22.07.88

Individuelle (justiziable) und „kollektive“ (ethische/theologische) Schuld stehen in einer fatalen Wechselbeziehung (die den Zusammenhang von Recht und Mythos begründet): Das Bestehen auf individueller Schuld und die Freisprechung aller, deren Schuld juristisch nicht faßbar ist, begründet, verstärkt und vollendet den Schuldzusammenhang, der nur noch messianisch aufzulösen ist.

Grund ist die Beziehung des Rechts zum Eigentum: dieses Verhältnis macht alle Nichteigentümer apriori schuldig, während es die Besitzenden tendentiell freispricht. Genau dieser Kitt hält die Gesellschaft zusammen. Arbeit befreit von Schuld, ist insofern Begründung des Selbstbewußtseins, Mittel der Selbstbildung des Menschen; dieser Zusammenhang läßt sich erst auflösen, wenn es gelingt, den Schein- und Verblendungszusammenhang des Rechts aufzulösen (insbesondere die Funktion der Strafe). Der materielle Schuldbegriff ist nicht unabhängig vom ethisch-theologischen; dieser ist durch „Umkehr“ aus dem ersten abzuleiten (Parteinahme für die Armen).


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