Zwiespältige Erfahrung beim Lesen von Bubers „Der Glaube der Propheten“: Wesentliche, aufschließende Einsichten in einer archaisierenden Sprache; Führer, Weisung (statt Lehre), Befehl (statt Gebot), Gotteswucht (statt Glorie, Herrlichkeit), dazu die (bereits von Rosenzweig kritisierte) Verwendung des Religionsbegriffs; der Widerstand gegen den bürgerlichen Objektivismus produziert einen autoritären, emotionalisierenden Ton und transportiert einen vorbürgerlichen, an feudale Verhältnisse gemahnenden Gehalt. Der Leser wird bei seiner Schwäche angesprochen, er wird in einen Zustand versetzt, der apriori den Widerspruch ausschalten soll. Unangenehmer Predigtton, zugleich Erinnerung an Heideggers Sprache, die ebenfalls nur Hörigkeit vermittelt. Der Lehrer der Ich-Du-Beziehung verdrängt das (gegenständlich-vorbewußte) Es, anstatt es zu reflektieren und aufzuarbeiten. War es dieser Eindruck, den Rosenzweig u.a. mit dem Begriff „atheistische Theologie“ zu fassen versucht hat?
Für Buber scheint die Frage der prophetischen Opfer- und Kultkritik eine (subjektive) Gesinnungsfrage zu sein anstatt eine (objektive) Frage der Beziehung von Offenbarung und historischem Prozeß. Vgl. auch die Bubersche Bemerkung über eine vom historischen Formprozeß unabhängige, ihm gleichsam vorausliegende Gesellschaft („GdP“, S. …) – So verfehlt Buber den Punkt, an dem sich das prophetische (wie auch das parakletische) Denken real bestimmen ließe. (Differenz zwischen prophetischem und parakletischem Denken: das parakletische setzt den Säkularisationsprozeß, den Weltbegriff als Errichtung einer innerweltlichen richtenden Instanz voraus; das prophetische Denken ist vorphilosophisch, der feindliche Bruder der Philosophie und somit noch „vorweltlich“, das parakletische dagegen nachphilophisch, es hat die Kritik der – durch „Philosophie“, durchs bürgerliche Apriori konstituierten – Welt als Maß und Grundlage.)
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