Der Indikativ ist in allen seinen temporalen Formen eigentlich ein präsentisches Perfekt; mit ihm konstituiert sich die Grundstruktur der indogermanischen Sprache. Er bildet sich dort, wo die Asymmetrie zwischen mir und den Andern überbrückt und neutralisiert, die Reflexion auf den Andern (der „Haß der Welt“) in den Weltbegriff und in die Struktur des Subjekts mit hereingenommen wird (Indikator: Verinnerlichung der Scham). Philosophische Absicherung des Indikativs: die Ontologie (als logisch-strukturelle Absicherung des gegenständlichen Korrelats des Selbsterhaltungsprinzips, der Privateigentumsgesellschaft: des Staats).
Der Indikativ bezieht sich auf Tatsachen: Die die Tatsachen begründende Tat ist die Sünde Adams, die Sünde der Welt (Joh 129): das Absolute. In jeder Tatsache steckt das Gewaltmonopol des Staates.
Zu Rosenzweig: Grundlage des All ist die Identität des Subjekts, die, indem sie gegen die Welt sich konstituiert, ihr zugleich verfällt: sich selbst zum Absoluten wird.
Nach Auschwitz (das in seiner bewußtseinsgeschichtlichen Wirkung dem Erdbeben von Lissabon vergleichbar ist) ist der Gedanke an gesellschaftliche Naturkatastrophen nicht mehr undenkbar. Aber ist es denkbar, daß gesellschaftliche und reale Naturkatastrophen ineinander sich verschränken, in einer noch unerkennbaren, noch nicht aufgedeckten Korrespondenz sich wechselseitig bedingen? Gibt es heute nicht gute Gründe zu vermuten, daß Velikovskys Venuskatastrophe nicht nur auf eine „reale“ Naturkatastrophe sich bezieht, sondern auch (wenn nicht sogar vorrangig) auf eine gesellschaftliche: Hat nicht die Sintflut etwas mit dem Satz des Thales „Alles ist Wasser“, mit der Ursprungsgeschichte der Philosophie und des Staates, zu tun? Merkwürdig, daß Gunnar Heinsohn, der hierzu (mit seinem Konzept der Ursprungsgeschichte des Geldes, des Privateigentums und des Staates, mit dem Hinweis auf die Bedeutung und die Funktion der Schuldknechtschaft in dieser Geschichte) einen der wichtigsten Hinweise geliefert hat, sich durch den velikovskyschen Konkretismus selbst den Blick versperrt.
Ist die Schuldknechtschaft das Geheimnis der Orthogonalität?
21.4.1994
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