Die Übernahme der Schuld der Welt: das war das antiimperialistische Moment und zugleich das Moment des göttlichen Selbstbewußtseins im Leiden Jesu. Wie konnte das in eine christliche Reichsreligion integriert werden?
Die historische Auseinandersetzung mit der Natur und der Kampf mit dem (gefesselten) Drachen: Überschreiten nicht Chemie und Atomphysik mutwillig eine Grenze? Woher kommt die St. Georgs-Legende? Wie hängt sie mit dem Michaels-Mythos zusammen?
Hängen die Rätsel, die der Islam uns stellt, mit seinen nomadischen Wurzeln zusammen: vergleichbar ist die Fremdheit der Roma und Sinti. Gibt es auf dieser Stufe schon den Unterschied zwischen Händler und Dieb; gibt es hier das institutionalisierte Tauschprinzip und den „gerechten Lohn“ oder den „gerechten Preis“, die Äquivalenz von Lohnarbeit und Ware; ist der Islam in einem strukturellen Sinne (kraft theologischer Bindungen) vorkapitalistisch? Zusammenhang mit der Weigerung, in den Objektivationsprozeß einzutreten (aus einer Welt, die durch den Anblick Gottes definiert ist, herauszutreten, sie von außen – von hinten – zu betrachten)? Spielt in den latenten Haß auf den Islam (wie auch auf die „Zigeuner“) der Haß auf jene mit herein, die sich weigern, wie wir (die bürgerlichen Christen) schuldig zu werden?
Die Attraktivität des Islam scheint aus der „Ergebung“ und der Schicksalsgläubigkeit herzurühren: sie enthebt das Subjekt der realen Verantwortung, exkulpiert es dadurch, daß, was es auch immer tut, vorherbestimmt ist und in jedem Falle dem Willen Gottes entspricht. Hier ist das pathologisch gute Gewissen vorgebildet, daß dann (nach Rezeption des islamischen Religionsverständnisses) unter christlichen Voraussetzungen erst vollends böse geworden ist.
Der Islam kommt über den Widerspruch nicht hinweg, kann ihn nicht auflösen, daß die Ergebung in den Willen Gottes einen instrumentalisierten Gott zur Grundlage hat: Die Ergebung ist die falsche Konsequenz aus einer Religiosität, die glaubt, sich ganz im Angesicht Gottes zu bewegen, in Wahrheit jedoch auf einen vergegenständlichten Gott sich bezieht, dessen Vorstellung und Begriff gleichsam hinter seinem Rücken gebildet wurde. Der Islam ist eine Seins-Religion, eine Philosphie-Religion, sozusagen die Fundamentalontologie als Religion. Allahu akbar: Der einzige Allah ist in der Tat nur der Größte. Alle übrigen Bestimmungen stehen unverbunden nebeneinander.
Kennt der Islam eigentlich das Opfer, die Versöhnung oder Erlösung, den Kult, oder nur die kultische Pilgerschaft und das rituelle Gebet? Fällt der Islam ohne Rest unter die Dialektik der Aufklärung?
Im Elektromagnetismus und in den mikrophysikalischen Erscheinungen drückt sich die Gewalt des Inertialsystems aus; sie sind nicht einfach im Inertialsystem „gegeben“, sondern durch das Inertialsystem produziert. Wer das Geheimnis dieser Gewalt, das Geheimnis der Funktion und Bedeutung des Inertialsystems (im Zusammenhang mit dem Prinzip der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit) löst, wird die Welt mit anderen Augen sehen. Er wird insbesondere begreifen, was es bedeutet, wenn es heißt, daß ihnen (sc. den ersten Menschen nach dem Sündenfall) die „Augen aufgingen“, und sie sahen, daß sie nackt waren (Nackheit als Folge des Falls).
Schelers Konzept einer Rangordnung der Werte hing zusammen mit den hierarchischen Strukturen in den Verwaltungen und den Gehaltsstufen in den Angestellten-Tarifverträgen (letztlich an der militärischen Hierarchie); wie überhaupt der Wertbegriff das Moment der Masse im physikalischen Objekt widerspiegelt.
Adornos Satz „das Ganze ist das Unwahre“ wird konkret in der Kritik des Natur- und des Weltbegriffs: er führt mitten in die Theolgoie.
20.01.91
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