpationsautomatik)?29.5.1995
Schuldzusammenhang: Der Begriff des Anderen ist eine weltkonstituierende Systemkategorie. Jeder ist für Andere ein Anderer. Das rechtliche Pendant des Anderen ist die Person (definiert durch Schuldfähigkeit: durch Eigentumsfähigkeit und Zurechenbarkeit ihrer Handlungen).
„Haas des Mordes bezichtigt“ (Überschrift einer Meldung in der FR vom 27.5.): Nicht bezichtigt, denn auch der Bundesanwalt unterstellt nicht, sie habe einen Mord begangen, sondern nur angeklagt: Ihr wird ein Mord angelastet, den ein anderer an einem Ort, an dem sie selbst nicht gewesen ist, begangen hat, im Zusammenhang mit einer Tat, an deren Vorbereitung sie möglicherweise mitgewirkt hat. Wirft diese Anklage nicht die Frage der Kollektivschuld wieder auf: Hat nicht ein ganzes Volk an der Vorbereitung und militärischen Absicherung des millionenfachen industriellen Judenmords durch die größte terroristische Vereinigung, die es je in diesem Land gegeben hat, und deren Mitglieder die meisten waren, mitgewirkt? Und hat nicht eine ganze Richtergeneration, die sich nie dafür hat verantworten müssen, wenn nicht durch aktive Teilnahme, so doch durch Nichtverfolgung dieses Verbrechens mitschuldig gemacht?
„Dadurch, daß man sich nicht um das kümmert, was in der Seele eines anderen vor sich geht, wird man wohl nicht so leicht unglücklich; wer aber nicht mit aller Aufmerksamkeit den Bewegungen der eigenen Seele folgt, muß notwendig unglücklich werden.“ (Marc Aurel: Selbstbetrachtungen, II,8) Wirft dieser Satz – Ausdruck der Sorge um das eigene Seelenheil, das durch die Probleme der anderen sich nicht irritieren lassen will – nicht ein Licht auf den Problemkreis, dem auch der Ursprung des Christentums sich verdankt? Wird hier mit der Paranoia nicht zugleich auch die Barmherzigkeit verworfen? Ließe die Idee der Ataraxia (Urbild der Souveränität des Herrschers) nicht als der Versuch sich bestimmen, vom Mitleid nicht überwältigt zu werden, ohne der Paranoia zu verfallen? – „Mit aller Aufmerksamkeit den Bewegungen der eigenen Seele folgen“: Definition der (männlichen) Selbstbeherrschung (die das Tier im eigenen Innern: im Trieb, in der „sinnlichen“ Begierde, erkennt, und den Versucher in den den Trieb hervorrufenden Sinnesreizen: in den Frauen).
Unterm Bann der Paranoia erscheint Barmherzigkeit als Hysterie.
Das Inertialsystem und die Sünde der Welt: Im historischen Objektivationsprozeß (mit der Verweltlichung der Welt) verändert sich der Bereich dessen, was ohne unser Zutun geschieht, und dem wir nur als Zuschauer noch beiwohnen. Die letzte Phase dieser profanen Entrückung wurde eingeläutet mit der Erfindung des Fernsehens, das unseren aktiven Anteil an der Welt unwiderruflich von dem theoretischen (dem unserm Zuschauen präsenten) Anteil getrennt hat. Wir sind zu Zuschauern unseres eigenen Lebens geworden, das aber um den Preis, daß unser Leben nicht mehr von uns, sondern von der Welt gelebt wird. Die Welt ist zum handelnden Subjekt unseres Tuns geworden (Hegel: die Substanz ist zum Subjekt geworden), und wir zu ohnmächtigen, gespannt zuschauenden Voyeuren. Unser Handeln ist zu einem Passivum geworden, unser letztes Aktivum ist das Zuschauen, mit dem der moralische Tod unser Leben ergriffen hat. Die Akte der Empörung, der letzten Form der Anteilnahme an der vom Fernsehen präsentierten Welt, vermögen das Leben, das aktive Eingreifen in die Katatrophe, nicht zu ersetzen. Die Empörung (lange schon eingeübt im Gerede, im Geschwätz) ersetzt das Handeln durchs Urteil (die Barmherzigkeit durchs strenge Gericht). Vorgebildet ist diese reallogische Konstruktion in einer Theologie, die seit langem schon zur Theologie hinter dem Rücken Gottes geworden ist (hängt nicht das Fernsehen mit der Trinitätslehre, mit der Opfertheologie und mit der Vergöttlichung Jesu zusammen?).
Die Bekenntnislogik ist die Logik der Ästhetisierung der Theologie (Rosenzweigs Frage, „ob Künstler selig werden können“, gilt auch für Theologen).
Hat die Trennung von Handeln und Zuschauen (die in der Subsumtion der Zukunft unter die Vergangenheit gründet) etwas mit der Unterscheidung des Tieres vom Lande vom Tier aus dem Wasser zu tun? -
27.5.1995
Kritik der Sprache: Name und Begriff unterscheiden sich wie Imperativ und Indikativ, wie Wort und Schrift, Gebot und Gesetz, Freiheit und Kausalität (Determination). Deshalb gibt es keine Freiheit ohne Schuldreflexion, von der die subjektiven Formen der Anschauung, in denen der Schuldzusammenhang des Begriffs gründet, nur zum Schein dispensieren.
Komplizenschaft ist das Produkt der Instrumentalisierung der Solidarität. Sie ist der Grund, aus dem die Bekenntnislogik hervorgeht. Die Bekenntnislogik macht das Opfer zum Schuldigen und versucht das durch seine Vergöttlichung zu sühnen.
Die Verkündigungsgeschichte steht in der Tradition, wonach die Propheten im Mutterleib berufen wurden (während die Geschichte der Orthodoxie das kirchliche Pendant der Geschichte der Hysterie ist).
Die verdrängte Barmherzigkeit erscheint im Objekt als Hysterie.
Hängt das Wort des Täufers, er sei nicht würdig, seine Schuhriemen zu lösen, zusammen mit dem andern Wort: Der Himmel ist sein Thron und die Erde ist der Schemel seiner Füße?
Laß leuchten Herr Dein Angesicht, erfüllt mit Deiner Gnade Licht: Das Licht Seiner Gnade ist die Barmherzigkeit, die Fähigkeit, sich in einen andern hineinzuversetzen, die Umkehr des objektivierenden Prinzips, Inbegriff des verteidigenden, des parakletischen Denkens.
Das Wort und die Logik der Schrift: Die vollendete Gestalt der Lehre wäre eine, in der alle sich wiedererkennen (und nicht eine, in der der Eine dem Andern etwas vorschreibt).
Der die Erde gegründet und den Himmel aufgespannt hat: Verweist nicht das Gründen auf die Kausalitätslogik, das Aufspannen auf die teleologische Logik? Das Erstgeschaffene waren die Himmel, erst das zweite die Erde, und die war wüst und leer.
Ist nicht die Finsternis über dem Abgrund der Ursprungsort der Philosophie und der Geist über den Wassern der der Prophetie? Und gehört zur Folge dieser Geschichte die Trennung der unteren von den oberen Wassern (durch die Feste des Himmels am zweiten Tag) und dann die Erschaffung der großen Meerestiere und des Menschen (am fünften und sechsten Tag)? -
26.5.1995
Der Gegensatz von Sehen und Hören drückt in der Sprache in der Beziehung von Schrift und Wort sich aus. Worauf bezieht sich das Wort von den „sichtbaren und unsichtbaren Dingen“ im Credo? Ist nicht das Dogma der Versuch, das Unsichbare in Sichtbares: den Glauben in Wissen zu transformieren? Und war nicht genau das der parvus error in principio? Wer das Unsichtbare in Sichtbares zu transformieren versucht, setzt an die Stelle des Hörens den Gehorsam.
Das Dogma und die Logik der Schrift: Quod non est in actis, non est in mundo.
Das Dogma hat die Ohren verstopft.
Die Prophetie hat in der Tat in der Geschichte Jesu sich erfüllt; aber erfüllt heißt nicht abgeschlossen, heißt nicht, daß das Erfüllte damit zu etwas Vergangenem geworden ist: Es ist vielmehr auf eine neue Weise gegenwärtig geworden. Hat nicht erst die Kirche, durch ihre Art der Verarbeitung (durch theologische Objektivierung), es zu etwas Vergangenem, Erledigten, gemacht?
Stephanus sah den Himmel offen. Hat nicht Paulus, der in den dritten Himmel entrückt war, die Feste des Himmels wieder verschlossen und durch die Archonten versiegelt? Und hat nicht Paulus (ein „V-Mann“ der Sadduzäer, nicht der Pharisäer) das sadduzäische Prinzip, das er vertrat, ins Christentum mit herübergenommen und so dazu beigetragen, daß die jüdische Tradition aus dieser Fessel sich befreien konnte?
Der Gottesname „Vater“ gewinnt Sinn nur, wenn ich ihn auf andere beziehe: Nur dann werden die Sätze verständlich „Seid barmherzig, wie auch euer Vater im Himmel barmherzig ist“ oder „Vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben …“ oder auch „Was ihr den Geringsten meiner Brüder getan habt, das habt ihr mir getan“.
War die Kopenhagener Schule nicht der Vorläufer der Postmoderne in der Physik? Beide haben die Logik des Sehens bis an die Grenze vorgetrieben, an der sie hätte ins Hören umschlagen müssen, aber dann wieder ins Sehen zurückgebogen.
In einen Prozeß hineingezogen werden kann ich auf dreifache Weise: als Ankläger, als Angeklagter oder als Verteidiger.
Sind Perfekt und Imperfekt die konjunktivischen Verkörperungen von Gerechtigkeit und Barmherzigkeit? Die indoeuropäischen Sprachen haben aus dem Imperfekt das Praeteritum gemacht: Sie ist die Welt zu einer durch die Vergangenheitsform (durchs Perfekt) abgeschlossenen Welt geworden (zum Präsens), die seitdem instrumental verfügbar ist. Das Wort, daß die Pforten der Hölle sie nicht überwältigen werden, revoziert das Praeteritum (und die Gewalt des Perfekt). Das Perfekt, das für uns zur abgeschlossenen Vergangenheit geworden ist, war in der Bibel inhaltlich erfüllt: Er starb alt und lebenssatt. Das indoeuropäische Perfekt ist der Sprachgrund der Totalitätsbegriffe Wissen, Natur und Welt.
Auschwitz ist die reinste Verkörperung des vom Perfekt vergewaltigten Imperfekt.
Theodor Haeckers Bemerkung über den „echten Hebräer“ gehorcht der Logik der bloß erbaulichen Bibellektüre, die seit je projektiv und antisemitisch war.
War der Himmelfahrtstag nicht seit je ein Männertag („Ihr Männer von Galiläa …“)? Waren nicht hier und beim letzten Abendmahl die Frauen ausgeschlossen?
Die Trinitätslehre hat die Attribute Gottes durch Objektivierung aus dem Imperativ in den Indikativ zurückübersetzt, sie für Herrschaftszwecke brauchbar gemacht. Hat sie damit nicht das Wort Jesu zu Petrus „Weiche von mir Satan! Du bist mir ein Fallstrick, denn du sinnst nicht, was göttlich, sondern was menschlich ist“ (Mt 1623) als Imperativ genommen?
Das Allgemeine ist, bezogen auf das Einzelne, das Gemeine.
Die Postmoderne vollstreckt den Bann des begrifflichen Denkens: den Verzicht auf Ziele und Resultate. Die Dekonstruktion ist die Entfaltung des Widerspruchs, der mit ihrer Objektivierung auch die Ziele und Resultate ergreift.
Mit dem Satz „Seid klug wie die Schlangen und arglos wie die Tauben“ ist die Offenbarung fähig geworden, in die Völkerwelt hinauszugehen.
Der Vertrauens-Slogan der Deutschen Bank bezieht sich auf das Vertrauen, daß die Kunden in die Deutsche Bank setzen sollen, nicht auf das Vertrauen, das die Deutsche Bank in die Kunden setzt. Es ist ein durchaus einseitiges Vertrauen und meint eigentlich: Ihr könnt uns vertrauen, wir werden euch die Drecksarbeit abnehmen. Geldwäsche ist eine der wichtigsten Aufgaben der Banken: Man sieht dem Geld auf dem Konto nicht mehr an, auf welche Weise es gewonnen, erhalten und vermehrt wurde.
Wie wäre es mit der These, daß der Antisemitismus heute nicht aufgehoben, sondern nur neutralisiert, gleichsam in eine Latenzphase gebracht wurde?
Gibt es zu der Unterscheidung von gegen und wider (Gegner und Feind, Gegenstand und Widerstand) eine Entsprechung im Lateinischen oder Griechischen? Gehört diese Unterscheidung (zusammen mit dem naturwissenschaftlichen Begriff der Trägheit) zu den Ursprungsbedingungen des Dingbegriffs? Und hat diese Unterscheidung etwas mit der des Andern vom Fremden zu tun (ist der Andere der neutralisierte Fremde, der Gegner der neutralisierte Feind)?
Nach einem Hinweis von Jürgen Ebach bezieht sich das biblische „im Angesicht“ sowohl auf Gott wie auch auf den Feind. So hängt das Leuchten des Angesichts mit der Feindesliebe zusammen. Im Feind hasse ich die eigene Verblendung (das nach draußen projizierte verdrängte Innere, das ich in mir selbst nicht wahrhaben will, die projektiv ins Objekt verschobene Manifestation des Verdrängten, die die Welt verdunkelt). -
24.5.1995
Das Angesicht leuchtet im Licht der Sprache.
Das Licht, das den Tag hell macht, und dessen Gegenteil das Dunkel, die Finsternis, die Nacht, ist, ist eine Erkenntniskategorie, aber keine naturwissenschaftliche: Ist nicht das Licht der „Aufklärung“ (wie das der Bühne, des Films, des Fernsehens) das des Mondes, der nicht selbst leuchtet, sondern das Licht der Sonne nur reflektiert? Und sind nicht die Lichter der Wandelsterne die getrennten, durch definierte Aspekte determinierten Lichter (des Herrendenkens, des Feinddenkens, des Geliebtwerdenwollens, des Handels: Eigentum und Tausch); sie allesamt sind Lichter der Nacht. Sie sind der Grund der ihnen korrespondierenden „Erscheinungen“, die hervortreten, wenn die anderen Aspekte ausgeblendet werden.
Der Tierkreis: Inbegriff der Totalitätssymbole?
Das moderne Drama unterscheidet sich von der antiken Tragödie u.a. durch seine Beziehung zum Licht: Das Drama findet im geschlossenen Raume auf der Bühne statt (vor dem Publikum, das im Dunklen sitzt), die Tragödie im Amphitheater am hellen Tag unter freiem Himmel.
Das Inertialsystem verletzt das achte Gebot: Du sollst kein falsches Zeugnis geben wider deinen Nächsten.
Der Zeuge muß die Wahrheit sagen, nichts als die Wahrheit, während der Angeklagte lügen darf. In der Regel wird vor Gericht davon ausgegangen, daß der Angeklagte lügt. Darin gründet der Indizienprozeß (das rechtliche Korrelat der transzendentalen Logik, des synthetischen Urteils apriori).
Die transzendentale Logik wäre anhand der Gesetzesänderungen im Zusammenhang mit den Terroristenprozessen zu demonstrieren: Alle gesetzlichen Vorkehrungen dieser Prozesse waren Maßnahmen zur Begründung und Absicherung synthetischer Urteile apriori. Prämisse war, daß der Angeklagte nicht nur lügen darf, sondern daß er grundsätzlich lügt (die vorgeblich politischen Motive der terroristischen Handlungen waren nur Vorwände zur Befriedigung der Mordlust, zum Ausleben krimineller Triebe). Nach Auffassung von Staat und Gerichten waren selbst die „Selbstmorde“ in Stammheim noch Teil einer Aktion, die nach draußen die „Lüge“ transportieren sollte, der Staat habe die Gefangenen ermordet. Unter der Voraussetzung, daß die Wahrheit nicht zu ermitteln ist, weil Sprache keine Wahrheit mehr auszudrücken vermag, sondern nur noch hinterhältig-mörderische Absichten, die es rechtzeitig zu durchschauen gilt, gibt es zur Gewalt (zur terroristischen Aktion wie zu Hochsicherheitstrakt und Isolationshaft) keine Alternative mehr.
Das Grundurteil, das jedem synthetischen Urteil apriori zugrundeliegt, ist das Urteil: Der Angeklagte lügt. Damit aber ist der paranoische Zirkel geschlossen, aus dem beide Seiten nicht mehr herauskommen. (Bestätigt nicht Gisela Dutzis Wort vom „Rechtsstaatsgetöse“, das das synthetische Urteil apriori nur umkehrt, nicht aufhebt, nachträglich den Faschismus? Ist die Vermutung so unbegründet, daß diese Generation die Geschichte revidieren möchte, indem sie den Ermordeten, die keine Chance hatten, auch nicht die eines Rechtsstaats, im Nachhinein zeigt, was sie hätten tun können, ohne zu bemerken, daß sie in die Logik der Täter sich verstrickt?)
Die Lust der Philosophie, der Wissenschaft und des Rechts, die Lust des argumentativen Streits, ist die Lust des Rechtbehaltens, während es die Lust der Theologie ist, zu retten, zu ändern.
Das Schwert des Richters ist das Schwert Alexanders, das den gordischen Knoten durchschlagen, nicht aufgelöst hat. Das Bild dieses durchschlagenen Knotens ist die Waage der blinden Justitia, die erst, wenn sie die Binde von den Augen nimmt, in der Lage sein wird, den Knoten zu lösen.
Anti, contra, gegen: Was drückt in diesen Kategorien sich aus?
Die Verkörperung der Logik der symbolischen Erkenntnis ist der Engel. Darin gründet ihre Beziehung zu den Himmelsheeren (zu den paulinischen Elementarmächten, den Archonten, den „Thronen und Mächten, Herrschaften und Gewalten“).
Die Hellenisierung der Theologie, nach Harnack der Grund des Dogmatisierungsprozesses, hat dem Glauben, der das Zukünftige zu erkennen versucht, die Form des Wissens aufgeprägt und die Kirche dann zur Hüterin dieses Wissens gemacht. Kein Wunder, daß den Kirchen heute dieser Schatz unter den Händen sich auflöst.
Aus alten Notizen:
Eine der Ursachen weitreichender Mißverständnisse und Verwirrungen in der Theologie ist die Verwechslung von Schöpfung und Sündenfall. (24.06.83)
Über Gott kann man nicht sprechen? – In der Tat, über Anwesende kann man nicht, ohne sie zu beleidigen, sprechen. (11.09.83)
Religion hat keine reale Bedeutung mehr, sondern nur noch eine sozialisationstechnische (als Erziehungsmittel): Kommt daher die wachsende Zahl von Singles?
Langer Atem: Keiner hält die Spannung zwischen den erkenntniskritischen Einwänden gegen die Naturwissenschaft und dem realen Erkenntnisfortschritt mehr aus.
Physik heute: Entspannte (spannungslose) Erkenntnis; Erkenntnis, die sich selbst zu tragen scheint, in Wahrheit aber auf den Grund zurückgesunken, zugrunde gegangen ist. Physik geht nicht mehr der Sache auf den Grund, sondern ist das Zugrunde-Gehen der Sache, ihre Vernichtung, und das im wörtlichen Sinne: Ihre Projektion ins Vergangene. (04.11.84)
Jede Theodizee heute wäre blasphemisch, die Entfaltung des Begriffs der Blasphemie hingegen die einzig noch mögliche Theodizee. (28.03.85)
Das Grauen des Faschismus bildet das Chaos vor der Schöpfung ab. Die Leugnung dieses Grauens hat mit der Gottesleugnung zu tun. (06.06.85)
Helmut Kohl verkörpert ein irrationales Harmoniebedürfnis, dessen aggressive Gewalt der Gradmesser einer zugrunde liegenden Katastrophenstimmung ist. (02.01.86) -
23.5.1995
Prozeß gegen Birgit Hogefeld: Auf die Frage der Verteidigerin nach dem Grund der erneuten Festnahme einer Prozeßbesucherin, erklärt der Vorsitzende Richter (Dr. Schieferstein) erkennbar wütend und mit aggressiver Lautstärke: „Damit habe ich nichts zu tun“. Die Art seiner Reaktion weist darauf hin, daß er den Vorgang sehr wohl kennt und offensichtlich doch etwas damit zu tun hat (die Anfrage der Verteidigerin hat ihn nicht überrascht, nur verärgert; deshalb seine gereizte Reaktion). Bei der Festnahme (am vergangenen Donnerstag, an ihrem Geburtstag!) hatten sich die Polizeibeamten auf eine „Anordnung des Vorsitzenden Richters“ berufen.
Synthetisches Urteil apriori: Wieder einmal erweist sich, daß nur die Verteidigung und die Angeklagte in diesem Prozeß souverän agieren (aber was bleibt ihnen auch anders übrig), während Bundesanwälte und Richter nur noch gereizt reagieren. Man hat das Gefühl einer Verhandlung beizuwohnen, in der die Beziehung des Gerichts zur Angeklagten auf den Kopf gestellt ist: Das Gericht verhält sich, als sei es selbst angeklagt, als müsse es sich fortwährend gegen Beschuldigungen wehren, die es nicht entkräften, sondern nur noch durch repressive Maßnahmen unterdrücken kann: Jede Erörterung der Fakten wird verweigert, ihr bloßes Lautwerden diskriminiert. So sieht sich das Gericht immer wieder gezwungen, den Grundsatz „In dubio pro reo“ für sich selbst geltend zu machen (aber in keinem Fall und um keinen Preis für die wirklich Angeklagte, die ohnehin, schon durch die Inszenierung des Verfahrens, vorverurteilt ist). – Das jedoch ist die zwangsläufige Folge davon, daß der Prozeß mit all seinen Begleiterscheinungen (zu denen auch die Nichtwahrnehmung durch die Medien gehört) objektiv als politischer Prozeß geführt wird: Die Angeklagte ist nicht nur Angeklagte, sie ist Feind; und die Besucher sind Parteigänger des Feindes, „Sympathisanten“, sie werden ausnahmslos wie potentielle Terroristen angesehen und behandelt (Empfang durch maschinenpistolenbewehrte Polizeibeamte und Hundeführer, im Eingang dann schikanöse, entwürdigende und diskriminierende Kontrollen, die demonstrieren, daß die Würde des Menschen im wörtlichen Sinne antastbar ist). Durch rigoros gehandhabte Sprachregelung jedoch soll um jeden Preis der Schein eines rechtsstaatlichen Verfahrens aufrechterhalten werden.
Wie es scheint, ist inzwischen zumindest ein Teil der Prozeßbesucher dem Gericht und der Polizei mit Namen bekannt (so wurde ein regelmäßiger Prozeßbesucher, der bisher weder mit dem Gericht noch mit der Polizei persönliche Berührung gehabt hat, von einem Polizeibeamten mit seinem Namen angesprochen; die Frage, woher er ihn kenne, wurde von dem Beamten nicht beantwortet). Einige Besucher wurden, nachdem sie vor dem Gerichtsaal festgenommen worden waren, erkennungsdienstlich behandelt; der Polizei im Gerichtsgebäude liegen Fotos dieser Prozeßbesucher vor (ob auch von anderen Prozeßbesuchern, war nicht erkennbar; aber die Größe des Packens ließ darauf schließen, daß weitere Fotos vorliegen).
Gründet nicht die merkwürdige, redundante Selbstbezeugung der subjektiven Formen der Anschauung („Ich und der Vater sind eins“) in ihrem Grundprinzip: in der Subsumtion der Zukunft unter die Vergangeheit: so bezeugt sich Zukunft als vergangen?
Die Form des Raumes ist der gelungene (und zugleich neutralisierte) hieros gamos.
Werden die Zitate aus dem „Alten Testament“ in der Johannes-Apokalypse unverändert wiedergegeben, oder in der Formulierung oder durch den Zusammenhang verändert oder ergänzt (vgl. die vier apokalyptischen Reiter; das Buch, das der Seher ißt; der Himmel, der wie eine Buchrolle sich aufrollt; der Unzuchtsbecher; das Tier aus dem Meer und das Tier vom Lande u.ä.)?
Max Webers Unterscheidung von Verantwortungs- und Gesinnungsethik greift zu kurz: Selbstverständlich kann man mit Gesinnungen keine Sachzwänge aushebeln. Aber das heißt nicht, daß man Sachzwänge unreflektiert hinnehmen muß. Die Anerkennung von Sachzwängen schließt ihre Reflexion (und damit ihre Konfrontation mit anderen Notwendigkeiten, ihre Variabilität) nicht aus.
Nicht nur die Außenbeziehunger der Staaten erweisen sich als Naturverhältnisse. Über die Armut dringt die rohe Natur der Außenwelt ins Innere der Gesellschaft ein.
Die explosive Entwicklung des Militär- und Rüstungsbereichs, die in Wechselbeziehungen zu den sich ändernden Strukturen im Innern der Staaten steht, wird unterstützt und stabilisiert durch den irren Griff nach den Sternen und durch den ebenso irren Griff ins vorgebliche Innere der Materie.
Merkwürdige Beziehung des Prinzips der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit zu den kantischen Antinomien: Hier wird das Problem, ob die Ausdehnung des Raumes endlich oder unendlich ist, in der Längenkontraktion handgreiflich und auf neue Weise bestimmbar. Paradox die Konsequenzen hinsichtlich der Zeit: Die Zeitdilatation verlegt das Ende der Zeit in ihren Anfang. -
22.5.1995
Die „Trennung … zwischen Geschäften einerseits … und jenem Umgang andererseits, der die Privatpersonen als Publikum verbindet“, von der Habermas (Strukturwandel der Öffentlichkeit, S. 248) spricht, ist der euphemistische Ausdruck eines ganz anderen Sachverhalts: Die Tretmühle der lohnabhängigen Arbeit schließt jene Autonomie aus, die die heute übrigens selber bereits ideologische Grundlage von „Geschäften“ ist. Und der „Umgang“, der diese „Privatpersonen als Publikum verbindet“, ist die vollendete Heteronomie: Er gehorcht den Imperativen von Reklame und Kulturindustrie, die auch die traditionellen Kontrollmechanismen der Nachbarschaften, der Stände, der „Volks“- und Religionsgemeinschaften in ihre Regie genommen haben. Ideologie ist nicht mehr nur das falsche Bewußtsein, das durch Aufklärung zu berichtigen wäre, sondern die Verfassung der Öffentlichkeit und der sie konstituierenden Institutionen selber, die die Wahrnehmung und das Denken der Menschen bestimmen.
Das stumme Innere des gesellschaftlichen Lebensprozesses, an das heute keine Reflexion mehr heranzureichen scheint, bestimmt das Verhalten der Menschen ähnlich wie das stumme Innere der Gattung das Instinktverhalten der Tiere.
Die Sünde der Welt: Ist nicht die Grenze zwischen mir und den Andern die Grenze zwischen Täter und Opfern? Und das ist die fatale Funktion des Weltbegriffs, unter dessen Herrschaft ich mich als Anderer für Andere erfahre, daß er das Selbstmitleid (das Bewußtsein, Opfer der Verhältnisse zu sein) erzeugt, das heute alle Erfahrung durchtränkt. Der Weltbegriff hat die Liebe von der Barmherzigkeit getrennt, die so zum Selbstmitleid, zur Sentimentalität, verkommen ist.
Das Prinzip der Selbsterhaltung, das den Weltbegriff begründet, ist zugleich der Grund wie auch eine Rationalisierung des Selbstmitleids.
Zum Problem der Öffentlichkeit: Öffentlich wird die Wahrheit in der Gestalt des Urteils. Urteile aber sind beweisbedürftig und beweispflichtig. So definiert die Grenze des Beweises die Grenze der Wahrheit, die damit unter Rechtfertigungszwang gestellt wird.
Der Weltbegriff ist der Inbegriff des Herrendenkens, der Naturbegriff der Inbegriff aller seiner Objekte. Damit hängt das zusammen, was man die christologische Struktur des Naturbegriffs nennen könnte, der unter dem Zwang dieser logischen Konstellation
– im Objektbegriff das Substrat von Herrschaft: das reine Opfer,
– im Kausalitätsprinzip den Ursprung von allem: den Schein des Schöpferischen und
– im Gesetz der Gegenständlichkeit die Totalität dessen, was dem gesellschaftlichen Schuldzusammenhang enthoben zu sein scheint: den Schein der Erlösung,
bezeichnet.
Ist nicht die kantische Bemerkung, daß die Begriffe Welt und Natur „gelegentlich ineinander laufen“ ein spätes Echo der homousia?
Ist die „Feste des Himmels“ die Manifestation der gleichen Gewalt, die uns den Weg in die Vergangenheit versperrt? Und verweist dann nicht das Wort, daß am Ende der Himmel wie eine Buchrolle sich aufrollt, zusammen mit der Aufhebung der Logik der Schrift (mit der Erfüllung des Worts) auf die Befreiung des Vergangenen: die Auferstehung der Toten?
In welcher Beziehung stehen Benvenistes „indoeuropäische Institutionen“ zur indoeuropäischen Sprachlogik (zu Ursprung und Geshichte der indoeuropäischen Grammatik), und in welcher Beziehung steht diese Sprachlogik zu Ursprung und Geschichte der Logik der Schrift (zu ihrer institutionellen Verankerung in der Gesellschaft)?
Kann man die indogermanische Sprachlogik von der „hebräischen“ dadurch unterscheiden, daß, während jene der Logik der Schrift gehorcht, ihr in der Entwicklung der indoeuropäischen Sprachen fortschreitend sich angleicht, diese die Logik der Schrift zugleich in symbolischer Gegenständlichkeit (in den Symbolen der Schlange, des Kelches u.ä.) objektiviert: Der Name der „hebräischen“ Schrift ist hierin (in der Fremdheit gegen ihr eigenes Ursprungsgesetz) begründet. Rührt diese Konstellation nicht an den Grund der Logik der symbolischen Erkenntnis?
In der Weltanschauung begreift sich die Bekenntnislogik als subjektive Form der Anschauung: als Instrument der Bildung synthetischer Urteile apriori. War nicht die Apologetik eine der Wurzeln der Reklame, die den Übergang von der logischen Konstruktion zur technisch-industriellen Massenproduktion synthetischer Urteile apriori bezeichnet.
Schrift und Geschmack: Die Fähigkeit zur Reflexion der Schrift hängt zusammen mit der Fähigkeit zur Reflexion des Geschmacks.
Zum Symbol des Kelchs: Wenn das Kelchsymbol auf die transzendentale Ästhetik: auf die subjektiven Formen der Anschauung sich bezieht, auf den ästhetischen Bedingungszusammenhang der Vergegenständlichung, so läßt sich das auf den einfachen Nenner: Subsumtion unter die Vergangenheit bringen. Stimmen damit nicht die Attribute des Kelchs: Taumelbecher, Kelch des göttlichen Zorns, des Grimms, und Unzuchtsbecher aufs genaueste zusammen? Der Kelch bezeichnet das Medium, in dem (im Sinne des Titels von Julian Jaynes) der „Ursprung des Bewußtseins“ zu suchen ist: der Ursprung des Bewußtseins, das auf eine vergegenständlichte Welt sich bezieht. -
20.5.1995
Wenn man das Unkraut vor der Ernte nicht ausreißen soll, sollte man es auch nicht in Weizen umlügen.
Das Gewaltmonopol ist die ironische Realisierung des Satzes: Mein ist die Rache, spricht der Herr.
Drückt nicht im Namen der Existenz deren logische Genesis und Struktur, die niemand mehr zu rekonstruieren wagt – deshalb ist Hegels Logik tabu und unverständlich zugleich -, sich aus: die Gewaltbereitschaft, die nur allzugern zum Büttel des staatlichen Gewaltmonopols, aus dem sie sich herleitet, sich machen läßt? So haben in der Nazizeit von den Henkern in den KZs bis hinauf zu den Staatsanwälten und Richtern der Sondergerichte und des Volksgerichtshofs alle immer nur gehorcht, und keiner hat sich durch ein eigenes Gewissen verunsichern lassen. Darin hat Heinsohn recht: Die Absicherung dieser Mentalität war nur mit Hilfe des antisemitischen Vorurteils möglich. Auschwitz hat den Deutschen erinnerungslos und endgültig das Gewissen ausgetrieben.
Unklarheiten in Habermas‘ Strukturwandel der Öffentlichkeit: Die logischen Konnotationen des Begriffs der Öffentlichkeit bleiben unaufgehellt, insbesondere seine Beziehung zur Subjektivität, in der er gründet. So bleibt der Begriff des Privaten in dem Widerspruch stecken, in den ihn der Begriff und die Institution der Öffentlichkeit hineingebracht hat. Unter das Private fällt sowohl der Grund, aus dem die kapitalistischen Strukturen erwachsen: die durch den Markt vermittelte Privatwirtschaft, als auch der Intimbereich, den die kapitalistische Entwicklung gleichsam von innen aushöhlt und zerstört. Zusammengehalten wird beides durch den Begriff, der das Heterogene gleichnamig macht. Der Begriff und das Problem der Öffentlichkeit lassen nur im Kontext der Logik, die in ihnen sich entfaltet, aufhellen. Von dieser Logik aber glaubt Habermas abstrahieren zu können. Was er beschreibt ist kein Strukturwandel, sondern ein gesellschaftlich und logisch determinierter Zerfall. -
19.5.1995
Hodie, si vocem eius audieritis: Ist nicht Seine Stimme die der schreienden Ungerechtigkeit? Aber die Allgegenwart dessen, was man heute Musik nennt, verstopft die Ohren, anstatt sie zu öffnen.
Sein, Haben, Werden: Kategorien der Selbstbehauptung der Dinge gegen den horror vacui, den Schrecken des Raumes.
Im Rechtsstreit gibt es synthetische Urteile apriori nur mit Hilfe falscher Zeugen. Darin liegt die besondere, aus allen Rechtskodifikationen der Alten Welt herausragende Bedeutung des achten Gebots im Dekalog. In der transzendentalen Logik wird die Zeugenschaft ersetzt durch die subjektiven Formen der Anschauung; diese sind die falschen Zeugen in dem gegen Gott geführten Rechtsstreit um die Schöpfung.
Ist nicht die Begründung, die Argumentation, die letzte Gestalt der Reflexion auf den Andern in der Philosophie? Aber sie ist zugleich eine Form der Reflexion auf den Andern, die schon durch das agonale Prinzip, durch das Konkurrenzprinzip, verhext ist: Deshalb geht, was aus dem Grunde kommt, wieder zugrunde. Und deshalb bleibt aus der Grundbeziehung nur die Reflexion, der Schein und das Wesen.
Die Hegelsche Logik zeichnet sich dadurch aus, daß sie das, wovon die subjektiven Formen der Anschauung abstrahieren, über die Reflexion in die Logik wiederum mit aufnimmt, wobei sie vergißt, daß die Logik insgesamt unter dem Bann der subjektiven Formen der Anschauung steht, der in ihr nicht gebrochen. sondern nur reflektiert wird. Damit hängt es zusammen, daß die geschichtliche Seite der Hegelschen Logik die herrschaftsgeschichtliche ist, und daß die Hegelsche Logik nur bis zum Bewußtsein der Freiheit, aber nicht zur Freiheit führt.
Ist nicht das Bewußtsein der Reflex der Öffentlichkeit (der Logik des Weltbegriffs) in der Subjektivität, und die Sexualmoral eine Moral zur Etablierung und Stabilisierung dieses Bewußtseins (und des Weltbegriffs, von dem es abhängt)?
Rassismus: Ein durch die Logik des Weltbegriffs (und der Sexualmoral) determinierter Kurzschluß eines sprachlogisch begründeten Sachverhalts. Stammt dieser Kurzschluß nicht aus dem gleichen logischen Kraftfeld, aus dem auch der Zeugungsbegriff in der Trinitätslehre hervorgegangen ist?
Das Lateinische hat die Kraft der Erinnerung in die grammatischen Begriffe verlegt: Der Akkusativ verweist durch seinen Namen auf seine objektkonstituierende Kraft; das ne-utrum ist der Statthalter der Logik des Raumes in der Sprache, Instrument der „Neutralisierung“ der Richtungsdifferenzen (vorn und hinten, rechts und links, oben und unten), erst durchs Neutrum ist der Sprachgrund für das Bewußtsein der Reversibilität aller Richtungen im Raum geschaffen worden. Ähnliches gilt für Genitiv und Dativ, Praesens, Praeteritum, Plusquamperfekt, Gerundium, Gerundivum etc.
Im Hebräischen und im Deutschen gründet der Name des Wassers in der Pluralisierung des auf Sachen (nicht Personen) bezogenen Fragepronomens Was, während das lateinische aqua das Wasser in eine logische Abhängigkeit vom sächlichen Fragepronomen rückt. Auf welchen Sprachhintergrund verweist das griechische hydor? – Gibt es einen vergleichbaren sprachlichen Kontext zum Feuer (ist im Hebräischen die Beziehung zum Namen des Mannes: esch/isch nachweisbar: die Beziehung zum Wer; vgl. die in der Kabbala notierte Beziehung des Namens des Himmels zu Feuer und Wasser, zu Wer und Was)?
Hat der über den Wassern brütende ruach etwas mit dem Symbol des Kelchs zu tun: Ist es der Kelch, der den ruach in den Zorn, den Grimm transformiert, macht der ruach den Kelch, den die Herrschenden trinken, zum Taumelkelch und am Ende zum Unzuchtsbecher? – Der Kelch: Ist das die Mathematik, die Beziehung der Mathematik zur Sprache?
Zorn und Grimm: Drückt der Zorn in den Augen, der Grimm in der Mundpartie sich aus?
Was ist das: Im Magen bitter und im Munde süß (Off 109, vgl. Ez 28 bis 33)? -
18.5.1995
Steht nicht der Strukturwandel der Öffentlichkeit in Abhängigkeit von der Geschichte der naturwissenschaftlichen Aufklärung?
Der Mensch lebt nicht vom Brot allein: Hat das Brot etwas mit der Schrift, mit der Alphabetisierung, zu tun? Was würde das für das Verständnis der Versuchungen Jesu, der „wunderbaren Brotvermehrungen“ oder auch des Brotbrechens (an dem die Jünger ihn erkannten) bedeuten?
Der Raum ist das sich auf sich selbst beziehende Anderssein.
Hängen nicht der Ursprung der Hilfsverben und die Verselbständigung der Personalpronomina mit der Geschichte des Ursprungs des Inertialsystems zusammen (und gibt es nicht erst eine Öffentlichkeit seit der Trennung von Sprache und Objekt)? Drückt nicht in dem Ursprung der Hilfsverben (des Seins, des Habens und des Werdens) die Gewalt der Hypostasierung des Raumes (die Gewalt des sich etablierenden Staates) sich aus?
Gottesfurcht ist etwas anderes als Angst. Alle Angst ist Todesangst (Verlassenheitsangst), und Herrenfurcht ist instrumentalisierte Angst.
Das kontrafaktische Urteil war immer schon auch ein Instrument der Verdunkelung, ein Teil des Schattens, den der Faschismus in seine eigene Vorgeschichte wirft. Kontrafaktische Urteile sind Ausdruck eines Rechtfertigungszwangs.
Heute gerät die Herrschaftsgeschichte in eine Engführung, die an der Logik der speziellen Relativitätstheorie sich demonstrieren läßt. -
16.5.1995
Daß Mitleid ausbeutungsfähig ist, ist kein Grund zur Verwerfung des Mitleids, wohl aber ein Grund zur Aufklärung der Bedingungen, unter denen Mitleid ausbeutungsfähig geworden ist: der zentrale Grund zur Kritik des Weltbegriffs (die Welt ist das Resultat der Verwerfung des Mitleids, der Inbegriff der richtenden Gewalt). Der Weltbegriff (die Verwerfung des Mitleids) führt direkt ins Herrendenken und in die Paranoia, während der Naturbegriff als der Inbegriff aller Objekte sich erweist, an denen das Mitleid abprallt: Leertitel für das gegenständliche Korrelat der gnadenlosen Welt.
Die, die mitgemacht haben, waren nach dem Krieg sofort wieder funktionsfähig: Sie brauchten nur die Weltanschauung zu wechseln.
Der Himmel ist Sein Thron, die Erde der Schemel Seiner Füße: Sind die subjektiven Formen der Anschauung nicht die letzten Abkömmlinge der Feste des Himmels (die letzte Erinnerung an das Werk des zweiten Schöpfungstages)?
Mit der kopernikanischen Wende ist der Architektur (dem Tempel- und Kirchenbau) der Boden entzogen worden. Wiederholt sich nicht heute die Zerstörung des Tempels (der Greuel der Verwüstung am heiligen Ort) an seiner christlich verinnerlichten Gestalt? Steht nicht die Kirche als Versammlungsort eher in der Tradition der kaiserlichen Aula und der jüdischen Synagoge als in der des Tempels? Deshalb war die Kirche am Ende nicht mehr mit Statuen, sondern mit Musik zu füllen.
Die Allgegenwart dessen, was man heute Musik nennt, verstopft die Ohren, anstatt sie zu öffnen.
Auch Franz Rosenzweig ist unter die Räuber gefallen, aber ohne Hoffnung auf einen barmherzigen Samariter.
Adorno Aktueller Bezug Antijudaismus Antisemitismus Astrologie Auschwitz Banken Bekenntnislogik Benjamin Blut Buber Christentum Drewermann Einstein Empörung Faschismus Feindbildlogik Fernsehen Freud Geld Gemeinheit Gesellschaft Habermas Hegel Heidegger Heinsohn Hitler Hogefeld Horkheimer Inquisition Islam Justiz Kabbala Kant Kapitalismus Kohl Kopernikus Lachen Levinas Marx Mathematik Naturwissenschaft Newton Paranoia Patriarchat Philosophie Planck Rassismus Rosenzweig Selbstmitleid Sexismus Sexualmoral Sprache Theologie Tiere Verwaltung Wasser Wittgenstein Ästhetik Ökonomie