20.3.1997

Doppelsinn des Worts „erhalten“: Erst durchs Erhalten wird etwas zum Eigentum. Verweist dieser Doppelsinn nicht auch auf die Bedeutung der „Erhaltungssätze“, die die Verfügbarkeit der Erkenntnisse, die sie begründen, sicherstellen. Sind die mikrophysikalischen „Naturkonstanten“ (wie der Wert der Lichtgeschwindigkeit, das Plancksche Wirkungsquantum und die elektrische Elementarladung) nicht eigentlich „Erhaltungssätze“, haben sie nicht für die Sphäre der Elektrodynamik und der Mikrophysik, die sie erschließen, eine den den Erhaltungssätzen der Mechanik vergleichbare Funktion?
Die theologische Trennung von Schöpfung und Erhaltung (der Welt durch Gott) gilt nur für uns, nicht für Gott. Nur ist die islamische Lösung, wonach Gott die Welt in jedem Augenblick neu erschafft, sicherlich falsch: Das „in jedem Augenblick“ ist das islamische Pendant dessen, was seit den Anfängen der naturwissenschaftlichen Aufklärung in Europa Empfindung heißt. Beides gehorcht der gleichen Logik, der der Punktualität, der positivistischen Sprengung und Chaotisierung des Objekts (des „Staubes“). Die Auflösung der Zeit in ein Ensemble von Augenblicken ist der Grund des Allbegriffs, der dann in Namen wie Allwissenheit, Allmacht oder Allbarmherzigkeit auf Gott übertragen wird.
Die Empfindungen sind der Bodensatz der logischen Verrottung des Namens.
Nicht wie im Gehirn die elektromagnetischen Prozesse in Empfindungen umgewandelt werden, die Transformation der sinnlichen Erfahrung in physikalische Prozesse ist das Reflexions- und Erklärungsbedürftige. Es ist die gleiche Logik, die die Erkenntniskraft des Namens zerstört.
Der Blick, der sich auf etwas richtet, ist ein richtender Blick.
Der Bekenntnisbegriff stößt auf seinen Grund in Joh 129. Das Bekenntnis des Namens ist die „Auf-sich-Nahme“ der Sünde der Welt, während die „Hinwegnahme“ die Bekenntnislogik begründet, die Einbeziehung des Bekenntnisbegriffs ins Schuldverschubsystem. In Joh 129 wird das Glaubens- zum Schuldbekenntnis: ich muß die Schuld nicht auf mich nehmen, sie lastet auf meinen Schultern.
Ist nicht in die Bekenntnislogik, die das Bekenntnis universalisiert, die Heuchelei mit eingebaut, spricht nicht die Bekenntnislogik die Sprache, hinter der die Schuld sich verbergen kann?
Ding und Sache: Die Naturwissenschaften haben die Sache durch das Ding ersetzt, das Was durch das namenlose Subjekt des Wie. Zwischen Ding und Sache steht die kopernikanische Wende, die einen neuen Naturbegriff begründet. Das Ding ist das Produkt der Objektivierung der richtenden Gewalt. Hängt nicht die Bedeutung der Eucharistieverehrung für die Konstituierung des Dingbegriffs mit der Entfaltung der richtenden Logik zusammen?
Die Neofaschisten, die sich durch bewußtes und gewolltes Nichtwissen heiß machen, widerlegen insoweit den Satz: Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß.
Nebukadnezars Traum: der Mythos, die Kunst, die Naturwissenschaft.
Zu dem Grimm’schen Märchen vom Herrn Korbes: Ist es nicht heute durch die Realität überholt, ist es nicht dem Herrn Korbes gelungen, den Virus auf Hähnchen und Hühnchen etc. zu übertragen, die, seitdem sie es dem Herrn Korbes alle gleichtun möchten, sich gegenseitig ausgrenzen, stechen, erschlagen, den Herrn Korbes in Ruhe lassen?


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