21.5.1994

Sind die Pforten der Hölle die der Scham?
Hodie si vocem ejus audieritis: Es ist ein Unterschied, ob man diesen Satz mit „wenn ihr seine Stimme hört“ oder mit „wenn ihr auf seine Stimme hört“ übersetzt.
Wer ohne den Trieb, die Welt zu ändern, den Intellekt verteufelt, appelliert an den Bauch und an die Macht.
Die Demut der Materie: Der Objektbegriff ist das verdrängte Erbe des Gotteslamms, das die Sünde der Welt auf sich nimmt. Das Kreuz, an das es geschlagen wird, enthält alle drei Arten der Todesstrafe
in sich: das Enthaupten (Johannes), das Kreuzigen (Jesus) und das Steinigen (Stephanus), während das Verbrennen erst in seiner Konsequenz und außer ihm liegt. Nur weil das Christentum der Reflexion des Feuers sich entzogen hat, mußte es die Juden, die Ketzer und die Hexen verbrennen.
Das ungeheure Bild des Rocks aus Fellen: Erinnerung an
– das goldene Vlies und die Argonauten,
– den Rock Jesu am Kreuz, über den die Soldaten das Los geworfen haben,
– die Geschichte der Scham und der aufgedeckten Blöße (und den Ursprung des Weltbegriffs),
– den Hinweis bei den Kirchenvätern, die in diesem Rock die Kirche symbolisiert sahen.
Und hat der Rock aus Fellen etwas mit dem Gotteslamm zu tun?
Das Prinzip der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit enthält (vor dem Hintergrund und im Kontext der hegelschen Bemerkung über die „empirischen Erscheinungen der Fortpflanzung des Lichts) den Beweis, daß die Aufklärung an ihrem Ursprungsort, in der Geschichte der Naturwisenschaft, zu dem Scheffel geworden ist, hinter dem das Licht verschwunden ist.
Liegt nicht dem Konzept der creatio mundi ex nihilo, der Beziehung des Schöpfungsbegriffs auf den Weltbegriff, der Prozeß der Verinnerlichung der Scham zugrunde?
Der Hinweis des Eleasar von Worms auf die symbolische Bedeutung der Dornen und Disteln, die er als das Gesetz der Profangeschichte versteht, wird deutlicher noch, wenn man ihn allgemein auf das Gesetz des Profanen (das die Gewalt und die Herrschaft von Menschen über Menschen mit einschließt) bezieht. So schließt er sich mit dem Theologisch-politischen Fragment Walter Benjamins zusammen. Hier ist das Bindeglied, das die Dornen und Disteln mit den subjektiven Formen der Anschauung (der Abstraktion vom Gesehenwerden), primär mit der Form des Raumes und mit dem Inertialsystem (der Leugnung des Angesichts), verknüpft.


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